Forschung & Innovation

Chemie wird grün und kreislauffähig

Biosimo produziert erneuerbare Plattformchemikalien aus Bioethanol für eine kreislauffähige Industrie der Zukunft

16.04.2025 - Die chemische Industrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Fossile Rohstoffe müssen durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden. Das 2022 gegründete Schweizer Cleantech-Start-up Biosimo entwickelt skalierbare Prozesse, um aus Bioethanol essenzielle Plattformchemikalien wie Essigsäure herzustellen.

Die chemische Industrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Fossile Rohstoffe müssen durch nachhaltige Alternativen ersetzt werden. Das 2022 gegründete Schweizer Cleantech-Start-up Biosimo entwickelt skalierbare Prozesse, um aus Bioethanol essenzielle Plattformchemikalien wie Essigsäure herzustellen – erneuerbar, wirtschaftlich und kreislauffähig. Damit schafft Biosimo eine grüne Alternative zu importierten petrochemischen Produkten. Die Gründer, Sotiria Mostrou (CEO) und Maximilian Moser (CTO), erläutern den bisherigen Weg und die künftigen Pläne und Ziele ihres jungen Unternehmens.

CHEManager: Was war die Initialzündung, die zur Gründung von Biosimo führte?

Sotiria Mostrou: Während meiner Promotion an der ETH Zürich habe ich an neuen katalytischen Verfahren gearbeitet, um Bioethanol in essenzielle Chemikalien wie Essigsäure umzuwandeln. Mir wurde schnell klar, dass wir hier einen industriell relevanten Durchbruch in der Hand halten – einen Prozess, der nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlich konkurrenzfähig ist. Die Gründung von Biosimo gemeinsam mit Maximiliam Moser im Mai 2022 war der logische Schritt, um diese Technologie aus dem Labor in die industrielle Anwendung zu bringen und einen echten Beitrag zur Defossilisierung der Chemie zu leisten.

Welche Probleme adressieren Sie mit Ihrer Innovation?

Maximilian Moser: Die chemische Industrie ist zu über 85 % von fossilen Rohstoffen abhängig – insbesondere bei Grundchemikalien wie Essigsäure. Gleichzeitig ist Europa stark auf Importe angewiesen und dadurch geopolitisch verwundbar. Unser Prozess ersetzt fossiles ­Methanol durch erneuerbares Bioethanol und ermöglicht es, Chemikalien lokal, emis­sionsarm und unabhängig von fossilen Quellen zu produzieren. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch zur industriellen Resilienz Europas.

Was kann Ihre Technologie, was andere nicht können? Welchen bisher als unerreichbar angesehenen Wandel in der Industrie machen Sie möglich?

S. Mostrou: Unser Prozess kombiniert hohe Effizienz mit Nachhaltigkeit – etwas, das bisherige biobasierte Verfahren kaum leisten konnten. Wir wandeln verdünntes Bioethanol bei moderaten Temperaturen mit über 98 % Selektivität in Essigsäure um, vermeiden dabei CO2-Nebenprodukte und nutzen die entstehende Wärme zur Eigenversorgung der Anlage. Dieser Grad an Energieeffizienz, Skalierbarkeit und Flexibilität beim Einsatz unterschiedlicher Bioethanolquellen ist einzigartig – und erlaubt erstmals eine echte fossilfreie Massenproduktion von Plattformchemikalien.

Was war bislang Ihr größter Meilenstein?

M. Moser: Der bisher größte Erfolg war der erfolgreiche Langzeittest unserer Pilotanlage mit über 8.000 Betriebsstunden. Dabei konnten wir die industrielle Machbarkeit und die hervorragende Performance unseres Katalysators bestätigen – mit exzellenten Umwandlungsraten und Produktreinheiten. Parallel dazu haben wir erste Mengen an biobasierter Essigsäure an Pilotkunden aus der Klebstoff-, Kosmetik- und Pharma­branche verkauft, die Pilotmengen der grünen Essigsäure testeten – in jeweils unterschiedlichen Qualitäten, Reinheiten und Mengen. Diese Markt­rückmeldung zeigt: Die Industrie sucht nach genau solchen Lösungen. Und diese enge Kundeneinbindung prägt den Entwicklungsansatz von Biosimo bis heute.

Welche Pläne und Ziele verfolgen Sie aktuell für die Weiterentwicklung Ihres Unternehmens?

S. Mostrou: Unser nächstes Ziel ist der Bau einer Demonstrationsanlage mit einer Jahreskapazität von 1.000 bis 5.000 t. Parallel erweitern wir unser Portfolio um Folgeprodukte wie biobasiertes Aceton und Vinyl­acetat. Ziel ist es, die Technologie unter realen Bedingungen weiter zu optimieren und die Skalierbarkeit grüner Chemikalien entlang echter Marktanforderungen zu validieren. Technisch fokussieren wir uns auf die Optimierung des Reaktordesigns und die nächste Generation unseres Katalysators. Langfristig wollen wir bis 2032 in den kommerziellen Großmaßstab skalieren – mit einer Kapazität von bis zu 250.000 t/a. Damit machen wir nachhaltige Chemie nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich wettbewerbsfähig und breit verfügbar.

 

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Zu den Personen

Sotiria Mostrou ist CEO und Mitgründerin von Biosimo. Sie studierte Chemieingenieurwesen, Verfahrenstechnik und heterogene Katalyse an der Universität Budapest und der ETH Zürich, wo sie auch promovierte. Ihre Forschung legte die technologische Basis von Biosimo. Berufliche Stationen bei Johnson & Johnson und Alstom ergänzen ihr Profil. Sie vereint wissenschaftliche Exzellenz mit unternehmerischer Führung.

