Modulbasierte Produktion in der Prozessindustrie

Bei der modularen Architektur werden verfahrenstechnische Funktionen in einer Baueinheit gekapselt und die Anlage aus Einzelbausteinen im Baukasten-Prinzip aufgebaut.

Das Semodia-Team Henry Bloch, Jan Funke, Anna Menschner, Stephan Hensel...
Das Semodia-Team Henry Bloch, Jan Funke, Anna Menschner, Stephan Hensel (v.l.n.r.) arbeitet in den relevanten Gremien von NAMUR, ZVEI, VDMA und VDI für die Standardisierung des MTP und bietet Tools für die Modularisierung der Automatisierungstechnik an. © Semodia

Die chemische und pharmazeutische Prozessindustrie durchlebt einen Wandel hin zu flexibleren Architekturen der Prozessanlagen, die durch eine deutlich verkürzte Errichtungs- und Umbauzeit der Anlagen gekennzeichnet sind. Diese Anforderungen haben den Markt für einen modularen Aufbau von Prozessanlagen eröffnet, da die bisherigen Produktionsanlagen in ihrer zusammenhängenden Bauweise nicht für Umbauten, sondern für eine Produktion eines Produktes auf die Dauer von ca. 30 Jahren ausgelegt sind.

Bei der modularen Architektur werden verfahrenstechnische Funktionen, wie z.B. Rühren, Reagieren, Dosieren oder Temperieren in einer Baueinheit gekapselt und die Anlage aus Einzelbausteinen, sogenannten Modulen, im Baukasten-Prinzip aufgebaut. Grundsätzlich wird zwischen Modulen mit einer eigenen und ohne eine eigene Steuerung unterschieden. Module ohne Steuerung, z. B. Package Units, werden während des Anlagenengineerings in ein Prozessleitsystem integriert. Dieser Schritt ist mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden, da die Signale der Package Unit manuell in das Prozessleitsystem integriert werden müssen, um eine Ansteuerung zu ermöglichen. Des Weiteren ist bei einem solchen Vorgehen auch die Flexibilität sehr eingeschränkt, da Umbauten mit einer erneuten Integration in das Prozessleitsystem verbunden sind. Module mit eigener Steuerung können aktuell nur dann mit geringem Aufwand integriert werden, wenn sowohl die Steuerungen aller Module, als auch das Prozessleitsystem vom gleichen Automatisierungshersteller sind. Eine Kommunikation zwischen Steuerungen und Prozessleitsystemen verschiedener Automatisierungshersteller erfordert hingegen eine manuelle Integration der Module.

Engineering-Workflow der modularen Prozessindustrie. © Semodia
Engineering-Workflow der modularen Prozessindustrie. © Semodia

Da die Anforderungen der Anlagenbetreiber durch die verfahrenstechnische Modularisierung und die monolithische Automatisierungstechnik nicht erfüllt werden konnten, wurde in den letzten Jahren ein tragfähiges Konzept zur Modularisierung der Verfahrens- und Automatisierungstechnik entwickelt.

Es wurde eine herstellerunabhängige Beschreibung der Automatisierung eines Moduls entwickelt und in der VDI/VDE/NAMUR-Richtlinienreihe 2658 standardisiert, die es erlaubt, mehrere Module mit Steuerungen verschiedener Hersteller in einen beliebigen Process Orchestration Layer (POL) bzw. Prozessleitsystem zu integrieren. Die Beschreibung eines Moduls erfolgt dabei über das sogenannte Module Type Package (MTP). Hierbei werden alle notwendigen Informationen, die für die Integration in ein POL notwendig sind, innerhalb des MTP beschrieben. Als Basis dient die Beschreibung aller zu kommunizierenden Variablen des OPC UA Servers der Steuerung im Modul. Weiterhin werden ein Bedienbild als Strukturbeschreibung, Dienste als gekapselte Prozessfunktionalitäten sowie unter anderem Aspekte hinsichtlich Alarme und Diagnose im MTP beschrieben. Generiert wird das MTP vom Modulhersteller im Modulengineering. Es wird als Datei im Anschluss vom Anlagenbetreiber in das Process Orches­tration Layer importiert. Somit können Module bereits vorproduziert werden und das Modulengineering aus dem zeitkritischen Pfad des Anlagenprojektes herausgezogen werden. Anschließend können über das MTP Module schnell und einfach in modulare Anlagen integriert werden, um ähnlich wie bei einem USB-Treiber ein Plug and Produce zu ermöglichen.

Durch den Einsatz des MTP wird eine starke Verkürzung der Time to Market durch den zweigeteilten Engineering Workflow und vorgefertigte Module erreicht. Gleichzeitig wird das Investitionsrisiko chemisch-pharmazeutischen Betriebe während des Markteinstiegs verringert, da die Produktionskapazität variabel auf den Markt angepasst werden kann. So kann die Anlage effizienter genutzt werden und ohne manuellen Aufwand durch Number­ing-up die Produktionskapazität gesteigert werden. Zudem kommt die Flexibilisierung der Anlagennutzung durch das Wiederverwenden von modularen Einheiten hinzu.
Insgesamt kann durch den Einsatz des MTP ein wesentlicher Beitrag zur Effizienzsteigerung modularer verfahrenstechnischer Anlagen auf allen Architekturebenen geleistet und damit Ressourcen in der Prozessindustrie eingespart werden.

Semodia hat sich ganz auf das MTP fokussiert. Als Lösungsanbieter für alle Fragen rund um das MTP unterstützen wir alle Stakeholder des Anlagenengineerings auf dem Weg zur Modularisierung vom Labor über das Technikum bis hin zur Produktionsanlage.

 

Autorin:  Anna Menschner, Semodia, Dresden

 

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