Unermüdliches Streben nach Innovation
Interview mit TTP Group-Geschäftsführer Andreas Bonhoff
Pharmaplan, 1974 durch das Pharmaunternehmen Fresenius gegründet, ist Spezialist für die Planung und Realisierung von Forschungs- und Produktionsanlagen für Unternehmen im Gesundheitswesen. Seit 50 Jahren positioniert sich das Rosenheimer Unternehmen als Innovationstreiber im Pharma-Engineering und übernimmt als EPCMV-Partner oder Generalunternehmer die Verantwortung für die Projekte. Zwischenzeitlich von Novo Nordisk bzw. dessen Engineeringsparte NNE übernommen, gehört Pharmaplan heute zur TTP-Gruppe. Michael Reubold nahm das Jubiläum zum Anlass, um TTP-Geschäftsführer Andreas Bonhoff zur Entwicklung und Zukunft von Pharmaplan sowie den allgemeinen Markttrends aus der Sicht eines Engineering-Dienstleisters zu befragen.
CHEManager: Herr Bonhoff, dass Pharmaunternehmen technische oder Entwicklungs- und Produktionsaktivitäten ausgliedern, ist heute nicht unüblich. Wie war das vor 50 Jahren als die Geschichte von Pharmaplan begann?
Andreas Bonhoff: Vor 50 Jahren war das Outsourcing von Entwicklungs- und Produktionsaktivitäten in der Pharmaindustrie noch nicht so weit verbreitet wie heute. Damals begann Pharmaplan als technische Abteilung von Fresenius und spezialisierte sich auf Ernährungssysteme und großvolumige Parenteralien. Wir haben die Technologien von Fresenius an osteuropäische Länder verkauft, und diese ersten Erfolge legten den Grundstein für unsere spätere Expansion und Spezialisierung im Bereich des kommerziellen Engineerings. Die Wende kam Anfang der Neunziger Jahre, als mehr und mehr Unternehmen mit der Fremdvergabe von Planung und Bau gesamter Produktionsanlagen begannen.
Heute agiert Pharmaplan in drei Geschäftsfeldern, die den gesamten Lebenszyklus von pharmazeutischen Anlagen und Projekten abdecken. Welche Marktentwicklungen führten dazu, dass das Geschäft wachsen und ausgebaut werden konnte?
A. Bonhoff: Die Expansion von Pharmaplan wurde durch verschiedene Marktentwicklungen begünstigt. Zunächst war die wachsende Nachfrage nach effizienten und nachhaltigen Lösungen in der Pharmaindustrie ein wesentlicher Faktor. Darüber hinaus haben technologische Fortschritte und strenge regulatorische Anforderungen in der Branche die Notwendigkeit für spezialisierte Dienstleistungen erhöht. Unsere Fähigkeit, innovative und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, hat uns ermöglicht, unsere Dienstleistungen kontinuierlich zu erweitern und an die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen.
Wenn ein Unternehmen ein halbes Jahrhundert in einem so anspruchsvollen, reglementierten Markt wie der Pharmaindustrie erfolgreich agiert, hat es unbestritten besondere Kompetenzen. Wo sehen Sie diese?
„Das Anforderungsprofil unserer Kunden ist heute anspruchsvoller und komplexer denn je.“
A. Bonhoff: Unsere besonderen Kompetenzen liegen in unserer langjährigen Erfahrung und unserem unermüdlichen Streben nach Innovation. Wir haben Projekte realisiert, die als Maßstab in der europäischen Pharmaindustrie gelten. Unsere Expertise in den Bereichen Engineering, Architektur, Bau- und Projektmanagement sowie Qualifizierung ist einzigartig. Außerdem setzen wir auf enge Partnerschaften mit unseren Kunden und bieten kontinuierliche Unterstützung über den gesamten Lebenszyklus der Anlagen hinweg. Dies alles ermöglicht es uns, komplexe Projekte erfolgreich abzuschließen und langfristigen Erfolg für unsere Kunden sicherzustellen. Es ermöglicht uns zudem, das erlangte Wissen zu den Produktionstechnologien und Produktformen in unserer Firma zu beherbergen und innerhalb unserer Mitarbeitenden zu kultivieren.
