Mikroverkapselung mit Schweizer Präzision
Microcaps entwickelt Verfahren für die kontrollierte Freisetzung von aktiven Wirk- und Inhaltsstoffen
Microcaps ist ein Schweizer Start-up-Unternehmen, das eine neuartige, hochpräzise Mikroverkapselungstechnologie mit skalierbarer Produktionskapazität entwickelt hat. Anwendung findet die Technologie bei Wirk- und Inhaltsstoffen für Pharmazeutika, Kosmetika und Nahrungsmittel. CHEManager befragte Mitgründer und Co-CEO Michael Hagander zur Technologie und den weiteren Plänen.
CHEManager: Wie entstand die Idee, sich mit dem Thema Mikroverkapselung zu befassen?
Michael Hagander: Ursprünglich hat sich Alessandro Ofner mit der Mikrofluidiktechnologie beschäftig. Der damalige Stand der Technik erlaubte es, größenkontrollierte Tropfen herzustellen, mit der Idee, so Bluttests machen zu können. Allerdings konnte man damals nur sehr spezifische Öle verwenden und lediglich im Labormaßstab arbeiten. Alessandro hat sich dann während seinem Doktorat an der ETH Zürich damit beschäftigt, die Technologie robuster und skalierbar zu machen. Gleichzeitig haben wir zusammen angefangen, aus den hergestellten Tropfen Kapseln und Partikel herzustellen.
Was gab den Ausschlag, Unternehmer zu werden und ein Start-up zu gründen?
M. Hagander: Wir hatten beide bereits vor der konkreten Idee den Wunsch gehabt, etwas Eigenes zu starten und unsere eigenen Visionen zu verfolgen. Als wir dann an der ETH zusammen an der Technologie gearbeitet haben, kam schnell die Frage nach kommerziellen Anwendungen auf. Wir haben angefangen, über unser Netzwerk in der Industrie anzufragen, ob Interesse an unserer Technologie bestehen würde, und das Feedback war ausgesprochen positiv. Mit dieser Motivation haben wir einen ersten Businessplan geschrieben und uns bei Start-up-Förderprogrammen beworben.
„Mit Aenova als Partner haben wir die Möglichkeit, Pharmakapseln herzustellen, mit Modellwirkstoffen zu testen und bis zur Marktreife weiterzuentwickeln. "
Mikroverkapselung ist nicht neu, was ist das Besondere an Ihrer Technologie?
M. Hagander: Als erstes springt einem die sehr enge Größenverteilung ins Auge. Alle Mikrokapseln sind genau gleich groß und erlauben damit Kontrolle über Dosierung und Freisetzung der verkapselten Wirkstoffe. Das liegt an unserem Herstellungsprozess, der auf der erwähnten Mikrofluidik basiert. Dieser bringt weitere Vorteile mit sich: Unsere Verkapselungseffizienz ist mit bis zu 98 % sehr hoch, der Prozess findet ohne Scherkräfte statt und ist deshalb sehr schonend für die Wirkstoffe, und wir haben sehr viele Stellparameter, um die Kapseln an die Kundenbedürfnisse anpassen zu können. Größen von 3 mm bis 10 µm sind möglich, unterschiedlichste Materialien und Freisetzungsmechanismen stehen uns offen.
Welche Erfahrungen haben Sie als Gründer bislang gemacht, wo fanden Sie Unterstützung?
M. Hagander: Wir haben das Glück, dass die Schweiz eine sehr lebendige Gründergemeinschaft hat und vor allem sehr viele Unterstützungsprogramme für Ideen ab den Hochschulen vorhanden sind. Wir konnten unsere ersten beiden Jahre fast vollständig durch Start-up Grants und Wettbewerbsgelder finanzieren. Hinzu kommt, dass man auch inhaltlich von anderen erfahrenen Gründern und Industrieexperten Unterstützung einholen kann. Wir spüren auch eine sehr große Motivation unserer Mitarbeiter und von Bewerbern, etwas anzustoßen, etwas zu bewirken und neue Sachen zu entwickeln, was zu einer tollen Dynamik im Team führt. Auch aus der Industrie kommt große Unterstützung, da Start-ups schnelle Innovation liefern können, ohne durch Unternehmensprozesse eingeschränkt zu sein.
Welche Hürden haben Sie bislang gemeistert, welche liegen noch vor Ihnen?
M. Hagander: Die größte unternehmerische Hürde war das erste Produkt eines unserer Kunden, welches auf den Markt gekommen ist. Das Kosmetikserum wird auf der ganzen Welt verkauft und es ist unglaublich toll, dieses Produkt in den Läden zu sehen. Das war für uns der Beweis, dass wir eine Technologie haben, die Marktreife erreichen kann und nicht nur im Labormaßstab funktioniert. Das bringt mich zur größten technischen Hürde, unserer Produktionsanlage. Wir haben in den letzten drei Jahren unseren Prozess skaliert und können heute über 100 kg Kapseln pro Tag herstellen. Zusätzlich haben wir den ganzen Prozess automatisiert, was die weitere Skalierung in den Tonnenmaßstab ermöglicht. Unsere nächsten Ziele sind es, erste Produkte im Nutrition-Markt zu lancieren und die ersten Projekte im Pharmabereich anzustoßen. Es gibt so viele interessante Anwendungen für Mikrokapseln und wir haben das Ziel, einen neuen Qualitätsstandard zu etablieren.
Welches sind die nächsten Schritte zur Weiterentwicklung der Technologie und der Firma?
M. Hagander: Um die genannten Ziele zu erreichen, werden wir die Funktionalität der Kapseln weiterentwickeln. Idealerweise machen wir das jeweils zusammen mit einem starken Partner, der die Anforderungen und Schwierigkeiten der Industrie kennt. Genau definierte technische Problemstellungen erlauben es uns in kurzer Zeit, spezifische Lösungen zu entwickeln. Im Pharmabereich können wir zum Beispiel Kapseln entwickeln, die eine kontrollierte Freisetzung eines Wirkstoffs über eine bestimmte Zeit ermöglichen. Mit Aenova als Partner haben wir die Möglichkeit, solche Kapseln herzustellen, mit Modellwirkstoffen zu testen und bis zur Marktreife weiterzuentwickeln.
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Zur Person
Michael Hagander studierte Maschinenbau und erwarb 2019 seinen Masterabschluss an der ETH Zürich. 2018 begann er gemeinsam mit Alessandro Ofner an der Idee für Microcaps zu arbeiten und ist seit der Gründung Co-CEO. Zuvor studierte er Aviatik an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er ist seit seinem 18. Lebensjahr Pilot und arbeitet nebenberuflich für Air-Connect International.
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Business Idea
Von der Idee bis zur Produktion
Microcaps entwickelt maßgeschneiderte Produktlösungen im Bereich der Mikroverkapselung für die Kosmetik-, Food & Nutrition- und Health & Pharmamärkte. Die patentierte Technologie erlaubt es, je nach Anwendung, Wirkstoff und Anforderungsprofil, Mikrokapseln zu entwickeln, die alle in Zusammensetzung und Größe identisch sind und somit hochpräzise eingesetzt werden können. Damit ist Microcaps weltweit die einzige Firma, die eine Produktion im industriellen Maßstab ermöglicht, ohne dabei Abstriche bei der Präzision des hergestellten Produkts in Kauf nehmen zu müssen.
