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Chemielogistik: Russland hohe Logistikkosten

24.03.2011 -

Chemielogistik: Russland hohe Logistikkosten - Chemielogistik in Russland noch sehr teuer Nachfrage an Logistik übertrifft das Angebot bei weitem.
Wer heute in Russland Lagerplatz in einem modernen, sicheren Lagerhaus sucht, hat es schwer. Das Angebot an hochwertiger Lagerlogistik ist weitaus geringer als die Nachfrage. Die modernen Läger platzen förmlich aus allen Nähten und die Preise sind so hoch wie nie zuvor. Auch der Transport von Sammelgütern vor allem in die russischen Regionen ist nach wie vor sehr teuer. Besonders für Chemieunternehmen mit kleineren Volumen sind die Logistikkosten in Russland sehr hoch. Geschäfte werden in Russland schnell, aber sprunghaft getätigt. Oft warten die Kunden bis Ende des Monats mit ihren Bestellungen und erwarten dann sofortige Lieferung. Bei solchen Geschäftsprozessen ist Lagerhaltung vor Ort unabdingbar. Da es bei der Importverzollung immer wieder zu Verzögerungen kommt, bevorzugen die meisten Unternehmen ein Lager oder Zolllager in Russland. So steigt die Nachfrage nach modernen Lagerflächen vor allem in Moskau, dem wichtigsten Wirtschaftstandort Russlands, Jahr für Jahr an. Doch das Angebot an modernen Lagerflächen in der Millionenmetropole ist begrenzt. Auf die etwa 13 Mio. Menschen in Moskau und Umgebung kommen nur ca. 500.000 m2 moderne Lagerfläche. Zum Vergleich: Die polnische Hauptstadt Warschau mit nur 1,6 Mio. Einwohnern verfügt über doppelt so viel, also 1 Mio. m2 Lagerfläche. Vladimir Ashurkov, Gesellschafter der Unternehmensberatung TransCare in Russland schätzt, dass Moskau in etwa 4 Jahren das heutige Niveau von Polen erreicht haben könnte. Die Nachfrage nach modernen Lagerhäusern ist jedenfalls hoch. Und hoch ist auch der Preis, denn der Kunde muss mit 120 – 140 US-$ pro m2 als Jahresmiete rechnen. Da stimmt es positiv, dass die Personalkosten der Lagerarbeiter deutlich niedriger als in Deutschland sind. So verdient ein durchschnittlicher Lagerarbeiter in Moskau ungefähr 500 US-$ plus 26 % Sozialabgaben und Steuern im Monat.

Nur eine Hand voll Chemielager
Bisher werden viele Lagerhäuser nicht effizient geführt. Das tägliche Führungsprinzip heißt „Anweisen, ausführen lassen, kontrollieren und nochmals kontrollieren“. Im Unterschied zu Westeuropa beschäftigen viele Unternehmen daher fast doppelt soviel Lagermitarbeiter bei vergleichbaren Tätigkeiten. Chemieunternehmen, die ein Gefahrgutlager suchen, haben es besonders schwer. In Moskau gibt es nur eine Hand voll ausgewiesener Chemielager. Früher zu Zeiten der Sowjetunion wurden die Gefahrgüter überwiegend am Produktionsort gelagert. Ehemalige Chemiebetriebe werden daher oft als Lagerstätten angeboten. Die Gebäude sind alt, haben meist keine Rampe oder sind Etagengeschosse. Der Neubau eines Lagers ist somit mittelfristig die einzige Chance. Daher befinden sich viele Unternehmen derzeit auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück. Grundstücke für Lagerhäuser in Moskau gibt es nur außerhalb des MKAD, der 110 km langen Stadtautobahn, die Moskau ringförmig umschließt. Innerhalb des MKAD sind die Gründstückspreise mittlerweile ebenso stark gestiegen wie die Verkehrsdichte, die insbesondere auf den Ausfallstraßen tagsüber nur noch ein Fortkommen im Schritttempo ermöglicht. Große Entwicklungsgesellschaften wie ProLogis, AIG/Lincoln oder Hines haben begonnen, geeignete Gründstücke rund um den MKAD aufzukaufen, um sie später an Logistikunternehmen zu verpachten bzw. weiterzuverkaufen. Der Erwerb von eigenem Land ist auch für viele westeuropäische Unternehmen mittlerweile Voraussetzung für Investitionen geworden. Viele ausländische Unternehmen sind bestrebt, möglichst nicht von russischen Partnern abhängig zu sein. Deshalb gehen sie heute den härteren Weg und bemühen sich selbst um den Kauf von Grundstücken. Staatliche Grundstücke werden meist auf 49 Jahre verpachtet. Baut das Unternehmen darauf ein Gebäude, dann bestehen gute Chancen, das Grundstück in den nächsten Jahren zu einem akzeptablen Preis zu erwerben. Der Kauf von privater Hand ist die schnellste, aber auch die teuerste Variante. Derzeit werden Grundstücke am MKAD mit ca. 250.000 – 500,000 US-$ pro Hektar gehandelt. Hier bedarf es einer günstigen Finanzierung.

Zusammenschluss bietet sich an
Geld ist in Moskau genug vorhanden. Leichtfertig investiert wird es aber nicht. Russische Investoren sind vorsichtig, glauben nicht an langfristige Stabilität in Politik und Wirtschaft und verlangen daher einen schnellen ROI. Eine Lagerinvestition muss sich in maximal 5 Jahren amortisiert haben. Die Zinssätze von bis zu 14 % und die extrem kurze Abschreibungszeit sind zwei Ursachen für die hohen Lagerkosten. Langfristige Mietkontrakte bis zu 10 Jahren oder länger sind in Russland noch nicht üblich. Aber genau hier liegt die Chance für viele Chemieunternehmen. Viele Projektgesellschaften möchten ein Lagergebäude nach den Bedürfnissen ihrer neuen Kunden bauen und das Gebäude nach Bauende verkaufen. Ein einzelnes Unternehmen hat meist keinen so großen Platzbedarf, um ein eigenes Lagerhaus zu errichten. Würden sich aber mehrere Unternehmen zusammenschließen, um eine langfristige Geschäftsbeziehung mit dem Projektunternehmen einzugehen, könnte der Bedarf an moderner, sicherer Lagerfläche zu vertretbaren Kosten gedeckt werden. Speziell Chemieunternehmen mit kleineren Volumina würden von solch einer Kooperation profitieren. Über das Lagergeschäft hinaus können die Partner auch ihre Transportkosten für Kleinmengen gemeinsam senken. Sammelgutverkehre im klassischen Sinne gibt es in Russland nicht. Erste Netzwerke befinden sich im Aufbau. Heute sammeln die Spediteure meist tagelang, ehe sie die Güter in eine bestimmte Region transportieren. Viele Kleinmengen werden daher in Sonderfahrten transportiert. „Bei unseren Kunden mussten wir feststellen, dass der Transport einer Palette als Kleinmenge ca. 3 – 4 mal so teuer ist, wie der Transport einer Palette in einer Komplettladung“, so Heidrun Drechsel, Geschäftsführerin der OOO Trans- Care in Moskau. „Hier liegen enorme Einsparpotentiale.“ Im Chemiesektor müssen darüber hinaus noch eine Vielzahl von Genehmigungen und Lizenzen beantragt werden. Sonderfahrten sind hier die Regel. Alle Unternehmen am russischen Markt, aber besonders die Chemieunternehmen mit kleineren Volumina haben derzeit noch sehr hohe Logistikkosten zu tragen. Kooperationen mit dem Ziel der Kostensenkung für alle Beteiligten sind daher unabdingbar.