T.A. Cook erläutert effektives Risikomanagement beim Anlagenstillstand
04.05.2016 -
Anlagenabstellungen nehmen in vielen Unternehmen, insbesondere in der Prozessindustrie und Energieerzeugung, eine herausragende Stellung ein. Es gilt einerseits notwendige Instandhaltungsmaßnahmen kosteneffizient und qualitätsgerecht abzuwickeln und andererseits die Stillstandszeiten innerhalb des Produktionsprozesses zu minimieren. Im zertifizierten Lehrgang Turnaround Management Kompakt der Berliner Unternehmensberatung T.A. Cook lernen Teilnehmer, mit welchen Methoden und Ansätzen sie ihre Stillstandsprojekte erfolgreich meistern. Dabei erleben sie aus erster Hand, wie andere Industrieunternehmen ihre Anlagenabstellungen vorbereiten und durchführen. Ziel ist es, ihnen durch die Fachbeiträge erfahrener Experten von BASF, Bayer, Evonik, SMS Group, und TÜV Süd „Best Practice“-Methoden an die Hand zu geben, die ihnen dabei helfen den nächsten Anlagenstillstand zu optimieren.
Von März bis November 2016 haben Interessierte die Möglichkeit, sich das Programm selbst zusammenzustellen. Die inhaltlich aufeinander abgestimmten Module zu den Themen „Scope- und Risikomanagement“, „Planung, Budgetierung und Vertragsgestaltung“ sowie „Terminplanung und operatives Stillstandsmanagement“ können Teilnehmer entweder einzeln buchen oder die gesamte Seminarreihe absolvieren und als Abschluss eine Turnaround-Projektsimulation durchführen. Wer am Ende des Lehrgangs das Planspiel namens „TARfighter“ erfolgreich durchläuft, erhält sein persönliches Zertifikat, ausgestellt von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim und dem Veranstaltungsleiter, stellvertretend für den renommierten Fachbeirat.
Scope- und Risikomanagement
Den Auftakt geben Seminarleiter Stephan Vogel (T.A. Cook) und Dr. Jürgen Deininger (TÜV Süd). „Der Aufgaben- und Arbeitsumfang, auch Scope genannt, ist entscheidend um Stillstandsprojekte erfolgreich vorzubereiten und durchzuführen“, so Turnaround Practice Leader Gert Müller. Er bildet das Fundament eines jeden Projekts, wenn es darum geht sicherzustellen, dass frühzeitig der richtige Scope fixiert wird. Abweichungen können schwerwiegende Folgen haben und sich negativ auf Stillstandskosten sowie -dauer auswirken. Dieses Modul ermöglicht den Teilnehmern einen vertieften Einblick, wie mit Hilfe praktischer Methoden der optimale Scope entwickelt werden kann. „Entscheidend ist dabei, dass der geplante Umfang hinsichtlich der Frage, was technisch richtig und sinnvoll ist, angepasst wird“, sagt Dr. Deininger. Dadurch kann gleichzeitig ein „besseres Gefühl“ für den bevorstehenden Stillstand und die nächste Betriebsperiode entwickelt werden. „Ein gutes Scope Management erfordert verbindliche Spielregeln und Termine, an die sich alle Beteiligten halten müssen“, so Müller weiter.
Um das Ganze zu veranschaulichen, werden die Teilnehmer in Gruppen eingeteilt. Die Aufgabe lautet, innerhalb von 15 min. aus 250 Legosteinen einen Turm sowohl zu planen als auch zu bauen. Das exemplarische „Turmspiel“ soll einen Stillstand spielerisch nachempfinden. Gewonnen hat am Ende das Team, dem es gelingt, den größten Turm mit den wenigsten Steinen zu erbauen. Neben der Höhe ist jedoch auch die Qualität maßgebend – der Turm muss für eine gewisse Zeit stehen, ohne umzufallen. Den Beteiligten soll vermittelt werden, dass es für den Projekterfolg entscheidend ist, Aufgaben rechtzeitig und mit hoher Qualität zu erarbeiten. Der Einfluss auf Kosten, Dauer, Komplexität und somit auch Risiken sind in dieser Phase noch am größten und können gezielt vermieden werden. Ein so genannter „Scope Freeze“ ist bei größeren Anlagenabstellungen deshalb essentiell. Etwa zwölf Monate vor dem Stillstand wird dieser herbeigeführt, um den festgelegten Arbeits- und Aufgabenumfang gewissermaßen einzufrieren. In diesem Zusammenhang erfahren die Teilnehmer, wie sie effektiv mit Scope-Änderungen, beispielsweise Abweichungen wie Mehr- oder Minderarbeiten, in den darauffolgenden Monaten umgehen.
Ein Anlagenstillstand birgt neben vielen Risiken auch Chancen, die rechtzeitig erkannt werden müssen. Zwar werden die Begriffe „Risiko“ und „Gefahr“ häufig synonym verwendet, doch es handelt sich dabei um zweierlei Paar Schuhe, da sind sich der Experte Deininger und Practice Leader Müller einig. Während es bei Risiken darum geht, diese zunächst wahrzunehmen und abzuwägen unter welchen Bedingungen ein Schaden entstehen könnte, besteht Gefahr erst dann, wenn eine Situation tatsächlich schaden kann. „Nur wenn sich alle Beteiligten dessen bewusst sind und ein strukturierter Prozess stattgefunden hat, Risiken und Gefahren zu identifizieren, können notwendige Schritte eingeleitet und erforderliche Maßnahmen umgesetzt werden“, sagt Müller. Im zweiten Teil des Moduls wird somit aufgezeigt wie wichtig es ist, von Anfang an mögliche Probleme zu antizipieren, zu eliminieren oder abzumildern und ggf. Gegenmaßnahmen (Plan B-Szenarien) einzuleiten. Dabei nehmen Teilnehmer neben Grundlagen des Risikomanagements auch Tipps mit nach Hause, wie sie mit Risiken und Chancen in der Turnaround-Vorbereitung und -Durchführung umgehen können.
Das Risikoprofil verändert sich im Laufe der langen Vorbereitungsphase, die teilweise bis zu drei Jahre andauern kann. Umso bedeutsamer ist es, diese regelmäßig zu überprüfen und das Risikoregister aktuell zu halten, worauf beim Thema Risikomanagementprozess eingegangen wird. Neben den erwähnten Risiken gilt es auch, Chancen zu identifizieren. Dr. Deininger greift dies in seinem Fachbeitrag über die Möglichkeiten im Rahmen der Betriebssicherheitsverordnung auf. „Anlagenbetreiber haben beispielsweise die Chance mithilfe eines Prüfkonzepts ein angepasstes Inspektionsprogramm zu entwickeln, mit dem, im Gegensatz zu einer weiterhin möglichen Einzelfallbetrachtung, für einen Druckbehälter eine systematische Vorgehensweise umgesetzt werden kann“, erklärt der Experte.
Teilnehmende Unternehmen haben es durch ein intelligentes Risiko-Management geschafft, die Sicherheit dauerhaft zu erhöhen und gleichzeitig die Abstände ihrer Revisionen signifikant zu verlängern. Dadurch konnten zudem die Deckungsbeiträge durch geringere Stillstandszeiten gesteigert werden. Viele Unternehmen betrachten Risiko-Management zu einseitig: „Hinter jedem Risiko steckt auch eine Chance!“, sagt Müller und das Potenzial hinsichtlich einer effizienteren und effektiveren Abwicklung ist nicht zu unterschätzen.