Wie hat sich das Anforderungsprofil der Kunden für Pharmaprojekte im Lauf der Jahre verändert? Es ist mit Sicherheit anspruchsvoller und komplexer geworden, oder?
A. Bonhoff: Absolut, das Anforderungsprofil unserer Kunden hat sich erheblich weiterentwickelt und ist heute anspruchsvoller und komplexer denn je. Früher lag der Fokus hauptsächlich auf der Funktionalität und den Kosten, während heute Flexibilität, Effizienz und die Einhaltung strenger regulatorischer Standards im Vordergrund stehen. Unsere Kunden verlangen zunehmend maßgeschneiderte Lösungen, die nicht nur technisch fortschrittlich, sondern auch umweltfreundlich und flexibel an Marktanforderungen anzupassen sind.
Pharmaplan hat darauf mit der Schaffung dreier Geschäftsfelder reagiert. Was sind deren Aufgaben und wie ergänzen sie sich?
A. Bonhoff: Es sind weniger drei voneinander getrennt agierende Geschäftsfelder. Vielmehr fokussieren wir unsere Kompetenzen entsprechend der Anforderungen der Kunden. So können wir die Anforderungen an das Engineering über den gesamten Lebenszyklus pharmazeutischer Anlagen und Projekte passgenau erfüllen. Im Bereich der Front-End Projects, konzentrieren wir unsere Kompetenzen auf Machbarkeitsstudien, Standortplanung und Evaluationen von Projektoptionen. Im Umfeld von Investment Projects fokussieren wir uns auf das Engineering, die Architektur sowie das Projektmanagement und die Betreuung der baulichen Umsetzung. Wir stellen sicher, dass Projekte termingerecht und im Budgetrahmen realisiert werden, und unser Team unterstützt auch die Qualifizierung der Anlage. Wir begleiten den gesamten Prozess bis hin zur Inbetriebnahme. Schließlich bieten wir im Umfeld von Site Projects eine kontinuierliche Unterstützung sowie die Begleitung bei Umbauprojekten für bestehende Anlagen im laufenden Betrieb. All das ergänzt sich, indem all unsere Kompetenzen nahtlos ineinandergreifen und wir unseren Kunden umfassende Lösungen aus einer Hand bieten.
Gibt es innerhalb der TTP-Gruppe auch Synergien mit den anderen Gesellschaften wie Triplan?
A. Bonhoff: Ja, innerhalb der TTP-Gruppe nutzen wir Synergien mit anderen Gesellschaften wie Triplan. Durch den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit in gemeinsamen Projekten können wir unseren Kunden ein breiteres Spektrum an Dienstleistungen und Fachwissen bieten. Diese Synergien ermöglichen es uns, noch effizienter und innovativer zu arbeiten und unsere Position einer der führenden Anbieter von Engineering-Dienstleistungen in der Pharmaindustrie zu stärken.
An großen Pharma- und Chemiestandorten sind Sie mit eigenen Büros vertreten. Ist diese Präsenz ein Schlüssel zum Erfolg – auch in Zukunft?
A. Bonhoff: Die lokale Präsenz an großen Pharma- und Chemiestandorten ist definitiv ein Schlüssel zu unserem Erfolg. Diese Nähe zu unseren Kunden ermöglicht es uns, schnell auf ihre Bedürfnisse zu reagieren und eng mit ihnen zusammenzuarbeiten. Auch in Zukunft wird diese Strategie wichtig bleiben, da sie uns ermöglicht, langfristige Partnerschaften aufzubauen und unsere Dienstleistungen kontinuierlich zu verbessern.
Viele Pharmaunternehmen haben milliardenschwere Investitionen in neue Anlagen oder gar Standorte angekündigt. In der Chemie ist die Investitionstätigkeit eher schwach. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung dieser beiden Märkte ein?
A. Bonhoff: Wir erwarten, dass die Investitionstätigkeit in der Pharmaindustrie weiterhin stark bleibt, getrieben durch Innovationen und die Nachfrage nach neuen Medikamenten und Therapien. In der Chemieindustrie sehen wir jedoch einen moderateren Wachstumstrend, wobei Investitionen eher auf Effizienzsteigerungen und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein werden.
