Kann man an der Entwicklung der Pharmalogistik ablesen, welche wesentlichen Fortschritte die Pharmaforschung in den letzten Jahren gemacht und wie sich der Vertrieb pharmazeutischer Produkte verändert hat?
Interview mit Martin Reder, CEO von Trans-o-flex
Die Pharmabranche braucht verlässliche und innovative Partner

CHEManager: Herr Reder, welche Rückschlüsse kann man aus der Entwicklung der Pharmalogistik auf die Pharma- und Gesundheitsbranche selbst ziehen?
Martin Reder: Zum einen geben das veränderte Portfolio der Pharmalogistik und ihre in Veränderung begriffenen Strukturen deutliche Hinweise auf neue Schwerpunkte und Entwicklungen der Branche: auf einen gestiegenen und noch steigenden Stellenwert des Outsourcings spezifischer Logistikdienstleistungen sowie auf zunehmende Komplexität und erweiterte Qualitätsanforderungen. Zum anderen kann man anhand der wichtigsten Trends in der Pharmalogistik einige große Entwicklungslinien der Pharmabranche selbst erkennen. Vielleicht der markanteste Trend ist die Entwicklung hin zur aktiven Temperierung. Denn hierbei handelt es sich nicht nur um Veränderungen, die durch eine geänderte Kontrollpraxis der Aufsichtsbehörden hervorgerufen wurden.
Was treibt den Trend zur aktiven Temperierung bei Pharmatransporten?
M. Reder: Der wichtigste Treiber sind neue Produkte. Denn der Anteil temperatursensibler Produkte an den neu auf den Markt kommenden Arzneimitteln steigt stetig. Es handelt sich in vielen Fällen um Biopharmazeutika, die nicht das Ergebnis chemischer, sondern biologischer Produktionsprozesse sind. Die Stabilität solcher Biopharmazeutika ist tendenziell geringer als die chemisch hergestellter Produkte – und das findet seinen Niederschlag in der Anforderung an eine aktiv temperaturgeführte Logistik. Gleichzeitig stellen wir eine kontinuierliche Abnahme passiver Temperaturführung in den Bereichen 15 bis 25 °C – Ambient- beziehungsweise Raumtemperatur – oder 2 bis 8 °C – Kühlschranktemperatur – fest.
Was sagt das über die Entwicklung der Pharmabranche aus?
M. Reder: Die Nachfragesteigerung bei der aktiven Temperierung hängt mit zwei generellen Trends unserer Wirtschaft und Gesellschaft zusammen, denen sich auch die Pharmabranche nicht entziehen kann: dem wachsenden Kostendruck und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit. Studien unseres eigenen Hauses auf Basis öffentlicher und anerkannter Quellen haben ergeben, dass der aktiv temperaturgeführte Transport von Arzneimitteln nicht nur günstiger ist als ein Passiv-Versand, sondern auch umweltfreundlicher.
Was sind die Gründe dafür?
M. Reder: Die höheren Kosten des Passiv-Transports hängen damit zusammen, dass das Frachtgewicht der Sendung durch den erhöhten Verpackungsaufwand, durch die eingelegten Kühlakkus und Temperaturtracker steigt, außerdem durch die Beschaffung und Lagerung der Spezialverpackung und – je nach gewählter Variante – durch Entsorgung oder Rücktransport. Bei der Studie wurden sowohl Transportvarianten mit Einwegkartons als auch mit Mehrwegboxen untersucht. Festgestellt wurde, dass die Klimabelastung bei aktiver Temperierung im Vergleich zur passiven Temperierung maximal halb so hoch ist. Genauer gesagt: Die Klimabelastung durch aktive Temperierung ist 3,93-mal geringer als beim Passiv-Versand im Einwegkarton. Im Vergleich zur passiven Temperierung mit Mehrwegbox ist die Klimabelastung aktiver Temperierung – ebenfalls in einer Mehrwegbox – 2,63-mal geringer. Nicht einberechnet wurden bei dieser Studie die Risiken, die bei passiver Kühlung hinzukommen. Was passiert, wenn eine Sendung nicht in 24 oder 48 Stunden zugestellt wird, sondern länger unterwegs ist als geplant, weil beispielsweise Lkw im Stau standen? Oft müssen Produkte dann vernichtet, neu produziert und versendet werden.
Weiterlesen mit kostenfreier Registrierung
Registrieren Sie sich jetzt kostenfrei und Sie erhalten vollen Zugriff auf alle exklusiven Beiträge. Mit unserem Newsletter senden wir Ihnen Top-Meldungen aus der Chemie-, Pharmaindustrie. Außerdem erhalten Sie regelmässig Zugriff auf die aktuellen E-Paper und PDFs von CHEManager.