Chemie & Life Sciences

Funktionalisierte Klebstoffe für flexible Elektronik

Die Anforderungen an Klebstoffe für Elektronikbauteile sind vielfältig und anspruchsvoll

20.03.2024 - Da die Zahl der Anwendungen steigt, in denen flexible Elektronikbauteile zum Einsatz kommen, spielen funktionalisierte Klebstoffe eine immer größere Rolle.

Anwendungen, in denen flexible Elektronikbauteile zum Einsatz kommen, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Faltbare Mobilendgeräte, aufklebbare Sensoren im Medizinbereich sowie flexibilisierte Fotovoltaiktechnologien revolutionieren unseren Alltag. Hierbei spielen funktionalisierte Klebstoffe, die bspw. mit UV-Licht ausgehärtet werden, eine entscheidende Rolle und tragen dazu bei, die oben genannten Technologien in unseren Alltag zu transferieren.

Komplexe Anwendungsfelder erfordern Klebstoffe, die spezifisch für den Einsatz in flexiblen Bauteilen entwickelt wurden. Auf Leiterplatten können somit elektronische Komponenten kontaktiert oder fixiert werden. Laminierungsklebstoffe können zur Verkapselung von flexibler Elektronik bzw. Fotovoltaikzellen eingesetzt werden. Flexible Displays für diverse Endgeräte erfordern verschiedenste Substrate, die zuverlässig miteinander verbunden werden müssen. Die Anforderungen, die hierbei an die Klebstoffe gestellt werden, sind anspruchsvoll und umfassen neben der Flexibilität auch oftmals eine hohe Haftfestigkeit sowie die Beständigkeit gegenüber chemischen und physikalischen Einflüssen.

Spezielle Eigenschaften von Klebstoffen

Hinsichtlich der Adhäsionseigenschaften der Klebstoffe stellt sich das Problem verschiedener zu verklebender Materialien. Oft müssen Folienmaterialien aus PET aber auch Metalloberflächen oder flexible Leiterbahnen be- oder verklebt werden. Durch eine gründliche Vorbehandlung der Klebeflächen mit Isopropanol und anschließendem Einsatz von Corona oder Plasma können auch auf anspruchsvollen Substraten gute Haftwerte erzielt werden.
Komplizierter wird es, wenn Klebstoffe gewünscht sind, die eine Barriere gegenüber Wasser- und/oder Sauerstoffmolekülen aufweisen. Das ist häufig bei Laminierungsklebstoffen der Fall und wird mithilfe der Wasserdampfdurchlässigkeit (WVTR) ausgedrückt. Ein niedriger Wert zeigt ein undurchlässiges Material an. Diese blockierende Wirkung kann mithilfe des Quervernetzungsgrades des ausgehärteten Klebstoffs sowie mit der Hydrophobizität der resultierenden Oberfläche gesteuert werden. Erfahrungsgemäß wirken sich beide Parameter negativ auf die Hafteigenschaften des Klebstoffs auf Folienmaterialien aus, weswegen Panacol hierfür spezielle Klebstoffe entwickelt hat.

Alternative Fertigungsprozesse

Mit der Flexibilisierung von Bauteilen werden auch alternative Fertigungsprozesse zum Auftragen der Klebstoffe relevanter. An dieser Stelle muss der Entwicklungschemiker immer die Viskosität des Endmate­rials im Blick haben und dahingehend anpassen, dass ein Auftrag durch Sprühen oder einen Roll-to-Roll-Prozess ermöglicht wird. Für viele Anwender ist dies ein sehr wichtiger Punkt, da insbesondere durch die Roll-to-Roll-Applizierung eine kostengünstige Herstellmethode für flexible Elektronik und Fotovoltaik gegeben ist, die die Herstellung in großen Mengen ermöglicht.

