Forschung & Innovation

Innovative, biobasierte Farbstoffe revolutionieren die Textilindustrie

Herstellung von Textilfarbstoffen mit natürlich vorkommenden Mikroorganismen

16.10.2024 - Vienna Textile Lab hat sich auf die Forschung, Entwicklung und Produktion von Textilfarbstoffen aus Mikroorganismen spezialisiert.

Vienna Textile Lab hat sich auf die Forschung, Entwicklung und Produktion von Textilfarbstoffen aus Mikroorganismen spezialisiert. Das Ziel des 2021 gegründeten Wiener Biotech-/Fashiontech-Unternehmens ist es, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Leistung erfolgreich zu kombinieren und eine kommerziell tragfähige Alternative zu traditionellen synthetischen Farbstoffen zu schaffen. Das Team entwickelt Farbstoffe und Pigmente in reiner Form, die für eine Vielzahl von Färbeprozessen und innovative Methoden geeignet sind. Die Gründerin, Karin Fleck, erläutert ihre Motivation und ihre Pläne und Ziele für das junge Unternehmen.

CHEManager: Was hat Sie dazu inspiriert, das Vienna Textile Lab zu gründen?

Karin Fleck: Schon in der Schule war ich von Farben besessen, und das war auch der Grund, warum ich Technische Chemie studierte. Damals wollte ich herausfinden, woraus diese Farbstoffe bestehen, aber heute ist es mir wichtiger, woraus sie bestehen sollten. Nachhaltigkeit spielt für mich eine große Rolle, und ich wollte eine Lösung entwickeln, die sowohl umweltfreundlich als auch innovativ ist.

Nach Ihrem Chemiestudium haben Sie Ihre Berufslaufbahn aber zunächst in der Öl- und Energiebranche begonnen. Welche Rolle hat diese Erfahrung für die Gründung Ihres Start-ups gespielt?

K. Fleck: Meine Erfahrung in der Öl- und Energiebranche hat mir ein tiefes Verständnis für die Petrochemie und die Verarbeitung von Rohstoffen vermittelt – Wissen, das bei der Innovation in Bereichen wie Textilien und Biotechnologie eine zentrale Rolle spielt. Dabei habe ich auch hautnah erfahren, wie energiehungrig unsere Welt ist, was die Dringlichkeit nachhaltiger Alternativen unterstreicht. Zudem helfen mir meine Erfahrung als Führungskraft und das Executive Training, das ich absolviert habe, täglich bei meinen Aufgaben als CEO, indem sie mir das nötige Rüstzeug geben, um Führungsherausforderungen zu meistern. Die schnelle und dynamische Welt des Energiehandels hat mich außerdem gelehrt, schnelle Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen.

Wie sind Sie dann auf die Idee gekommen, Textilfarbstoffe aus Mi­kroorganismen herzustellen?

K. Fleck: Die Idee habe ich vom Textile Lab Amsterdam übernommen, das von einer Freundin und ihrer Kollegin – Cecilia Raspanti und Ista Boshard – gegründet wurde. Sie untersuchte und lehrte dort das Färben mit Bakterien für Fachleute aus der Mode- und Textilbranche. Bei einem Besuch in Wien trug sie einen Schal, der mit Bakterien gefärbt war. Dieser Anblick hat mich inspiriert, das Potenzial dieser Technik zu erkennen und weiterzuentwickeln. Der Rest ist Geschichte …

Wie tragen mikrobielle Farbstoffe zur Nachhaltigkeit in der Textilindustrie bei?

K. Fleck: Als erstes: Die Farbstoffe sind biobasiert, das heißt, sie werden von Mikroorganismen erzeugt und nicht aus erdölbasierten Rohstoffen. Die Herstellung ist umweltschonender als die von synthetischen Farbstoffen, und sie sind biologisch abbaubar. Unsere Kunden suchen nach Materialien, die es ihnen ermöglichen, zirkuläre Produkte herzustellen, und das ist genau der Bereich, in dem unsere Technologie einen Unterschied macht.

