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CABB: Interview mit Ruud de Boer

05.09.2011 -

CABB Geschäftsführer Ruud de Boer im Interview über die Erweiterung des Portfolio und der geographische Grenzen. CABB ist ein auf chlor- und schwefelbasierte Zwischenprodukte spezialisiertes Chemieunternehmen. Zusammen mit der Axa Private Equity, seit Anfang 2007 Besitzer der Mehrheitsanteile am Unternehmen, hat CABB im Juli 2007 den Schweizer Feinchemie-Hersteller SF-Chem übernommen. Durch den zusätzlichen Erwerb der Mehrheitsanteile an der indischen Karnavati Rasayan entstand die heutige Unternehmensgruppe mit vier Produktionsstandorten und einem gemeinsamen Umsatzvolumen von über 300 Mio. € im Jahr 2008. Seit dem 25. September wird SF-Chem als CABB AG geführt. Was hinter der Umbenennung steckt und wie die nächsten strategischen Schritte von CABB aussehen, erläutert Geschäftsführer Ruud de Boer. Die Interviewfragen stellten Dr. Birgit Megges und Dr. Michael Reubold.

CHEManager: Herr de Boer, es ist ein gutes Jahr her, dass CABB SF-Chem übernommen hat. Blicken wir noch einmal gemeinsam zurück: Was hatten Sie sich von dem Kauf erhofft? Welche Strategie steckt dahinter?

R. de Boer: Strategisch gesehen waren beim Kauf der SF-Chem drei Aspekte für uns ausschlaggebend: Zum ersten die geographische Erweiterung, um nicht ausschließlich in Deutschland zu produzieren. Der zweite Grund war der durch die Akquisition mögliche Ausbau des Geschäftes mit Spezialitäten. CABB vertreibt als Hauptprodukt Monochloressigsäure (MCAA), hat aber z. B. auch deren Derivate im Portfolio oder Special Intermediates, die auf Monochloressigsäure und Chlorderivaten basieren. Das Geschäft mit den Spezialitäten wollten wir gerne ausbauen und damit unser Angebot erweitern. Und das ist uns mit der Übernahme von SF-Chem gelungen. Der dritte Aspekt ist ein ökonomischer: Für neue Produktentwicklungen hätten wir investieren müssen. In der Anlage von SF-Chem in der Schweiz konnte die Produktion sofort starten.

Wie sieht die Situation jetzt nach einem Jahr aus?

R. de Boer: Wir können aus heutiger Sicht sagen, dass die Integration erfolgreich verlaufen ist. Wir hatten zunächst ein Integrationsprojekt angestoßen, aber bereits in der Vorphase erkannt, dass die Kulturen sehr gut zueinander passen. Sowohl CABB in Deutschland als auch die SFChem in der Schweiz verfügen über langjähriges Know-how in der Chlorchemie und können mit Gefahrgut umgehen. Der Kundenkreis war annähernd der gleiche und auch Sprache und Kultur passten zueinander – also ein perfekter Zusammenschluss. Daneben gibt es bereits nach einem Jahr ein größeres Wachstum zu verzeichnen als geplant war. Die Multi-Purpose-Anlage in der Schweiz ist heute z. B. deutlich besser ausgelastet als vor einem Jahr. Die gute Nachricht ist, dass wir uns jetzt schon Gedanken über weitere Investitionen machen. Denn wir wollen die Kapazitäten in der Schweiz erweitern. Auch das gehört zu unserer langfristigen Strategie.

Ist die Umbenennung von SFChem in CABB der endgültige Abschluss der Integrationsphase?

R. de Boer: Natürlich ist es nicht einfach, einen traditionellen Namen abzulegen, der seit 90 Jahren am Markt präsent war. Aber die Abkürzung SF stand ursprünglich für „Säure-Fabrik“, was das jetzige Portfolio aber auch nicht mehr so richtig widerspiegelt. So war die Umbenennung eine logische Folge und unsere Schweizer Kollegen sind inzwischen stolz auf den neuen Namen, der für ein neues, größeres Unternehmen steht.

Welche Synergien haben sich durch die Übernahme ergeben?

R. de Boer: Bei CABB in Deutschland sind rund 300 Mitarbeiter tätig. In der Schweiz (genauer: in Pratteln) sind es 360. Vom Umsatz sind wir etwa gleich groß. Natürlich nutzen wir die Synergien, die sich durch den Zusammenschluss ergeben haben. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir haben Supply Chains integriert, eine Organisation für Logistik und Einkauf gegründet und den Vertrieb zusammengeführt, um am Markt noch effizienter zu sein und unsere Kunden noch schneller beliefern zu können. Unsere Organisation ist jetzt in drei Business-Units aufgeteilt. Die Acetyl-Gruppe umfasst Produkte wie MCAA und Chloracetylchlorid. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich ausschließlich mit Spezialchemie und die Aufgabe der dritten Unit ist Custom Manufacturing und New Business Development. Im Custom Manufacturing sehen wir momentan den größten Wachstumsbereich. Wir wollen kundenorientiert handeln und unsere Produkte spezifisch und individuell an die Bedürfnisse unserer Kunden anpassen. SF-Chem war damit bisher sehr erfolgreich und das wollen wir weiterführen.

