Reinstmediensysteme – Komplettanlagen im Trend
20.03.2014 -
Die pharmazeutische Industrie verzeichnet einen kontinuierlich wachsenden Bedarf am Rohstoff Wasser. Analog dazu steigt auch die Nachfrage nach hochreinen Medien wie Rein- oder Reinstwasser. Qualitätsschwankungen und Engpässe bei der Versorgung können weitreichende Konsequenzen haben. Entsprechende Erzeugeranlagen stellen somit zentrale Versorgungssysteme dar, deren bedarfsgerechte Auslegung und Verfügbarkeit entscheidend zur Qualität und Sicherheit der gesamten Produktionskette beitragen. Komplettlösungsanbieter verschaffen ihren Kunden hierbei entscheidende Vorteile.
Wasser erfüllt unterschiedliche Funktionen in der Verarbeitung, Formulierung und Herstellung pharmazeutischer Produkte und Wirkstoffe. Zudem wird der Rohstoff als Trägermedium oder für die Reinigung von Verpackung und Zubehör genutzt. Die Pharmaindustrie benötigt unterschiedliche Wasserqualitäten, welche in Leitfäden und Richtlinien festgehalten sind. Die erforderliche mikrobiologische Qualität des Wassers wird in Aufbereitungsanlagen für Reinwasser (purified water, PW), Reinstwasser (highly purified water, HPW) oder Wasser für Injektionszwecke (water for injection, WFI) erreicht. Für die Erzeugung von PW und HPW sind zwei beziehungsweise drei wesentliche Prozessschritte erforderlich: Vorbehandlung, Aufbereitung und - zur Erzeugung von HPW - Endreinigung.
Erster Schritt: Enthärtung
Während der Vorbehandlung werden dem Trinkwasser die härtebildenden Anteile, beispielsweise Kalzium- und Magnesiumionen, entzogen. Das eingespeiste Trinkwasser wird dabei durch ein Bett aus Austauscherharz geführt. Um den Salzgehalt und die Leitfähigkeit des Wassers konstant zu halten, ersetzt eine entsprechende Menge Natriumionen die entzogenen Ionen. Die Enthärtungsanlage besteht aus zwei Enthärtersäulen, die seriell oder parallel angeordnet sind. Dank dieser Schaltung wird der Gefahr einer Verkeimung des Harzbettes effektiv vorgebeugt, da letzteres permanent durchströmt wird. Das Enthärtermodul wird durch Heißwasser bei Temperaturen von bis zu 85 °C sanitisiert. Dieses Verfahren kann automatisch ablaufen und GMPkonform dokumentiert werden.
Umkehrosmose und Elektrodeionisation
Die Aufbereitung gliedert sich in zwei Unterschritte: Umkehrosmose und Elektrodeionisation. Die Umkehrosmose ist sowohl ein physikalischer als auch ein chemischer Filtrationsprozess, der dem vorbehandelten Wasser das Salz entzieht. Hier wird das Wasser mit einem Druck, der höher als sein Osmosedruck ist, durch eine semipermeable Membran gepresst und dabei in einen Konzentrat- und einen Permeatstrom aufgeteilt. Der Konzentratstrom führt die abgeschiedenen Salze ab, während der Permeatstrom aus Reinstwasser nur noch einen Salzanteil von 1 bis 5 % aufweist. Zudem werden während der Umkehrosmose auch Schwebstoffe und Makromoleküle herausgefiltert.
Die Elektrodeionisation (EDI) liefert ein Diluat, das die Anforderungen an gereinigtes Wasser sogar übersteigt. Kern des Prozesses ist ein elektrisches Feld, das in Kombination mit einem Ionenaustauscherharz die geladenen Wasserinhaltsstoffe des Permeats aus der Umkehrosmose absondert. Gleichzeitig sorgt es für die kontinuierliche Regeneration des Austauscherharzes, indem es das Wasser in Wasserstoff- und Hydroxidionen aufspaltet. EDI-Systeme sind gegenüber Schwankungen in der Zusammensetzung des Speisewassers unempfindlich und reduzieren neben dem Salzgehalt auch den Anteil an Kohlenstoffdioxid, Siliziumdioxid und TOC (Gesamtmenge des organischen Kohlenstoffs) um bis zu 90 %.