„Wir erwarten, dass die Investitionstätigkeit in der Pharmaindustrie weiterhin stark bleibt.“
Insgesamt erwarten wir, dass beide Märkte weiterhin bedeutende Möglichkeiten für Wachstum und Entwicklung bieten, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Welche Trends beeinflussen heute die Realisierung von Investitionsprojekten im Pharmabereich, aber auch darüber hinaus, wenn Sie zum Beispiel an Chemieanlagen denken?
A. Bonhoff: Wichtige Trends, die heute die Realisierung von Investitionsprojekten beeinflussen, umfassen Digitalisierung, modulare Flexibilität und die Einhaltung strenger regulatorischer Vorgaben. Im Pharmabereich sehen wir eine zunehmende Automatisierung und den Einsatz von Data Analytics, um Prozesse zu optimieren und die Produktqualität zu verbessern. Auch in der Chemiebranche gewinnen diese Trends an Bedeutung, obwohl der Fokus hier stärker auf der Effizienzsteigerung und der Reduktion des ökologischen Fußabdrucks liegt.
Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf Ihr Geschäftsmodell insgesamt und Ihre Geschäftsfelder?
A. Bonhoff: Digitalisierung hat einen tiefgreifenden Einfluss auf unser Geschäftsmodell und unsere Geschäftsfelder. Sie ermöglicht es uns, effizientere und genauere Planungs- und Bauprozesse zu implementieren, die Qualität unserer Dienstleistungen zu verbessern und die Kommunikation mit unseren Kunden zu optimieren. Konkret setzen wir in der Planung auf digitale Zwillinge, BIM2Field sowie auf digitales Baustellen- und Sicherheitsmanagement. In unserer eigenen „virtuellen Pharma-Facility“ können wir Betreiber auf Kundenseite schulen und Equipmentoptionen für unsere Kunden visualisieren. Durch diese digitalen Werkzeuge und Plattformen können wir Projekte in Echtzeit überwachen und steuern, was zu einer höheren Transparenz und besseren Entscheidungsfindung führt. Dies alles trägt dazu bei, dass wir unseren Kunden innovative und zukunftsweisende Lösungen bieten können.
„Die ‚Pharma Facility of the Future‘ ist näher, als viele denken.“
Die ‚Pharma Facility of the Future‘ wird hoch automatisiert und digitalisiert sein. Wie weit ist die Zukunft noch entfernt?
A. Bonhoff: Die ‚Pharma Facility of the Future‘ ist näher, als viele denken. Viele Elemente dieser Zukunft sind bereits heute Realität, wie zum Beispiel fortschrittliche Automatisierungstechnologien und digitale Zwillinge. Allerdings gibt es noch Raum für Weiterentwicklungen, insbesondere in den Bereichen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Wir bei Pharmaplan sind bestens positioniert, um diese Zukunft mitzugestalten und unseren Kunden zu helfen, ihre Visionen von hochautomatisierten und digitalisierten Produktionsstätten zu verwirklichen.
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ZUR PERSON
Andreas Bonhoff ist seit Mai 2019 CEO der TTP Group. Zuvor war er bereits seit Januar 2018 Vorstand von Triplan. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann studierte Bonhoff von 1989 bis 1993 BWL an der Universität Passau. Seine Berufslaufbahn, die er bei Scott Paper startete, führte ihn u. a. zu VIAG, SKW Trostberg und schließlich von 2001 bis 2011 zu Degussa (ab 2007 Evonik), wo er u. a. Geschäftsführungsaufgaben bei Stockhausen, Goldschmidt und zuletzt Infracor, der Betreibergesellschaft des Chemieparks Marl übernahm. Vor seinem Eintritt bei Triplan war er von 2011 bis 2018 Gesellschafter und Partner bei Aequitas-Consultants und betreute u. a. Carve-Out-, Restrukturierungs- und Reorganisationsprojekte in der Chemie- und Prozessindustrie.