Funktionelle Inhaltsstoffe für jede Lebensphase
Modulare Bioproduktion zur Herstellung human-identischer Inhaltsstoffe im industriellen Maßstab
Primogene ist ein innovatives Biotechnologieunternehmen mit Sitz in Leipzig, das sich auf die Entwicklung biotechnologischer Herstellungsverfahren für bioaktive Inhaltsstoffe spezialisiert hat. Der Schwerpunkt liegt auf human-identischen Verbindungen, die Gesundheit in allen Lebensphasen fördern. Reza Mahour, Mitgründer und CEO des Start-ups, erläutert die Mission und die Vision seines Teams.

CHEManager: Herr Mahour, was ist die Entstehungsgeschichte von Primogene? Was hat Sie dazu bewogen, ein Start-up zu gründen?
Reza Mahour: Uns geht es darum, ein Problem zu lösen, das wirklich zählt. Seit über 30 Jahren zählen neonatale Erkrankungen, insbesondere durch Frühgeburten, weltweit zu den Hauptursachen für verlorene gesunde Lebensjahre. Trotz großer Fortschritte in der Wissenschaft und Medizin leiden Frühgeborene immer noch unter einem ungedeckten Bedarf an angemessener Ernährung. Das ist kein technologisches Versagen. Das ist ein Versäumnis, sich dem richtigen Problem zu widmen.
Frühgeborenenernährung ist kein isoliertes Problem, sondern Teil eines größeren Musters: Über alle Lebensphasen hinweg ist unser Körper auf essenzielle bioaktive Komponenten angewiesen. Viele davon nehmen wir nicht ausreichend auf oder produzieren sie im Lauf der Zeit nicht mehr effizient. Deshalb haben wir Primogene gegründet. Weil wir ein relevantes Problem gesehen haben, das wir nicht ignorieren konnten.
Sie produzieren human-identische Inhaltsstoffe. Was bedeutet das und was macht sie besonders?
R. Mahour: Wenn wir von human-identisch oder bio-identisch sprechen, meinen wir Verbindungen, die strukturell identisch mit denen im menschlichen Körper sind, bis ins kleinste biochemische Detail, inklusive spezifischer Bindungen und Modifikationen.
Aber es geht nicht nur um strukturelle Nachbildung, sondern um funktionelle Effekte. Diese Moleküle sind aufgrund ihrer Wirkung besonders: Einige überqueren die Blut-Hirn-Schranke und unterstützen die kognitive Gesundheit. Andere dringen in die Haut ein und fördern die Hydration. Manche sind mikrobiomfreundlich und ernähren die „guten“ Darmbakterien und unterdrücken die schädlichen.
Es gibt viele Methoden zur Herstellung von Inhaltsstoffen. Was macht Ihre Technologie einzigartig?
R. Mahour: In der Bioproduktion gibt es keine Einheitslösung. Jeder Inhaltsstoff bringt eigene Herausforderungen mit sich, und die Wahl der richtigen Produktionsstrategie ist abhängig von verschiedenen Faktoren: Skalierbarkeit, Effizienz, Komplexität, verfügbare Infrastruktur und natürlich Kosten. Mikrobielle Fermentation ist ein bewährter Standard in der Biotechnologie, besonders in Kombination mit metabolischem Engineering. Aber sie hat klare Grenzen, speziell bei komplexeren Molekülen.
Manche Verbindungen sind thermodynamisch aufwendig und Zellen tun sich schwer, sie effizient herzustellen. Andere sind zu groß, um exportiert zu werden. In solchen Fällen wird die Zelle zum Engpass.
Deshalb basiert unsere Plattform auf einem zellfreien, enzymatischen Ansatz. Was unsere Methode einzigartig macht, ist die Art und Weise, wie wir Multi-Enzym-Bioprozesse entwickeln – maßgeschneiderte Wege, die sowohl thermodynamisch als auch kinetisch günstig sind. Damit können wir human-identische Inhaltsstoffe in hoher Ausbeute herstellen, mit nachhaltigen und skalierbaren Rohstoffen.
