Messtechnik in Kombination mit Telemetrie steigert die Prozesseffizienz
Füllstandüberwachung von Tanks mit tiefkalt verflüssigten Gasen
Die Kombination von Messtechnik und Telemetrie eröffnet neue Möglichkeiten der Prozessoptimierung, wie die Füllstandüberwachung von Tanks mit tiefkalt verflüssigten Gasen zeigt.
Sicherheit ist in industriellen Verfahren ein hohes Gut. Aus diesem Grund erfahren mechatronische Messgeräte eine kontinuierlich starke Nachfrage. Anwender nutzen deren Ausgangsignale zum Beispiel im Leitstand, um alle Messergebnisse eines Prozesses bündeln und auswerten zu können. Zugleich steht ihnen als Back-up eine fremdenergiefreie Vor-Ort-Anzeige zur Verfügung. So kann der Prozess bzw. die Messstelle sogar beim Ausfall der Versorgungsspannung sicher überwacht und gegebenenfalls manuell geregelt werden.
Permanentes Tracking und Monitoring
Das elektronische Signal des Druck- oder Temperaturmessgeräts wird im Normalfall über ein Kabel zum Empfänger transportiert. Es kann aber ebenso per Telemetrie „verschickt“ werden. Die Datenfernübertragung gewinnt vor dem Hintergrund einer kontinuierlich zu steigernden Prozesseffizienz immer mehr an Bedeutung. Produzierende Unternehmen setzen alles dran, um ihre Maschinen optimal auszulasten und Stillstandzeiten zu vermeiden. Ein operativ wirkungsvolles Instrument hierzu kann das permanente Tracking und Monitoring der relevanten Sensorik und Aktorik im Wertschöpfungsprozess sein. Müssen diese Informationen aus dezentral verteilten Abläufen oder Arealen zusammengeführt werden, ist eine kabellose Fernabfrage, auch Telemetrie genannt, die ideale Lösung.
Ein Paradebeispiel für die Vorteile des Zusammenspiels von Messtechnik und Telemetrie stellt die Füllstandmessung von Flüssiggastanks dar. Diese in vielen technischen, aber auch medizinischen Anwendungen benötigten Gase wie Argon, Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlendioxid werden auf Grund ihrer physikalischen Eigenschaften heutzutage oft als Kryogen, also in tiefkalt verflüssigter Form in Spezialtanks gelagert.
In der Vergangenheit hielten die Unternehmen bzw. Endverbraucher der Gase eine bestimmte Menge in eigenen Tanks vor und steuerten die Nachbestellung bei Bedarf selbst. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen wird dieser Prozess zunehmend ausgelagert. Der Einsatz moderner Messtechnik ermöglichte hier sogar einen Wandel des Geschäftsmodells: Der Lieferant oder Gasversorger stellt nicht nur den Nachschub sicher, sondern übernimmt die komplette Logistik. Das umfasst neben Vorratskontrolle, Nachbestellung und Lieferung auch die Bereitstellung von Tanks inklusive deren Instandhaltung. Der Kunde schließt lediglich einen Leasingvertrag mit dem Versorger ab.
Bedarfsgerechte Tankbefüllung zentral steuern
Damit beim Verbraucher keine Gas-Engpässe auftreten, benötigen die Lieferanten eine effektive Möglichkeit der Bestandsüberwachung der einzelnen, oft landesweit verteilten Tankanlagen. Dieses Modell lässt sich mit „Drive by“-Lösungen allein, also mit der Kontrolle durch Mitarbeiter vor Ort, nicht verwirklichen. Um effizient zu sein und die Logistikplanung kostenoptimal kalkulieren zu können, muss die bedarfsgerechte Tankbefüllung zentral gesteuert werden. Die dafür entscheidenden Parameter, Füllstand und Betriebsdruck, müssen demzufolge in einem einzigen Datensystem zusammengeführt werden. Die exakte Erfassung der beiden Kenngrößen wird durch die kryogenen Umgebungsbedingungen erschwert: Im Inneren der Tanks herrschen Temperaturen bis zu -200 °C.
Die aus dieser Aufgabe resultierenden Anforderungen hat Wika mit dem Cryo-Gauge-Konzept umgesetzt. Die kompakte und modulare Messanordnung besteht aus drei Komponenten: einem mechatronischen Differenzdruckmessgerät für die Füllstandüberwachung, einer mechanischen Betriebsdruckanzeige mit angeschlossenem Druckmessumformer und einer Einheit zur Datenfernübertragung. Alle messstoffberührten Bauteile sind speziell für diese Messaufgabe ausgelegt. Sie sind standardmäßig öl- und fettfrei gefertigt und somit auch für den Einsatz in Sauerstoffanwendungen geeignet.
Kernkomponente der Messanordnung ist das mechatronische Differenzdruckmessgerät zur Überwachung des Füllstands, welcher sich aus dem Differenzdruck zwischen flüssiger und gasförmiger Phase im Tank ableiten lässt. Der interne Aufbau des Geräts basiert auf einer durch Druckfedern eingespannten Spezialmembrane, welche die Auslenkung druckproportional an ein mechanisches Messwerk weiterleitet und letztlich auf dem Zifferblatt darstellt. Unter Berücksichtigung der Tankgeometrie und der spezifischen Dichte der verschiedenen Gase können über die Druckmessung hinaus auch inhaltsbezogene Informationen wie Mengen- und Volumenangaben auf dem Zifferblatt ausgegeben werden.