Was waren die größten Herausforderungen und Erfolge bei der Entwicklung dieser Technologie?

K. Fleck: Wir sind ein Greenfield-Start-up, und Biotechnologie sowie Chemie gehören zu den sogenannten Deeptech-Branchen, was bedeutet, dass die Entwicklung dieser Farbstoffe sehr kostenintensiv ist. Wir haben dies durch zahlreiche Partnerschaften mit Universitäten, Forschungseinrichtungen, der Industrie, anderen Start-ups und Designern gelöst. Diese Zusammenarbeit hat es uns ermöglicht, trotz der Herausforderungen bedeutende Fortschritte zu erzielen.

Wie sehen Sie die Zukunft von umweltfreundlichen Farbstoffen auf dem Textilmarkt?

K. Fleck: Wir rechnen damit, dass der Markt für mikrobielle Farbstoffe bis 2030 die Marke von 1 Mrd. EUR übersteigen wird. Generell sehen wir ein Comeback natürlicher Farbstoffe mit zweistelligen Wachstumsraten. Nachhaltige und ethische Mode ist eines der am schnellsten wachsenden Segmente in der Textilindustrie.
Darüber hinaus verändert sich das Konsumentenbewusstsein zunehmend hin zu umweltfreundlichen und ethisch produzierten Produkten. Verbraucher verlangen Transparenz und ökologische Verantwortung von Marken. Gleichzeitig verstärken Regulierungen im Bereich Nachhaltigkeit den Druck auf die Industrie, umweltfreundliche Lösungen zu finden. Vienna Textile Lab positioniert sich, um eine zentrale Rolle in dieser Transformation zu spielen und zukünftige Entwicklungen mitzugestalten.

Trotzdem dürfte der Preis immer noch eine wesentliche Rolle spielen. Wie kommerziell tragfähig im Vergleich zu traditionellen synthetischen Farbstoffen sind Ihre Produkte?

K. Fleck: Der Preis spielt eine entscheidende Rolle, und wir erwarten, dass unsere mikrobiellen Farbstoffe preislich zwischen synthetischen und pflanzenbasierten Farbstoffen liegen werden. Zwar sind sie derzeit teurer als synthetische Varianten, bieten aber den klaren Vorteil der Umweltfreundlichkeit und Sicherheit. Mit weiteren technologischen Fortschritten und Skalierung werden wir die Kosten reduzieren und so eine kommerziell tragfähige Alternative schaffen.

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Zur Person

Karin Fleck ist die Gründerin von Vienna Textile Lab (VTL). Sie hat einen Abschluss in Technischer Chemie von der TU Wien und einen Doktortitel in Angewandter Chemie von der RMIT University in Melbourne. Vor der Gründung von VTL war sie über ein Jahrzehnt in der Öl- und Energiebranche, u.a. bei OMV und Vattenfall, tätig, wo sie Projekte und Teams in Europa leitete und so umfangreiche internationale Erfahrung in Geschäftsstrategie, Projektmanagement, Prozessentwicklung und Führung sammelte. Als Beraterin unterstützte sie Start-ups im Bereich Energiewirtschaft. 2017 nahm sie mit ihrer eigenen Idee am Climate Launch Pad teil.

 