Was ist Ihre Vision für Primogene?
R. Mahour: Wir wollen der weltweit führende B2B-Hersteller und Lieferant funktioneller Inhaltsstoffe werden, und Unternehmen in Bereichen, in denen Biologie auf Gesundheit trifft, von der klinischen Versorgung bis zum Alltag, ermöglichen, wirklich innovative, wirksame und biologisch relevante Produkte zu entwickeln.
Unsere Mission ist einfach: Wir liefern die entscheidenden Bausteine, mit denen unsere Partner echte biologische Herausforderungen entlang aller menschlichen Lebensphasen lösen können.
Der Aufbau eines Biotechunternehmens erfordert vielfältige Fähigkeiten. Wo sehen Sie die Herausforderungen?
R. Mahour: Ein Biotechunternehmen aufzubauen bedeutet nicht nur, großartige Technologie zu entwickeln, sondern diese auch in etwas Reales, Skalierbares zu übersetzen, das ein echtes Problem löst. Ein Produkt zu entwickeln, das gebraucht wird, und es am Ende auch tatsächlich an den Kunden zu bringen ist nochmal eine andere Herausforderung. Und dafür braucht man das richtige Team. Wir haben das große Glück, genau dies zu haben. Bei Primogene bringt jedes Gründungsmitglied einzigartige, sich ergänzende Fähigkeiten mit.
Das ist ein wichtiger Punkt. Erläutern Sie das gerne.
R. Mahour: Ich arbeite seit 2016 mit Valerian zusammen, seit Beginn unserer Promotion. Diese lange Zusammenarbeit hat tiefes Vertrauen und ein gemeinsames Verständnis dafür geschaffen, wie wir Probleme angehen, unter Druck denken und Dinge vorantreiben. Der Moment, in dem Linda dazukam, war der, in dem Primogene wirklich möglich wurde. Ihre Erfahrung in Start-ups, insbesondere in den Bereichen Operations, Finanzen und Unternehmensaufbau war entscheidend, um eine funktionierende Organisation aufzubauen.

Reza Mahour
Reza Mahour ist Mitgründer und CEO von Primogene. Er ist Experte für Bioprozessentwicklung mit über zehn Jahren Erfahrung in der industriellen Biotechnologie. Seine Promotion absolvierte er am Max-Planck-Institut Magdeburg, wo er mehrere Patente entwickelte und in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften publizierte. Anschließend wechselte er zu c-LEcta, einem führenden Unternehmen im Bereich Enzym-Engineering und Bioprozessentwicklung.


Human-identische Inhaltsstoffe
Primogene entwickelt und produziert bio-identische funktionelle Inhaltsstoffe, um biologische Herausforderungen über die gesamte menschliche Lebensspanne hinweg zu lösen. Frühgeborene gehören zu den verletzlichsten Bevölkerungsgruppen. Für sie ist eine optimale Ernährung von zentraler Bedeutung, um ihre Entwicklung bestmöglich zu unterstützen.
Doch in allen Lebensphasen bis ins hohe Alter gibt es bioaktive Verbindungen, die der menschliche Körper aus verschiedenen Gründen (genetisch, lebensstilbedingt, altersbedingt oder aus anderen Ursachen) nicht ausreichend aufnimmt oder nicht effizient produziert, jedoch dringend benötigt. Viele dieser Verbindungen kommen natürlicherweise ausschließlich im Menschen vor, wie etwa die funktionellen Inhaltsstoffe der Muttermilch. Um diese Inhaltsstoffe zugänglich zu machen, hat Primogene eine Produktionsplattform basierend auf einem zellfreien, enzymatischen Ansatz entwickelt, die diese human-identischen Inhaltsstoffe sicher, effizient und vor allem skalierbar herstellen kann.
