Märkte & Unternehmen

PMMA als idealer Werkstoff für die Kreislaufwirtschaft

Recyclingnetzwerk treibt nachhaltiges und wirtschaftlich effizientes Kreislaufsystem für Plexiglas voran

19.02.2025 - Der vielseitig einsetzbare Werkstoff Polymethylmethacrylat (PMMA) überzeugt vor allem durch seine Langlebigkeit und seine überragende Recyclingfähigkeit. Röhm hat bereits wichtige Schritte unternommen, um sein Marken-PMMA Plexiglas und andere Produkte in ein nachhaltiges System zu integrieren und die Recyclingquote zu steigern.

Eine zentrale Rolle dabei spielen nachhaltiges Design, chemisches Recycling und die Zusammenarbeit in einem Recyclingnetzwerk.

Unternehmen aller Branchen und Größen arbeiten daran, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern – z. B. durch Recycling. Denn Recycling reduziert Abfälle und entlastet die Umwelt. Darüber hinaus liefert es nachhaltige Produkte, die die Dekarbonisierung zahlreicher Industrien vorantreiben können.

Röhm verfolgt im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie Track 2030 ehrgeizige Ziele, die auf langfristigen Erfolg durch Innovation und Umweltbewusstsein ausgerichtet sind. Im Fokus stehen nicht nur die Verbesserung der Produktionsprozesse, sondern auch das Engagement für umweltfreundlichere Produkte und Lösungen. Ziel ist es, die Recyclingquoten zu erhöhen, den CO2-Fußabdruck zu minimieren und die Ressourceneffizienz zu verbessern. Diese Ziele fließen in das gesamte Produktportfolio und die angebotenen Services ein. Der Einsatz zirkulärer oder biobasierter Rohstoffe ist dabei ein wesentlicher Hebel, um bis 2030 die Emissionen gegenüber 2020 um 30 % zu reduzieren. Alle Produktionsstandorte in Deutschland und China, die das Monomer Methylmethacrylat (MMA) oder PMMA herstellen, sind nach ISCC-PLUS Standard für den Einsatz nachhaltiger Rohstoffe zertifiziert.

Nachhaltige Eigenschaften von PMMA 

Das Marken-PMMA Plexiglas wird besonders aufgrund seiner Vielseitigkeit sowie seiner herausragenden optischen Eigenschaften geschätzt und bringt bereits viele nachhaltige Eigenschaften mit: Es ist sehr gut recycelbar, langlebig und weist eine ausgezeichnete Bewitterungsbeständigkeit auf. Diese Merkmale machen den Werkstoff PMMA zu einer bevorzugten Wahl in Branchen, die höchste Ansprüche an Optik, Funktion und Ästhetik verbunden mit Langlebigkeit stellen.

Herausforderungen beim mechanischen Recycling von PMMA

Insofern verwundert es nicht, dass PMMA häufig in Anwendungen verwendet wird, bei denen der optische Anspruch und der Oberflächenglanz entscheidend sind. Bisher wurde der Recyclinganteil in diesen Anwendungen oftmals ausgeschlossen, da befürchtet wurde, dass die ästhetische Qualität leidet, weil es beim Recycling zu einer Vermischung unterschiedlicher Kunststoffe kommen könnte. Doch neue gesetzliche Anforderungen sowie geplante Änderungen wie die „End-of-Life Vehicles Directive“ (ELV) oder die „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) machen ein Umdenken erforderlich. So steigt auch die Nachfrage nach Produkten mit höheren Recyclinganteilen bei gleichzeitig deutlich reduziertem CO2-Fußabdruck.

Kreislaufwirtschaft und Recyclingquoten im Bereich PMMA

Die Herausforderungen des Kunststoffrecyclings zeigen sich deutlich am Beispiel des Autos: Von den insgesamt 150 bis 200 kg Kunststoff pro Fahrzeug entfallen durchschnittlich nur 2 bis 4 kg auf PMMA. Dadurch war der wirtschaftliche Anreiz, das Material gezielt aus dem Abfallstrom zu isolieren, bislang ausgesprochen gering. Selbst bei einer sorgfältigen Sammlung der Post-Consumer-PMMA-Abfälle, also von Endkunden weggeworfenen Kunststoffprodukten, besteht potenziell das Risiko einer Querkontamination. Solch eine Vermischung mit anderen Kunststoffen oder Fremdstoffen – wie bspw. mit Polycarbonat – kann erheblichen Einfluss auf die optische Qualität des Rezyklats haben.