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  Lampe      Business Idea

Biobasiert und biologisch abbaubar
Vienna Textile Lab (VTL) entwickelt eine bahnbrechende Technologie, bei der Mikroorganismen zur Herstellung von Farbstoffen für die Textilindustrie genutzt werden. Diese Farbstoffe sind biobasiert und biologisch abbaubar, wodurch sie eine nachhaltige Alternative zu synthetischen, erdölbasierten Pigmenten bieten. 
Der Herstellungsprozess verbraucht weniger Wasser und Energie und reduziert den Einsatz von umweltschädlichen Chemikalien, was den ökologischen Fußabdruck der Textilproduktion erheblich verringert.
Die Technologie ermöglicht es, auf natürliche Weise leuchtende und stabile Farben zu erzeugen, die den hohen Anforderungen der Textilindustrie gerecht werden. Die Kunden des 2021 gegründeten österreichischen Start-ups – darunter Modeunternehmen, Textilproduzenten und Designer – suchen zunehmend nach Materialien, die ihnen helfen, zirkuläre Produkte zu entwickeln. Mit den mikrobiellen Farbstoffen schafft VTL eine Lösung, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich sinnvoll ist.
Der Ansatz ermöglicht den Einsatz von Farben in verschiedenen Anwendungen, einschließlich Druckverfahren, und hebt VTL von Wettbewerbern ab, die sich auf begrenzte Farbpalletten wie Indigo konzentrieren. 
Ebenso nutzt VTL keine mikrobiellen Brühen, sondern gereinigte Farbstoffe und Pigmente. Dies vermeidet Probleme wie Gerüche und Verfärbungen.
Das Start-up setzt auf eine einzigartige Sammlung von Mikroben, die über 25 Jahre aufgebaut wurde, um lebendige und vielseitige Farben zu erzeugen. Die Innovationen umfassen die Entwicklung neuer Farbmoleküle, die den Bedarf der Industrie an neuartigen chemischen Strukturen erfüllen.
Der Markt für Farbstoffe und Pigmente im Textilbereich war 2023 rund 7 Mrd. USD wert und wird bis 2030 auf 14 Mrd. USD anwachsen. 
Nachhaltige und ethische Mode ist stark im Aufschwung, denn Verbraucher legen zunehmend Wert auf Transparenz und umweltfreundliche Produkte. Auch strenge Richtlinien in Europa und weltweit treiben die Industrie dazu, nachhaltige und zirkuläre Produkte zu entwickeln. Diese politischen Anforderungen verstärken den Druck auf die Modeindustrie, umweltfreundliche und verantwortungsvolle Lösungen zu finden.

Vienna Textile Lab (VTL GmbH), Wien
www.viennatextilelab.at

Logo

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 FahrstuhlElevator Pitch

Meilensteine und Roadmap


Meilensteine

  • 2017 –  2019

– 3. Platz Finale Climate Launch­pad, Limassol, Zypern
– Fashion For Good Accelerator, Amsterdam
– BOKU Start-up Prize für herausragende Leistungen
– Förderung durch das European Space Agency OSIP-Programm
– Erste Kundenprojekte
– AWS PreSeed-Förderung
– Beginn der langjährigen Kooperation mit TU Wien

  • 2020

– Erste Proof-of-Concept-Projekte

  • 2021

– Gründung VTL GmbH
– AWS Seed Financing
– Publikation (gemeinsam mit TU Wien) in ‘Green Chemistry’: Biogenic colourants in the textile industry
– Umsätze im fünfstelligen Bereich

  • 2022

– Phönix Award: Österreichischer Gründerpreis

  • 2023

– EY Scale-up Award: Anerkennung für außergewöhnliches Wachstum und Innovation
– EIT Supernovas: Teilnahme an einem hochselektiven Programm für Gründerinnen
– 2023 ITMA, Einladung von Woolmark
– Erstes Scale-up an der BOKU Pilot Plant
– Christian Doppler Laboratory for Cellulose Hightech Materials

  • 2024

– Milan Design Week, Ausstellung von WORTH Kooperation mit PinkPonilo
– Erste Finanzierung durch Investor, EIT Manufacturing
– Entwicklung weiterer Farben
– Nachhaltigkeitsnachweis
– Färbemethodenentwicklung, u. a. mit CARE Applications und anderen Anbietern
– Beginn TRL7-Tests


Roadmap

  • 2025

– Beginn des regulatorischen Genehmigungsprozesses der Farbstoffe
– Abschluss Finanzierungsrunde
– Skalierung zweiter Farbstoff
– TRL7 – Erste Batchproduktion in Kundenfabriken

  • 2026

– