Modulare Produktion mit MTP in der Prozessindustrie
NAMUR, ZVEI und Profibus & Profinet International vereinbaren Zusammenarbeit
Immer kürzere Produktlebenszyklen in der Prozessindustrie verlangen ein Umdenken im Engineering und Betrieb der Anlagen und eine flexible Anpassung der Produktion. Um den Aufwand für die Planung, Konfiguration und die Inbetriebnahme flexibler Produktionen in Grenzen zu halten, sind in den letzten Jahren Konzepte entwickelt worden für einen modularen Aufbau von Anlagen, der inzwischen vielfach erprobt ist. Damit konnten Engineering-Aufwände deutlich reduziert werden.
Genereller Konsens ist: Eine flexiblere Produktion lässt sich bei vertretbaren Kosten nur durch Modularisierung erreichen. Dies muss entsprechend bereits während der Planung einer Produktionsanlage berücksichtigt werden. Die Digitalisierung bringt eine Chance mit sich, diese herausfordernde Situation zu bewerkstelligen.
Jedoch scheitert das durchgängige modulare Engineering oft daran, dass Steuerungen unterschiedlicher Hersteller nicht innerhalb einer Anlage zusammen verwendet werden können. Das führt dazu, dass die Vorteile des modularen Aufbaus durch neue Aufwände bei der Integration der Module (Process Equipment Assembly, PEA) zunichte gemacht werden.
Module Type Package
Deshalb haben NAMUR, die Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie, und ZVEI, der Verband der Elektroindustrie in Deutschland, in einem Positionspapier eine Reihe von Anforderungen aufgestellt und unter dem Begriff Module Type Package (MTP) veröffentlicht.
Mit MTP ist es möglich, verschiedene Module in einer intelligenten Weise zu einem Gesamtproduktionsprozess zusammenzustellen. Das MTP ist das Herzstück der modularen Produktion. Es ermöglicht ein besonders schnelles und effizientes Engineering von in Prozess- und Automatisierungstechnik gekapselten Produktionseinheiten.
Basierend auf dem MTP-Konzept, das den einzelnen Modulen eine digitale Beschreibung gibt, können diese dann herstellerunabhängig und flexibel über ein sog. Orchestrierungssystem miteinander verbunden werden.
Die modulare Produktion mit MTP wird als ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung der produzierenden Industrie betrachtet. Es wird erwartet, dass sich mit MTP wesentliche KPI von Anlagen deutlich verbessern lassen. Im Durchschnitt gehen Experten davon aus, dass die Zeit bis zum Markteintritt halbiert, der Engineering-Aufwand um 70 % reduziert und die Flexibilität um 80 % erhöht werden können.
Axel Haller, Leiter des ZVEI Arbeitskreises „Modulare Autonation“
„Die Standardisierung der MTP-Schnittstelle erlaubt eine Implementierung in realen Projekten."
Neue Impulse für die Internationalisierung
NAMUR und ZVEI haben jetzt mit Profibus & Profinet International (PI), der weltweiten Dachorganisation der Profibus Nutzerorganisation (PNO), einen weiteren Partner an Bord geholt, der insbesondere die Orchestrierung der Fortentwicklung, das Vorantreiben der internationalen Standardisierung, das IP-Management und die Organisation von Promotion-Maßnahmen von MTP übernehmen soll. Axel Haller, Global Segment Manager bei der ABB und Vorsitzender des ZVEI Arbeitskreises „Modulare Autonation“ erläutert gegenüber CHEManager dazu: „Die Standardisierung der MTP-Schnittstelle in der VDI-VDE-Namur-2658 hat nun eine Reife erlangt, die eine Implementierung in realen Projekten erlaubt. Um dies nun weiter voran zu treiben und zu internationalisieren, sehen wir in der PNO einen geeigneten Host. Mit der Erfahrung und Kompetenz der PNO erhoffen wir eine schnelle Umsetzung der Nationalen Norm VDI-VDE in die international IEC und damit eine schnelle Verbreitung und Anwendung.“ Felix Hanisch, Head of Process & Plant Safety bei Bayer und Vorstandsvorsitzender der NAMUR, zeigt sich begeistert: „MTP goes global! Mit Profibus & Profinet International an unserer Seite machen wir den nächsten Schritt in Richtung globaler Verbreitung und Standardisierung. Abprüfbare Kriterien zur Einhaltung der Standards sind genauso wichtig wie Praxisbeispiele und Anwenderschulungen, um MTP jetzt in den Engineering-Abteilungen der Anwender und ihrer Partner zu verankern. Die bisherigen Implementierungen sind da gute Leuchttürme.”
Felix Hanisch, Vorstandsvorsitzender der NAMUR
„Abprüfbare Kriterien zur Einhaltung der Standards sind genauso wichtig wie Praxisbeispiele und Anwenderschulungen."
Felix Seibl, Geschäftsführer der Automation Division des ZVEI, betont den besonderen Nutzen der MTP-Technologie für die Anwender: „Durch MTP lassen sich durchschnittlich die Markteintrittszeit von neuen Produkten halbieren, der Engineering-Aufwand um 70 % reduzieren und die Flexibilität um 80 % erhöhen. Das bringt den Firmen, die MTP anwenden, massive Wettbewerbsvorteile. Aber auch denen, die es für ihre Produkte entwickeln und einsetzen. Wir als Herstellerverband ZVEI freuen uns, dass wir in Kooperation mit der NAMUR diese Technologie mitgestalten und zur Marktreife führen durften. Mit der PNO haben wir einen Host ausgesucht, der sich in der Prozessindustrie bestens auskennt und global vernetzt ist. Themen wie das Vorantreiben der internationalen Standardisierung, IP-Policy und Patente sind damit in guten Händen. Gern werden wir als ZVEI die Entwicklung des MTP aber auch in Zukunft mitbegleiten.“
Felix Seibl, Geschäftsführer der Automation Division des ZVEI
„Durch MTP lassen sich durchschnittlich die Markteintrittszeiten von neuen Produkten halbieren."
Mit Kompetenz zur Marktakzeptanz
Nach dem Wetteifern der Feldbus-Entwicklungen in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts, oft als „Feldbus-Krieg“ kolportiert, hat die PNO seit über 20 Jahren konsequent Entwicklungen zusammengeführt und die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Anwendern von Kommunikationstechnologien gefördert. Beispielhaft stehen dafür die Zusammenarbeit mit der AIDA, der Automatisierungsinitiative deutscher Automobilhersteller, bei der Entwicklung des Profinet-Standards, oder mit der NAMUR bei der Berücksichtigung der besonderen Anforderungen der Prozessindustrie, die in dem auf Profibus und Profinet anwendbaren Profil PA 4.0 für die Prozessautomatisierung mündeten. Aus von der PNO unterstützten und vorangetriebenen Zusammenarbeiten mit anderen Organisationen resultieren der FDI Standard für die Feldgeräteintegration (Field Device Integration) oder der jüngst veröffentlichte Ethernet Advanced Physical Layer (APL) – beide ermöglichen die nutzbringende Digitalisierung in der Prozessindustrie bis in die Feldebene und die Umsetzung des von der NAMUR vorgeschlagenen NOA-Konzepts (NAMUR Open Architecture). So freut sich dann auch Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender von PNO und PI: „MTP passt perfekt in das Technologie-Portfolio der Profibus & Profinet International. Durch die Modularisierung der Automation lassen sich Industrie 4.0 Lösungen wesentlich einfacher realisieren. In der PI haben wir viel Erfahrung damit, solche Standards in Hersteller-übergreifende, interoperable Lösungen umzusetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir durch unser Zertifizierungs-Know-how viel zu einer schnellen Marktakzeptanz von MTP beitragen können. Auch werden unsere weltweiten Vertretungen, die etwa 60 Kompetenz- und die über 30 Trainings-Center die internationale Verbreitung von MTP rasch voranbringen.“
NAMUR und ZVEI haben PI insbesondere die Orchestrierung der Fortentwicklung, das Vorantreiben der internationalen Standardisierung, das IP-Management und die Organisation von Promotion-Maßnahmen von MTP anvertraut – ein Schritt, der die zügige Umsetzung modularer Strukturen in der Prozessfertigung beschleunigen wird.
Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender von PNO und PI
„Wir werden durch unser Zertifizierungs-Know-how viel zu einer schnellen Marktakzeptanz von MTP beitragen."
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