TU Darmstadt koordiniert BMWi-Forschungsprojekt Verena für chemisches Recycling
Chemikalien und Strom aus Müll gewinnen
Das Projekt hat ein Budget von insgesamt 11,1 Mio. EUR und wird mit einer Fördersumme von 8,3 Mio. EUR vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bezuschusst. Neben der TU Darmstadt nehmen zwölf weitere Partner aus der Forschung und der Industrie an diesem Projekt teil. Dazu zählen: Technische Universität München, TU Bergakademie Freiberg, Forschungszentrum Jülich, GTT-Technologies, VER Verfahrensingenieure, GKN Sinter Metals Filters, RWE Power, Mitsubishi Power Europe, Air Liquide, Schmidtsche Schack | ARVOS, Clariant und SUEZ.
Die moderne Wirtschaft basiert zu wesentlichen Teilen noch auf einer Linearwirtschaft, bei der aus importierten fossilen Rohstoffen nicht-recycelbare Produkte erzeugt werden. Deren Entsorgung stellt ein großes Problem dar, denn sie dürfen nicht mehr unbehandelt deponiert oder ins Ausland exportiert werden. Sie werden daher meist verbrannt. So lässt sich zwar eine Nutzung als Brennstoff erreichen, dieser Vorgang ist jedoch ineffizient und setzt zudem große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid frei.
Um nicht recycelbare Abfälle besser nutzbar zu machen, beschäftigt sich das Forschungskonsortium im Projekt Verena (Vergasungsprozesse mit integrierter Überschussstromeinbindung zur flexiblen Stromerzeugung und Herstellung synthetischer Energieträger aus Reststoffen) mit verschiedenen Vergasungsverfahren zur stofflichen und energetischen Nutzung diverser Reststoffe.
Bei der Vergasung werden in einem Reaktor (Vergaser) Stoffe erhitzt und in gasförmige Produkte überführt. Als bekanntes Beispiel gilt die Kohlevergasung, bei der aus Kohle Syntheseprodukte wie zum Beispiel Methanol als Grundstoff für die chemische Industrie gewonnen werden – ein Prozess, der außerhalb Europas noch verbreitet ist. Statt fossiler Brennstoffe soll im Rahmen von Verena nun die stoffliche und energetische Verwertung diverser Reststoffe mit verschiedenen Vergasungsverfahren untersucht werden. Bei der stofflichen Nutzung handelt es sich um sogenanntes „Chemical Recycling“ oder auch „Waste-to-Value“: Reststoffe und Hausmüll, die nicht über den klassischen Recycling-Weg verwertet werden, können so zu Grundchemikalien synthetisiert werden und den Ausgangsstoff für neue Kunststoffe bilden. Auf diese Weise kann eine geschlossene Abfallwirtschaft etabliert werden.
„Mit Chemical Recycling wird ein wichtiger Wertstoffkreislauf der Abfallwirtschaft geschlossen, und wir legen damit einen Grundstein für eine nachhaltige Zukunft“, erklärt Professor Bernd Epple, Leiter des Instituts für Energiesysteme und Energietechnik (EST) der TU Darmstadt.
Im Projekt wird eine Vielzahl von Reststoffen untersucht. Hierzu gehören unter anderem nicht-recycelbare Gewerbe- und Verpackungsabfälle, die entsprechend des Basler Übereinkommens seit 2019 nicht mehr aus der EU exportiert werden dürfen, Alt- und Schadholz sowie Klärschlamm, welcher in Deutschland nur noch begrenzt direkt als Dünger auf Feldern ausgebracht werden darf. Für diese Reststoffe fehlen derzeit etablierte und ökologisch verträgliche Nutzungspfade.
Die Vergasung von Abfallstoffen zu Synthesegasen ist ein Weg, um den enthaltenen Kohlenstoff als Grundlage für neue Chemikalien nutzbar zu machen. Alternativ könnte in Zeiten von geringer Stromproduktion durch Wind- und Solarkraftwerke aus den Vergasungsprodukten günstiger und emissionsarmer Strom produziert werden. Kombiniert man beide Verfahren, spricht man von Polygeneration.
Reststoffe stellen große Herausforderungen an die Vergasungstechnologien. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften ist zudem nicht jeder Reststoff für jedes Vergasungsverfahren geeignet. Daher werden in VERENA gleich fünf Verfahren von den verschiedenen Partnern untersucht.
Zusätzlich werden verschiedene Aspekte der Vergasung, Gasaufbereitung und Synthese von Chemikalien in Versuchsaufbauten im Labor- und Pilotmaßstab erforscht. An der TU Darmstadt wird die gesamte Prozesskette der Vergasung bis hin zur Methanolsynthese dargestellt und untersucht. Die dafür nötige Gasaufbereitungsanlage wurde im Rahmen des BMWi-Projekts Fabiene geplant und errichtet. Die Ergebnisse werden genutzt, um Simulationen zu erstellen und eine kommerzielle Anlage zu entwerfen und zu planen.
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