Pilotprojekte und nachhaltige Designansätze

Trotz dieser Herausforderung hat Röhm im Rahmen seines Engagements für Nachhaltigkeit schon vor einigen Jahren verschiedene Pilotprojekte mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette gestartet. Dabei wurden u. a. Post-Consumer-Abfälle aus der Automobilindustrie, wie z. B. Rückleuchten, mechanisch recycelt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Material selbst nach einer 20-jährigen Nutzungsdauer wieder stofflich in den Kreislauf zurückgeführt werden kann. Allerdings ist der Reinigungs- und Sortieraufwand dabei relativ groß. 

 

„Es ist wichtig, Designanpassungen zügig umzusetzen,
um frühzeitig die Voraussetzungen für
eine nachhaltigere Kreislaufwirtschaft zu schaffen.“

 



Eine wichtige Erkenntnis: Durch intelligentes und nachhaltiges Design der Endprodukte wie bspw. Rückleuchten könnte die Rücklaufquote des Materials in Zukunft deutlich gesteigert werden. Designänderungen, die das Recyclingmaterial leichter trennbar machen, wie der Einsatz von Monomaterialsystemen und der Verzicht auf Mehrschichtsysteme, können die Effizienz des Recyclingprozesses verbessern. Allerdings entfalten solche Maßnahmen zur Erhöhung des Recyclingrückstroms ihre volle Wirkung erst nach etwa 15 Jahren, da das Material eine lange Nutzungsdauer hat. Deshalb ist es wichtig, solche Designanpassungen zügig umzusetzen, um frühzeitig die Voraussetzungen für eine nachhaltigere Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

Chemisches Recycling und Massenbilanzierung als Chance

Eine vielversprechende Lösung zur sofortigen Erhöhung der Recyclingquote von PMMA bietet chemisches Recycling in Kombination mit Massenbilanzierung. Hierbei wird das Material wieder in seine chemischen Bausteine zerlegt, die dank neuentwickelter Technologien von Verunreinigungen getrennt und wiederverwendet werden können. Das Endprodukt erreicht das Niveau von Neuwarequalität, was es wieder für hochwertige Anwendungen nutzbar macht. Dieser Ansatz ermöglicht es, PMMA effizienter zu recyceln, während die Qualität des Endprodukts gewahrt bleibt.

 

„Durch intelligentes und nachhaltiges Design der Endprodukte
wie bspw. Rückleuchten könnte die Rücklaufquote
für PMMA deutlich gesteigert werden.“

 



Post-Consumer Abfälle als Rohstoff nutzen

Marktstudien schätzen den jährlichen Verbrauch von PMMA in Europa auf 400 kt, wobei der Anteil an recyceltem Material derzeit unter 10 % liegt. Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit von post-industriellem PMMA-Abfall kann ein Markt für recycelte Rohstoffe nur dann ausgebaut werden, wenn zusätzlich der Post-Consumer Bereich einbezogen wird. Der Aufbau eines funktionierenden Kreislaufwirtschaftssystems scheiterte bislang am Fehlen eines Logistik- und Sortiersystems sowie Partnern, die bereit sind, den Kreislauf aktiv mit aufzubauen.

Diese Herausforderung haben die Unternehmen Pekutherm, Nextchem (MyRemono) und Röhm aufgegriffen und eine europaweite Allianz für das PMMA-Recycling gegründet. Das Konzept funktioniert wie folgt: PMMA wird zunächst bei Kunden, Verbrauchern und Wertstoffsammelstellen eingesammelt. Anschließend wird das Material mithilfe neuentwickelter Technologien zu PMMA und MMA in Neuwarequalität aufbereitet, aus denen neue Kunststoffe produziert werden können. Damit schließt sich der Kreis.