In der ersten Jahreshälfte haben Sie einen weiteren Schritt auf Ihrer „strategischen Landkarte“ getan, indem Sie mit der indischen Karnavati Rasayan eine Vereinbarung zur Übernahme der Hauptanteile getroffen haben.Warum haben Sie sich gerade für dieses Unternehmen in Indien entschieden?

R. de Boer: Unsere Strategie hat zwei Ausrichtungen: Wir wollen im Spezialitätenbereich weitere Produkte und Anwendungen entwickeln. Aber wir wollen und müssen auch unsere weltweite Präsenz verbessern. CABB ist der größte Produzent von Monochloressigsäure in Europa, Nummer eins in Nord- und Südamerika, hatte aber bislang keine Präsenz in Asien. Wir haben vor einem Jahr Kontakt mit dem indischen Unternehmen Karnavati Rasayan aufgenommen, dem größten dortigen Produzenten von MCAA. Nach den ersten Gesprächen haben wir sowohl eine finanzielle als auch eine umwelttechnische Analyse durchgeführt. Karnavati Rasayan ist nach DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001 zertifiziert und konnte exzellente Erfolge im Export von MCAA nachweisen – somit war die Kaufentscheidung schnell getroffen. Unsere indische Beteiligungsgesellschaft mit dem Namen Karnavati Rasayan CABB ergänzt heute unser Portfolio durch alternative MCAA-Qualitäten. Wir haben bereits ein Projekt angestoßen, um die MCAA-Kapazitäten auszubauen. Das soll Ende Februar, Anfang März 2009 fertig gestellt sein. Wir wollen in Indien etwas Neues aufbauen und von dort aus weiter im asiatischen Markt wachsen.

Der Wachstumsmarkt in Asien ist im Moment unumstritten. Wie sehen Sie die westlichen Märkte, vor allem vor dem Hintergrund der Finanzkrise? Rechnen Sie mit Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

R. de Boer: Die Folgen der Finanzkrise sind noch nicht absehbar. Für dieses Jahr sind wir mit unserer Produktionskapazität nahezu ausgelastet. Und wir sehen auch für nächstes Jahr noch weiteres Wachstum, vor allem im Agro- und Pharmabereich. Für uns ist es sehr wichtig, dass wir eine gute Verteilung der Anwendungen auf mehrere Bereiche haben – Diversifikation ist das Stichwort.

Nochmals zurück nach Indien: Ist geplant, Karnavati Rasayan doch noch ganz zu übernehmen?

R. de Boer: Wir haben uns aus gutem Grund für die Variante Beteiligung als Hauptanteilseigner entschieden. Damit ist gesetzlich festgelegt, dass wir die Kontrolle haben. Die anderen Aktionäre sind die Gründer des Unternehmens, das ist in Indien üblicherweise eine Familie. Mit dieser Form der Beteiligung des Managements waren wir bisher sehr erfolgreich und das wollen wir auch weiterführen. Die Übergabe von Know-how und Erfahrung verlief in einer Atmosphäre des Vertrauens, wir haben keine Überraschungen erlebt und eine hervorragende Zusammenarbeit mit den indischen Kollegen erfahren. Einen kompletten Kauf aller Anteile möchte ich langfristig nicht ausschließen, aber momentan sind wir mit der Situation in Indien sehr zufrieden.

Schließen wir mit einem Blick in die Zukunft ab: Wie sehen Ihre weiteren Pläne und Strategien aus?

R. de Boer: Wir beobachten natürlich den Markt genau und prüfen, in welcher Region ein intensiveres Engagement Sinn machen würde. Nordamerika ist so ein Beispiel. Aber wir konzentrieren uns nicht nur auf Regionen, sondern auch auf Produkte. Ich denke da ganz konkret an die Fluor- und Bromchemie. Es stellt sich im Grunde immer die Frage des optimalen Produktionsstandortes. Darüber hinaus prüfen wir ständig, welche Produkte wir unserem Kundenkreis noch anbieten bzw. wie wir neue Kunden an uns binden können. Allerdings steht eines für uns fest: Nachdem die Integration mit SF-Chem abgeschlossen ist und die Integration mit Indien sehr gut läuft, sind die nächsten Schritte die Stabilisierung und der Ausbau. Erst dann denken wir über Folgeschritte nach, die zugegebenermaßen schon in Vorbereitung sind.

www.cabb-chemicals.com