 

Mit der Flexibilisierung von Bauteilen werden auch alternative Fertigungsprozesse zum Auftragen der Klebstoffe relevanter.“


Die Geschwindigkeit, die den Roll-to-Roll-Prozess so attraktiv macht, wird auch durch das schnelle Aushärten des Klebstoffs mithilfe spezieller UV-Lampen erzielt. Hierzu wird die Klebstoffbasis mit einem zur Wellenlänge der verwendeten Lichtquelle kompatiblen fotochemischen Initiator versetzt. Bei Bestrahlung mit UV-Licht wird der Initiator fotochemisch angeregt und es kommt je nachdem, ob eine Acrylat- oder eine Epoxybasis gewählt wurde, zur radikalischen bzw. kationischen Polymerisierung. Hierbei ist anzumerken, dass die radikalische Polymerisierung typischerweise schneller abläuft als die kationische. Trotzdem ist es in der Regel für beide Klebstoffklassen möglich, dünne Schichten innerhalb weniger Sekunden auszuhärten. Das wiederum begünstigt hohe Durchsatzraten in der Fertigung, wodurch Produktionskosten gesenkt werden können. Einen weiteren positiven Aspekt stellt die präzise Kontrolle des Aushärtungsprozesses dar, insbesondere dann, wenn UV-LED Systeme zum Einsatz kommen. Hiermit kann sehr energieeffizient gearbeitet werden, da bspw. keine zusätzliche Energie in Form von Wärme in das System eingebracht wird.

Funktionalisierte Klebstoffe

Elektrisch leitfähige Materialien stellen eine weitere Gruppe funktionalisierter Klebstoffe dar, die in flexibler Elektronik eingesetzt werden. Die neuesten leitfähigen Klebstoffe von Panacol können Widerstände effizient befestigen und flexible elek­trische Verbindungen in Solarzellen, Berührungssensoren und tragbaren Geräten herstellen. Nach der Aushärtung ist der Klebstoff elastisch und hat eine hohe Schälfestigkeit, was ihn zur perfekten Wahl für den Einsatz in Anwendungen macht, die Vibrationen, Schwingungen oder schnellen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind.

Um die gewünschte Leitfähigkeit zu erzielen, werden typischerweise leitfähige Partikel aus Silber eingesetzt. Infolgedessen steigt die Viskosität des flüssigen Klebstoffs an und auch die mechanischen Eigenschaften des ausgehärteten Produkts werden durch den Silbergehalt beeinflusst. Um einen möglichst elastischen Klebstoff zu erhalten, muss demnach die Klebstoffbasis möglichst flexibel gestaltet werden und der Anteil von Silberpartikeln an die spezifischen Bedürfnisse des Anwenders angepasst werden.

 

„Die Verwendung funktioneller Klebstoffe hat das Potenzial, eine Vielzahl von innovativen flexiblen Elektronikanwendungen zu ermöglichen.“



Eine weitere Herausforderung stellt der Aushärtungsprozess solcher Klebstoffe dar. Die sekundenschnelle Härtung mittels UV-LEDs ist normalerweise nicht möglich, da die Silberpartikel die UV-Strahlung blockieren und somit keine gleichmäßige Polymerisierung initiiert werden kann. Durch Wärme können allerdings Aushärtungszeiten im niedrigen Minutenbereich realisiert werden und eine Vorfixierung der Kontaktierungsstelle durch UV-Licht ist ebenfalls möglich.
Die Verwendung funktioneller Klebstoffe hat das Potenzial, eine Vielzahl von innovativen flexiblen Elektronikanwendungen zu ermöglichen. Durch Klebstoffe mit neuartigen Eigenschaften können unterschiedlichste Materialien miteinander verbunden werden. In Kombination mit dem Ersetzen traditioneller Befestigungsmethoden durch funktionelle Klebstoffe wird eine oftmals einfachere und effizientere Produktion ermöglicht und somit der Einzug neuartiger Technologien in unseren Alltag gefördert.


Lena Reinke, Business Development Managerin, Panacol-Elosol GmbH

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ZUR PERSON
Lena Reinke arbeitet seit Oktober 2023 für Panacol-Elosol als Business Development Managerin und ist dort für Klebstoffgruppen zuständig, die später innerhalb flexibler Fotovoltaikanwendungen zum Einsatz kommen. Zuvor war sie bereits seit 2021 in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Panacol als Chemikerin tätig. Ihr Chemiestudium sowie die Promotion hat sie bis 2021 an der Technischen Universität Kaiserslautern absolviert und sich dort mit supramolekularer Chemie und der Synthese von Goldnanopartikeln beschäftigt.

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