Übereinstimmung der Messwerte
Die mechanische Messung des Differenzdrucks hat im Beispielsfall gegenüber rein elektronischen Lösungen einen großen Genauigkeitsvorteil. Während manche elektronische Lösungen die Differenz aus zwei Einzelmessungen vergleichen und somit insbesondere bei kleinen Behältern große Fehler (>10 %) provozieren, wird nach dem mechanischem Verfahren unabhängig vom Messbereich immer eine maximale Genauigkeit von bis zu 1,0 % gewährleistet. Der im mechatronischen Cryo-Gauge-Messgerät integrierte Transmitter wandelt durch eine magnetisch-berührungslose Koppelung (Drehwinkelferngeber) die Stellung des Zeigers in ein 4…20 mA-Signal um. Somit stimmen die elektronisch übertragenen und die lokal angezeigten Werte immer exakt überein.
Das zweite Modul dient der aus Sicherheitsgründen notwendigen Überwachung des Betriebsdrucks im Tank. Steigt dieser in Folge von Temperaturschwankungen oder anderen externen Einflüssen, wird im schlimmsten Fall überschüssiger Druck und damit eine entsprechend große Menge Gas über ein Sicherheitsventil in die Atmosphäre entlassen. Um den potentiellen Produktverlust und eine Gefährdung der Tanksicherheit frühzeitig erfassen zu können, wird der Betriebsdruck mit einer mechanischen Anzeige, also per Manometer, und über das 4…20 mA-Signal eines angebauten Drucktransmitters überwacht. Das Manometer ist dabei an einen multifunktionalen Ventilblock montiert, der das Absperren des gesamten Messsystems ermöglicht, bspw. bei Instandhaltungsaufgaben am Tank.
Die elektrischen Ausgänge der beiden Messkomponenten bilden den Input für das dritte Modul der Messanordnung, die Einheit zur Datenfernübertragung („Intellimetry“). Die Telemetrie-Komponente digitalisiert die analogen Messwerte und überträgt sie per GSM-Technik an ein Online-Datencenter. Dies geschieht wahlweise im GPRS- oder SMS-Modus. Grundsätzlich wird eine permanente GPRS-Verbindung bevorzugt. Das Gerät erkennt anhand der Netzqualität, ob dies möglich ist, und schaltet im Bedarfsfall automatisch auf die stabilste Netzebene, den SMS-Modus, um. Ein eingebauter Datenlogger sammelt und verschlüsselt die Datenpakete vor der Übertagung. Bei Störungen im Netz werden die Daten zwischengespeichert und mit dem nächstmöglichen Routineruf übertragen.
Fremdenergiefreie Vor-Ort-Anzeige
Zusätzlich zur Funkverbindung verfügt das Gerät auch über zwei Kabelausgänge, die eine lokale Nutzung der Messwerte ermöglichen. Als mechatronisches System gibt das Messgerät über die fremdenergiefreie Vor-Ort-Anzeige der beiden Druck-Messwerte dem Anwender stets noch eine Back-up-Funktion an die Hand.
Die Funkübertragung der Daten erfolgt im kundenspezifischen Intervall, bei Tankanlagen in der Regel stündlich oder täglich. Das Intellimetry-Modul verfügt weiterhin über zusätzliche Überwachungsfunktionen. So wird z. B. im Fall eines unerwartet raschen Sinkens des Füllstands durch außerordentlichen Verbrauch oder eine Leckage am Tank sofort eine Warnmeldung ausgelöst. Außerdem teilt das Modul dem Anwender den Abschluss der Befüllung mit.
Alle Angaben aus der Tankkontrolle fließen in ein Online-Datencenter. Dieses ist über eine passwortgeschützte Website zugänglich, die per Browser oder App aufgerufen werden kann. Die eingehenden Informationen werden protokolliert und visualisiert. Über die Plattform lässt sich das Telemetriemodul konfigurieren und parametrieren. Das betrifft nicht nur den Modus der Datenübermittlung und die Überwachungsfunktionen. Anwender können hier benutzerdefinierte Alarme und die Art der damit verknüpften Benachrichtigungen festlegen. Auch eine Integration der Telemetriedaten in Drittsysteme oder in eine ERP-Software ist möglich.
Fazit
Die Kombination von klassischer Messtechnik und Telemetrie kommt neben der hier geschilderten Füllstandskontrolle dezentraler Tankanlagen für zahlreiche Applikationen in Frage. Im Prinzip eignet sich jedes Messgerät mit einem elektrischen Ausgangssignal für diese Form der Datenübertragung. Die Bedeutung solcher M2M-Systeme wird angesichts des Strebens nach immer effizienteren Prozessen und mit Blick auf die Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Rahmen der Industrie 4.0 mit Sicherheit weiter wachsen.
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