PMMA zeichnet sich durch eine lange Lebensdauer aus, in der keine witterungsbedinge Alterung auftritt. Dennoch können anhaftende Fremdstoffe das spätere mechanische Recycling erschweren. In diesem Fall kann PMMA dank der innovativen NXRe Technologie des Netzwerkpartners MyRemono mit geringem Energieaufwand und in hohen Ausbeuten in seine chemische Vorstufe MMA zurückgespalten werden. Aufgereinigt mittels eines von Röhm entwickelten Verfahrens lässt sich dieses Monomer anschließend wieder in PMMA in Neuwarequalität umwandeln.

Gemeinsame Kraftanstrengung für die PMMA-Kreislaufwirtschaft

Mit ihrer Zusammenarbeit setzt die Allianz auf vier entscheidende Stärken. 
Erstens Effizienz: In einem mehrstufigen Sammel- und Sortiersystem des Netzwerkpartners Pekutherm, das auch für kleinere Betriebe funktioniert, wird für jedes Material die am besten geeignete Recyclingtechnologie ausgewählt. Zertifizierte Fachbetriebe in Europa prüfen, ob die Wertstoffe für das mechanische Recycling geeignet sind. 
Zweitens verspricht das System Einfachheit: Teilnehmende Unternehmen profitieren von einem unkomplizierten System mit Sammelboxen, inkl. dazugehöriger Logistik. Für Recyclingunternehmen wird die sortenreine Sammlung von PMMA dadurch wirtschaftlich attraktiv. 

Drittens zeichnen sich die eingesetzten Aufarbeitungsverfahren durch Flexibilität aus: Selbst verschmutzte oder gemischte PMMA-Abfälle können dank innovativer Technologien zu Produkten in Neuwarequalität recycelt werden. 

 

„Durch eine intelligente Kombination von mechanischem und chemischem Recycling kann eine deutliche Erhöhung der Recyclingquote am Ende der Nutzungsphase eines Produkts erreicht werden.“

 



Und viertens: Kunden haben die Wahl, wie sie schrittweise ihre eigene Dekarbonisierung vorantreiben und zuverlässig nachhaltige PMMA-Produkte beziehen. Selbsterklärtes Ziel des neuen Netzwerks ist Wachstum: Alle Verarbeiter, Kunden und Verbraucher von PMMA in Europa sind eingeladen, Teil dieses Netzwerks zu werden.

Eine deutliche Erhöhung der Recyclingquote am Ende der Nutzungsphase eines Produkts kann durch eine intelligente Kombination von mechanischem und chemischem Recycling erreicht werden. Schlüssel für den Erfolg sind die enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette und der Wille, etablierte Prozesse neu zu denken. Dies umfasst die Entwicklung von Produkten, die recycelbar gestaltet werden (Design for Recycling) sowie eine systematische Sammlung und Rückführung von Post-Consumer-Abfällen. Hierzu haben die Partner des Recyclingnetzwerks den Grundstein gelegt.

Lukas Dössel und Sven Schröbel, Röhm GmbH, Darmstadt

____________________________________________________________________________________________________________________________

Dieser Beitrag ist Teil der CHEManager-Serie über Kunststoffrecycling in Kooperation mit Plastics Europe Deutschland.

____________________________________________________________________________________________________________________________

ZUR PERSON
Lukas Dössel ist Director Circular Economy bei Röhm in Darmstadt. Seine berufliche Laufbahn begann er 2011 bei Evonik im Bereich der PMMA-Polymere. Im Laufe seiner Karriere hatte er verschiedene Führungspositionen inne, darunter Laborleiter und Produktmanager. Anschließend war er für Röhm als Commercial Director in den USA tätig. 

ZUR PERSON
Sven Schröbel ist Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements im Geschäftsbereich Molding Compounds bei Röhm. Während seiner mehr als 30-jährigen Karriere bei Röhm sammelte er umfangreiche Erfahrung in verschiedenen Funktionen, darunter Materialprüfung, Business Development und Produktmanagement im Bereich Automotive.

Downloads

Kontakt

Röhm GmbH

Deutsche-Telekom-Allee 9
64295 Darmstadt
Deutschland

+49 6151 863-7000