Ultrafiltration für HPW
Zur Herstellung von HPW wird das aus der Elektrodeionisation gewonnene Reinwasser im Rahmen der Endreinigung einer Ultrafiltration (UF) unterzogen und zu apyrogenem und keimfreiem Wasser aufbereitet. Die UF ist ein Membrantrennverfahren, das partikulare Verunreinigungen und gelöste Stoffe aufgrund ihres Molekulargewichts oder ihrer Größe abgetrennt. Dabei kommen Hohlfaser-Polysulfon-Membranen zum Einsatz, deren Trenngrenze von 6.000 Dalton weit unter der erforderlichen Grenze zur Entfernung von Bakterien, Viren und Pyrogenen liegt und damit die gewünschte pharmazeutische Sicherheit gewährleistet. Zur Integritätsprüfung der UF-Module kann ein sogenannter Bubble-Test direkt in der Anlage selbst durchgeführt werden.
Kürzere Prozesse, beschleunigte Projekte
Diese komplexen Aufbereitungsschritte wurden bisher in der Regel auf einzelnen, eigenständigen Einheiten durchgeführt. Um den wachsenden Anforderungen der pharmazeutischen Industrie hinsichtlich Qualität und Flexibilität zu genügen, entscheiden sich nun immer mehr Unternehmen für Komplettlösungen. Diese bieten den entscheidenden Vorteil, dass Maschinen, Zubehör und Services von einem Anbieter erhältlich sind. Ein Komplettlösungsanbieter fungiert als Partner, der sich mit den spezifischen Anforderungen an Prozesse, Maschinen und Zubehör auskennt, über breites technisches Fachwissen verfügt und eine Lösung entwickeln kann, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Im Vergleich zu einzelnen Komponenten ermöglichen Komplettanlagen eine effizientere Abstimmung der jeweiligen Baugrößen und Anlagenleistung. Alle Steuerungssysteme sind miteinander verknüpft, Schnittstellen werden auf ein Minimum reduziert. Das verkürzt wiederum zeit- und kostenintensive Abstimmungsprozesse und beschleunigt Projekte. Von der Designphase bis zur Inbetriebnahme und darüber hinaus sind alle Schlüsseltechnologien an einer Stelle verfügbar. Der gleiche Anbieter, der die Anlage konzipiert und installiert hat, bietet auch entsprechende Aftermarket Services an. Dies führt zu einer vereinfachten und reduzierten Ersatzteilhaltung und schlägt sich letztendlich in einer höheren Verfügbarkeit der Anlage nieder. Derartige Anlagen lassen sich zudem einfach nachrüsten und an neue Anforderungen anpassen.
Von der Planung bis zur Installation
Seit mehreren Jahren ist Bosch mit den Komplettlösungen für die Rein- und Reinstwasseraufbereitung von Pharmatec nun schon am Markt und hat diverse Projekte erfolgreich umgesetzt. Dazu gehören sämtliche Schritte von der Planung über die Fertigung bis hin zur Installation der Anlagen. Aktuelle Wasseranalysen beim Anwender vor Ort dienen als Planungsgrundlage. Das modulare Konzept setzt sich aus einfach zu integrierenden und kombinierenden Standardelementen zusammen. Bedarfsgerecht ausgelegte Anlagen für Erzeugungsmengen zwischen 400 und 16.500 Liter pro Stunde sind möglich.
Größere Anlagen werden anwenderspezifisch ausgelegt. Mit dem Ausbau seines Portfolios an Rein- und Reinstwasseranlagen avanciert Bosch zum Komplettanbieter für die pharmazeutische Wasseraufbereitung. Vom Trinkwasseranschluss bis zum Point of Use lässt sich mit den Anlagen die komplette Wasseraufbereitung regelkonform umsetzen. So erfüllt Bosch die Anforderungen der Pharmaindustrie an flexible Lösungen für die gesamte Prozesskette.
Dieser Beitrag ist erstmalig in cav chemie anlagen verfahren, Ausgabe 05/2012 erschienen.
Kontakt
Helmut Sommer
Pharmatec, a Bosch Packaging Technology Company
Tel.: +41 61 46510 94
helmut.sommer@bosch.com