18.06.2025 • NewsNew WorkNew FinanceAndreas Lerche

New Finance – mehr Kreisverkehr, weniger Ampel

Ein neues Verständnis der ökonomischen Unternehmenssteuerung fördert selbstorganisiertes Arbeiten in Unternehmen.

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© hercher - stock.adobe.com

Selbstorganisierte, flexiblere Organisationsformen gewinnen auch in der Chemie- und Pharmaindustrie zunehmend an Bedeutung. Sie bringen nicht nur eine Weiterentwicklung des Führungsverständnisses mit sich, sondern erfordern auch ein Umdenken im Controlling. Der traditionelle betriebswirtschaftliche Zweck-Mittel-Ansatz, der auf hierarchisch vorgegebenen Zielkaskaden und starren Planungsroutinen basiert, stößt in dieser zunehmend agilen Unternehmenswirklichkeit an seine Grenzen. 

An die Stelle mechanistischer Steuerung tritt ein Paradigma, das sich an den Prinzipien lebendiger Systeme orientiert: Führung ohne Bevormundung, Steuerung durch bewusste Selbstbeschränkung, deren Sinnhaftigkeit allen Beteiligten transparent ist. Hierarchieübergreifende Vernetzung und situative Anpassungsfähigkeit werden zum Imperativ – ein Controlling, das nicht kontrolliert, sondern kontextualisiert, nicht dirigiert, sondern den Rahmen für selbstverantwortliche Entscheidungen schafft.

Vom klassischen Controlling zu New Finance

Klassische Controlling-Konzepte betrachten Unternehmen typischerweise als aus Menschen oder Handlungen bestehende Systeme. Sie konzentrieren sich darauf, Abweichungen zum zuvor definierten Soll-Zustand zu beobachten und zu analysieren. In diesem Verständnis wird die Zweckrationalität zum obersten Prinzip erhoben, während sog. Rationalitätsdefizite der Führungskräfte durch das Controlling ausgeglichen werden sollen.

Im Verständnis des New-Finance-Ansatzes ändert sich diese Betrachtungsweise grundlegend. Hier werden Organisationen als komplexe soziale Systeme verstanden, die aus Kommunikationsereignissen bestehen und sich kontinuierlich gegenüber ihren Umwelten abgrenzen. Dieses systemtheoretische Verständnis bietet einen neuen Blickwinkel: Die Menschen mit all ihren Eigenschaften und Ambivalenzen werden nicht mehr als Teil der Organisation konzipiert, sondern werden als Umwelten des sozialen Systems „Unternehmen“ betrachtet.

Dieses veränderte Organisationsverständnis führt zu einer Abkehr vom einfachen direktiven Steuerungsoptimismus. Controller in selbst­organisierten Unternehmen erkennen an, dass sich komplexe soziale Systeme nicht in einer geradlinigen Ursache-Wirkung-Beziehung von außen steuern lassen. Stattdessen können sie lediglich irritiert werden, wobei die Wirkung dieser Irritation stark vom aktuellen Systemzustand abhängt. Steuerung wird damit primär zur Selbststeuerung.

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