Maximilian Moser ist CTO und Mitgründer von Biosimo. Er studierte Chemieingenieurwesen an der TU München und ETH Zürich, wo er auch promovierte. Nach Stationen bei BCG und Siegfried spezialisierte er sich auf Strategie, Prozessentwicklung und Scale-up nachhaltiger Technologien. Seine Expertise reicht von Katalyse bis IP-Management – mit Fokus auf die industrielle Umsetzung grüner Chemie.

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 Lampe   Business Idea

 

Grüne Chemie aus Bioethanol


Biosimo entwickelt skalierbare Prozesse zur Herstellung biobasierter Plattformchemikalien aus Bioethanol. Im Fokus steht ein neuartiges, heterogen katalysiertes Verfahren zur Produktion von Essigsäure, das gegenüber fossilen Verfahren rund 90 % CO2-Emissionen und bis zu 40 % Energie einspart. Die Technologie basiert auf einer Gas-Flüssig-Fest-Reaktion mit einem eigens entwickelten Ruthenium-Katalysator, der in einem kontinuierlich betriebenen Trickle-Bed-Reaktor eingesetzt wird.
Die entstehende Wärme aus der exothermen Reaktion wird genutzt, um die nachgelagerte Produktaufreinigung durch Destillation und Extraktion energieeffizient zu gestalten. So wird nicht nur der Rohstoff, sondern auch der Energieeinsatz defossilisiert. Der Prozess verarbeitet verschiedenste Bioethanolquellen – von Zuckerrüben bis Miscanthus – und ist damit flexibel und unabhängig von fossilen Importen.
Geschäftlich verfolgt Biosimo ein duales Modell: Zum einen werden biobasierte Essigsäure und ihre Derivate (z.B. Aceton, Vinylacetat) direkt vermarktet, zum anderen plant das Unternehmen die Lizenzierung seiner Technologie an internationale Chemieproduzenten. Damit adressiert Biosimo sowohl die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Grundstoffen in Europa als auch die globale Transformation der chemischen Industrie.
Die Skalierung erfolgt stufenweise: Nach einem erfolgreichen Pilottest mit über 8.000 Betriebsstunden plant Biosimo eine Demonstrationsanlage (1.000 – 5.000 t/a) bis 2028 und die Kommerzialisierung im industriellen Maßstab (bis zu 250.000 t/a) bis 2032. Ziel ist es, biobasierte Chemikalien zum neuen Industriestandard zu machen – ohne Preisaufschlag, aber mit echter Klimawirkung.

 

logo

Biosimo AG, Schlieren, Schweiz
www.biosimo-chemicals.com

 Elevator   Elevator Pitch

 

Von der Idee zur grünen Skalierung


Die Idee für Biosimo entstand während der Doktorarbeit von Sotiria Mostrou an der ETH Zürich. Ihre Forschung zur selektiven Oxidation von Bioethanol legte den Grundstein für einen neuen, skalierbaren Prozess zur Herstellung von Essig­säure aus erneuerbaren Rohstoffen. Gemeinsam mit Maximilian Moser wurde 2022 das Start-up Biosimo gegründet – mit dem Ziel, fossile Plattformchemikalien durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen.
Nach dem Aufbau eines ersten Labors folgte der Technologietransfer in eine Pilotanlage, die bei der ZHAW in Winterthur installiert wurde. Ein zentraler Meilenstein war die erfolgreiche Langzeitvalidierung mit über 8.000 Betriebsstunden. Parallel dazu wurden erste Kunden aus der Klebstoff-, Kosmetik-, Pharma- und Energiewirtschaft gewonnen.
Aktuell bereitet das Team den Bau einer Demonstrationsanlage mit bis zu 5.000 t Jahreskapazität vor. Ziel ist es, die Technologie weiter zu optimieren und die Skalierbarkeit grüner Chemikalien entlang echter Marktanforderungen zu validieren. Bis 2032 soll die Kommerzialisierung im industriellen Maßstab mit einer Produktionskapazität von bis zu 250.000 t/a erfolgen.
Langfristig will Biosimo einen neuen Standard setzen: grüne Chemikalien, die nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich wettbewerbsfähig und verfügbar sind.

Meilensteine

  • 2022

- Gründung der Biosimo AG als  Spin-off der ETH Zürich
- Proof of Concept und Minimum Viable Product für Essigsäure
- Abschluss Venture Kick Level 3
- Pre-Seed-Finanzierungsrunde über ca. 1 Mio. CHF

  • 2023

- Inbetriebnahme der Mini-Pilotanlage am Standort Zürich
- Erste Produktverkäufe biobasierter Essigsäure an Pilotkunden in Europa
- Langzeitvalidierung des Prozesses
- Absichtserklärungen mit Industriepartnern in den Segmenten Klebstoffe, Kosmetik und Pharma
- Hauptpreis im Start-up-Wettbewerb >>venture>>

  • 2024

- Finalist Achema Gründerpreis

 

Roadmap

  • 2025 - 2032

- Finalisierung und Test des kommerziellen Reaktors unter realen Betriebsbedingungen
- Erreichen von TRL 6 und Übergang zu TRL 7
- Kundenvalidierung durch Musterlieferungen und erste Umsätze
- Vorbereitung langfristiger Abnahmeverträge und Markteintritt
- Bau einer Demonstrationsanlage mit bis zu 5.000 t/a

 

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Biosimo AG

Schlieren
Schweiz