Mit dem Fokus auf das Endprodukt arbeitet das Team um die beiden Gründer Michael Hagander und Alessandro Ofner mit den Kunden von der Idee bis zur Produktion zusammen. Produktbeispiele finden sich in der Kosmetik, wo mit Mikrokapseln hochwertige Aktivwirkstoffe wie Vitamine, Kollagen oder Naturstoffextrakte sowie Duftstoffe auf Ölbasis in wunderschöner Form in wässrige Seren oder Cremes integriert werden können. Oder in der Lebensmitteltechnologie, wo Geschmackstoffe stabilisiert und geschützt werden, bis zum Genuss beim Konsumenten. Es können aber auch bittere Nährstoffe in Lebensmittel verpackt werden, indem man ihren Geschmack maskiert und so keinen Verzicht beim Genuss hat und trotzdem von der biologischen Wirkung des Stoffes profitieren kann. In der Pharmazie ermöglicht die Technologie neben den erwähnten Eigenschaften auch eine langanhaltende Freisetzung der Wirkstoffe, um eine perfekte Dosierung über die Zeit zu ermöglichen.
Als Solution Provider verkauft Microcaps Produktionsanlagen und lizenziert die patentierten Formulierungen und Prozesse zusammen mit einem Servicemodell an Kunden. Ziel des Start-ups ist es, durch individuelle Lösungen und Produkte Wertschöpfung für den Kunden generieren zu können.
Microcaps AG, Schlieren, Schweiz
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Elevator Pitch
Meilensteine und Ziele
Microcaps ist ein Schweizer Start-up, das basierend auf einer vom Gründerteam an der ETH Zürich entwickelten innovativen Mikroverkapselungstechnologie neue Maßstäbe bei der Freisetzung con aktiven Wirkstoffen in der Kosmetik, Pharma- und Ernährungsindustrie etablieren will. Seit der Gründung durch Michael Hagander und Alessandro Ofner im März 2019 ist das mehrfach ausgezeichnete Unternehmen auf knapp 20 Mitarbeitende gewachsen und hat mittlerweile im Bio-Technopark in Schlieren im Kanton Zürich ein neues Zuhause gefunden. Mit initialem Fokus auf den Kosmetikmarkt hat Microcaps mit der Schweizer Firma La Prairie einen ersten globalen Partner gefunden, der auf die neue Technologie setzt. Das Produkt ‘Harmony’ , ein Hautpflegeserum des Luxusartikelherstellers, ist seit September 2022 weltweit erhältlich und damit das erste Produkt im kommerziellen Handel, das auf der Technologie von Microcaps basiert.
Diese Technologie bietet mehrere Vorteile für die Herstellung von Mikrokapseln. Nicht nur sind diese alle gleich groß und sehen dadurch fantastisch aus. Der Prozess erlaubt es auch Pigmente und Farben unterschiedlichster Art in die Kapseln zu integrieren, was den Kunden individuelle visuelle Effekte ermöglicht. Hinzu kommt, dass die Kapseln aus komplett natürlichen Rohstoffen bestehen und kein Mikroplastik enthalten. Die nächste Generation Kapseln bietet zudem zusätzliche Funktionalität, indem sie es ermöglicht, die Wirkstoffe vor UV-Licht und Sauerstoff zu schützen. Während das Start-up im Bereich der Kosmetik weiter wächst, ist auch die Erweiterung in die Bereiche Lebensmittel und Pharma bereits in vollem Gange. Im November 2022 wurde ein von Microcaps entwickelter, veganer Kaviar von einem Haute-Cuisine Chef serviert. Auf der CPHI Frankfurt 2022 haben Microcaps und Aenova im vergangenen November eine Partnerschaft angekündigt, welche die Technologie auch im Pharmasektor näher an die Markteinführung bringen wird.
Schon zu Beginn seiner jungen Firmengeschichte hat Microcaps verschiedene Start-up Preise gewinnen können. Im Dezember 2020 wurde die erste Finanzierungsrunde von 5 Mio. EUR durchgeführt., mit der die Entwicklung der Pilotanlage bis hin zur Produktion des ersten Produkts finanziert wurde. Als nächste Schritte plant das Start-up die Expansion im Kosmetikmarkt, die weitere Expansion im Pharmamarkt durch die Partnerschaft mit Aenova, die Markteinführung des erstes Nutrition-Produkts, die Kapazitätserweiterung auf ein Produktionsvolumen von 1 t/d sowie die funktionale Erweiterung der Formulierungen.
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