Reinraummonitoring für Pharma
Automatische Überwachung in GMP-Umgebungen
Das Pharmaunternehmen AstraZeneca kontrolliert mit dem Überwachungssystem viewLinc von Vaisala die Umgebungsparameter bei der Fertigung, Verpackung und Lagerung.
Nur wenige Branchen sind so stark reguliert wie die Pharmaindustrie. Die strikten Vorschriften gewährleisten die Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel, die in den Verkauf kommen. Die Unternehmen produzieren, verpacken und lagern die Arzneimittel deshalb unter streng kontrollierten Bedingungen. Um potenzielle Probleme schnell auszuräumen, sind die Hersteller verpflichtet, diese Bedingungen lückenlos zu überwachen. Werden Grenzwerte überschritten, muss umgehend ein Alarm ausgelöst und entsprechend reagiert werden. Zudem müssen Pharmaunternehmen in der Lage sein, Produktionschargen gegebenenfalls zurückzuverfolgen und gegenüber Aufsichtsbehörden nachzuweisen, dass die Bedingungen bei Herstellung, Verpackung und Lagerung spezifikationskonform waren. Diese Anforderungen sind ein Aspekt der GMP-Vorschriften (Good Manufacturing Practice), die für Pharmaproduzenten auf der ganzen Welt gelten – so auch für das schwedisch-britische Pharmaunternehmen AstraZeneca, das seine Produkte durch strenge Kontrollen der Umgebungsparameter bei der Fertigung, Verpackung und Lagerung schützt.
Hohe Anforderungen im Pharmabereich
2013 beschloss die Firma, eine neue Überwachungslösung für ihr Werk Södertälje südwestlich von Stockholm zu implementieren. Die wichtigsten Auswahlkriterien waren dabei die Zuverlässigkeit der Messungen und die Unterstützung für verschiedene Monitoring-Optionen sowie die Möglichkeit, das System bedarfsgerecht zu erweitern. Projektleiter Mats Andersson war für die Auswahl und Installation des Systems verantwortlich und entschied sich für das automatische viewLinc Überwachungssystem von Vaisala, einem der führenden Anbieter auf dem Gebiet von Umwelt- und Industriemessungen. Mit viewLinc lassen sich Informationen über Temperatur, Luftfeuchte und Differenzdruck in der Produktionsanlage erfassen, die zur Sicherung der Produktqualität dienen. Da das System auch regulatorische Auflagen erfüllt, können ohne großen Aufwand auch die nötigen Compliance-Anforderungen gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden nachgewiesen werden.
„Vaisala kam für uns infrage, weil wir bereits langjährige positive Erfahrung mit den Überwachungsgeräten des Unternehmens haben. Wir waren uns sicher, dass das Vaisala System unsere Anforderungen erfüllen würde“, erklärt Andersson.
Erweiterungen ohne externe Unterstützung
Der Startschuss für das mehrphasige Projekt fiel 2014. In der ersten Phase installierte und validierte Vaisala seine Systeme innerhalb einer Woche. Anschließend führte AstraZeneca seine eigene Validierung sowie andere Vorbereitungsmaßnahmen durch.
In der nächsten Phase des In_stallationsprojekts integrierte AstraZeneca zahlreiche Instrumente in Eigenregie. „Bei einem großen Standort wie Södertälje ist es von großem Vorteil, dass wir zusätzliche Geräte selbst einbinden und vor allem validieren können, um das System mit bereits vorhandenen Messinstrumenten zu vernetzen oder mit neuen auszubauen. Seit Projektbeginn haben wir bereits viele Erweiterungen implementiert“, berichtet Andersson.
Nach der Erstinstallation für eine Gruppe von Superusern erhielten weitere Werksmitarbeiter Zugang zum System. Das Vaisala Überwachungssystem ermöglicht den sicheren, berechtigungsbasierten Zugriff über jeden PC im bestehenden Netzwerk von AstraZeneca. Die Lizenz erlaubt die uneingeschränkte Erhöhung der Anzahl von Datenloggern und Benutzern.
Sicherheit dank Automatisierung
Um die Zuverlässigkeit der Messungen zu erhöhen, setzte AstraZeneca auf ein umfassendes Überwachungssystem, das automatisch Echtzeitinformationen aus den Messgeräten ausliest. Die automatische Lösung ist zudem schneller als die Mitarbeiter, die zu jedem Überwachungsgerät gehen müssen und unter Umständen Stunden brauchen, bis sie alle geprüft haben. Abgesehen davon kann es vorkommen, dass sie die Kontrollen unterbrechen müssen oder vergessen, die Ergebnisse zu protokollieren.
„Automatische Systeme sparen langfristig Geld“, weiß Piritta Maunu, Life-Science-Spezialistin bei Vaisala. „Die Anfangsinvestition mag zwar hoch erscheinen, aber das System gewährleistet effiziente Abläufe und einen besseren Schutz empfindlicher Produkte. Ändern sich die Bedingungen, wird zudem sofort ein Alarmhinweis verschickt. So kann die Situation geklärt werden, noch bevor die Bedingungen die Grenzwerte überschreiten, die für das jeweilige Produkt bzw. für den jeweiligen Prozess gelten.“
Bei einem automatischen Überwachungssystem werden die Datenlogger an verschiedenen Stellen eines Bereichs platziert. Die Logger können Temperatur, relative Feuchte, Kohlendioxid, Druck und andere Größen messen. Sie schicken die Messdaten an einen Server, wo sie gespeichert werden. Sollten sich die Bedingungen plötzlich ändern oder werden vorgegebene Grenzwerte über- bzw. unterschritten, schickt das System einen Alarm per SMS oder E-Mail an die zuständigen Mitarbeiter. Diese können dann auf einen Blick erkennen, welche Bedingungen sich verändert haben, und gegebenenfalls das Problem lösen, bevor Schäden entstehen.
„Dem Nutzer bringt ein automatisches Überwachungssystem ein zusätzliches Maß an Sicherheit, da er genau weiß, dass die elektronisch gespeicherten Daten nicht verlorengehen“, erklärt Maunu.
Die Vaisala Datenlogger sind batteriebetrieben, um Datenverlust bei Stromausfall zu vermeiden. Verschiedene Warnstufen erhöhen die Sicherheit zusätzlich. Wenn die Verbindung abbricht oder wenn jemand versucht, die Protokollinformation zu manipulieren, die im Datenlogger oder auf dem Server gespeichert sind, verschickt das System einen Alarm. „Dadurch, dass die manuelle Prüfung von Überwachungspunkten entfällt, können wir unsere Betriebsabläufe noch effizienter gestalten“, erklärt Mikael Ruda, Associate Director for Maintenance im Werk Södertälje.
Die Technik hält mit den Vorschriften Schritt
2013 wurden die Vorschriften über die eigentliche Herstellung von Arzneimitteln hinaus auf deren Transport ausgeweitet. Entsprechend der GDP-Leitlinien der Europäischen Union für Pharmazeutika sind alle Beteiligten in der Vertriebskette dafür verantwortlich, dass vorgegebene Temperaturbedingungen für die Arzneimittel eingehalten werden. Diese neuen Vorschriften haben die Überwachungsanforderungen während des Transports und der Zwischenlagerung erhöht.
Allerdings hat sich auch die Technik für die kontinuierliche Überwachung weiterentwickelt. Ein neues viewLinc Monitoring System, das Vaisala 2018 auf den Markt bringen wird, überträgt die Daten drahtlos von den Temperatur- und Feuchte-Datenloggern über diskrete, proprietäre Netzwerkzugangspunkte zum Überwachungssystem.
Die Datenlogger und Zugangspunkte arbeiten mit dem von Vaisala entwickelten VaiNet Funkprotokoll. Mit VaiNet können die aufgezeichneten Daten über Entfernungen von mehr als 100 m übermittelt werden und damit wesentlich weiter als in einem WLAN-Sensornetzwerk.
VaiNet arbeitet dabei mit Frequenzen unter einem GHz, die eine herausragende Signalstärke ermöglichen und eine Übertragung selbst durch Mauern oder Metallkonstruktionen wie z. B. Regalsysteme oder Maschinenanlagen erlauben. Das System verursacht keine Störungen vorhandener WLAN-Netzwerke und vermeidet deren Zusatzbelastung durch die Übertragung der Überwachungsinformationen von den Datenloggern.
„Die neue VaiNet Funktechnik wurde gezielt für Kunden entwickelt, die ihre Lagerhäuser ohne aufwendige Verkabelung oder Installation neuer Steckdosen überwachen möchten. Eine Funklösung bietet sich besonders für Unternehmen in der pharmazeutischen Transportkette an“, so Maunu.
Wahl der passenden Überwachungslösung
Automatische Überwachungssysteme können zur Kontrolle von Bedingungen für die unterschiedlichsten Anwendungen genutzt werden, z. B. in Museen, Rechenzentren, Kühl- und Gefriersystemen, im Flugzeugbau und sogar in Atomkraftwerken – also überall dort, wo die Bedingungen gesteuert und überwacht werden müssen.
Es gibt viele verschiedene Arten von Überwachungslösungen, die sich nach den Systemanforderungen der individuellen Umgebung richten. Anhand von wenigen Fragen können Unternehmen bereits im Vorfeld den Auswahlprozess eingrenzen:
- Wie groß ist der zu überwachende Bereich und wie viele Messpunkt werden benötigt?
Wenn es nur wenige Messpunkte gibt und diese relativ nahe beieinanderliegen, reichen unter Umständen manuelle Kontrollen aus. Aber selbst dann muss der Gegenwert der in diesem Bereich gelagerten Produkte niedrig sein, damit ein Verlust durch menschliches Versagen im manuellen Überwachungsprozess keine großen Kosten verursacht.
Gibt es viele Messpunkte oder liegen diese weit auseinander, ist ein automatisches Überwachungssystem mit vernetzten Sensoren wahrscheinlich eine wirtschaftliche Option, da es Zeit und Aufwand spart sowie zusätzliche Sicherheit bietet.
- Befinden sich die Messpunkte in einem Bereich, der sich nur schwer verkabeln lässt oder in dem verlegte Kabel durch Trittbelastung oder Geräte zerstört werden könnten?
Wenn ja, dann stellt ein Funksystem eine gute Lösung dar.
- Welche Reichweite ist für Funksignale erforderlich? Gibt es Signalbarrieren wie Metallregale, Flüssigkeiten oder massive Wände?
Viele Funklösungen erfordern Signalverstärker oder Repeater, um Datenverlusten vorzubeugen. Aber diese Zusatzgeräte machen das System noch komplexer. Mögliche Folgen sind nicht nur höhere Kosten, sondern auch eine aufwendigere Netzwerkwartung.
- Wer nutzt das System? Erfahrene IT-Mitarbeiter, Laborpersonal oder Lagerarbeiter? Ist ein Fernzugriff auf das System über eine Browser-Oberfläche erforderlich?
- Oder erfolgt die Systemadministration über eine zentrale Stelle? Welche Informationen und Berichte muss das System den Nutzern zur Verfügung stellen?
- Wie einfach lässt sich das System gegebenenfalls erweitern?