Die traditionelle mikrobielle Fermentation ist eine leistungsfähige Technologie, hat jedoch – vor allem bei komplexeren Molekülen – auch Grenzen. Die Herstellung komplexer Verbindungen bringt mikrobielle Zellen an ihre Belastungsgrenze: Diese Moleküle sind für Zellen schwer herzustellen, da sie thermodynamisch anspruchsvoll sind und sich nur schwer exportieren lassen. Sie erfordern eine präzise kinetische Steuerung, die Zellen einfach nicht aufrechterhalten können. Bei komplexeren Molekülen zeigen sich die Schwächen des Systems. Primogene ermöglicht mithilfe fortschrittlicher Multi-Enzym-Bioprozesse und zellfreier Systeme Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Körperpflege die Entwicklung von Produkten, die funktionell, wirksam und biologisch relevant sind.
In einer Forschungskooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) erforscht das Start-up zudem das Potenzial von Inhaltsstoffen aus Muttermilch zur Prävention und Behandlung schwerer Infektionen weit über das Säuglingsalter hinaus. Mit seiner HuReCa-Plattform stellt Primogene bioaktive Inhaltsstoffe her, die vom Fraunhofer IZI in zellbasierten und präklinischen Studien an Tiermodellen getestet werden. Das Projekt mit einem Volumen von 1,3 Mio. EUR wird aus Mitteln des Freistaats Sachsen und der Europäischen Union gefördert.
Meilensteine & Roadmap
Primogene wurde 2023 von Reza Mahour, Valerian Grote und Linda Karger gegründet. Reza Mahour und Valerian Grote arbeiten seit 2016 zusammen, als sie sich während ihrer Promotionen am Max-Planck-Institut kennenlernten. Linda Karger vervollständigt das Gründerteam mit ihrer Erfahrung in der Start-up-Szene, insbesondere in den Bereichen Operations, Finanzen und Business Development.
Das Leipziger Biotechunternehmen konzentriert sich auf die Entwicklung und Herstellung human-identischer funktioneller Inhaltsstoffe. Primogene betreibt ein vollständig integriertes F&E-Labor und eine Pilotproduktionsanlage, die den gesamten Bioprozess abdeckt – von der Enzymentwicklung und -produktion über die Herstellung der Inhaltsstoffe bis hin zur Downstream-Verarbeitung und Formulierung. Nach der Skalierung ausgewählter Produktionsprozesse bedient das Start-up bereits Kunden über Produktverkäufe und bezahlte Partnerschaften und ermöglicht so Innovationen in den Bereichen Ernährung, Gesundheit und Körperpflege.
Meilensteine
2023
- Gründung von Primogene
- Erhalt der ersten öffentlichen Fördermittel und Pre-Seed-Finanzierung
- Aufbau von Labor und Infrastruktur
- Proof-of-Concept
2024
- Produktion von Inhaltsstoffen im Labormaßstab
- Aufbau bezahlter Partnerschaften und Produktverkäufe
- Erhalt weiterer öffentlicher Fördermittel, Gewinn mehrerer Auszeichnungen
2025
- Ausweitung der Produktion und Aufbau einer Mini-Pilotanlage
- Inbetriebnahme der Mini-Pilotanlage
- Forschungskooperation mit dem Fraunhofer IZI, gefördert durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz (SMWA) aus Mitteln des Freistaats Sachsen und der EU
Roadmap
2025 – 2027
- Ausbau des Teams, Erhöhung der Mitarbeiterzahl, Produktion und Geschäftsentwicklung
- Stärkung des IP-Portfolios
- Optimierung der Produktionsprozesse und Erweiterung des Produktangebots
- Erweiterung der Produktverkäufe und Partnerschaften
Ein Dank gebührt den Sponsoren des CHEManager Innovation Pitch, die diese Veröffentlichung mit ermöglichen!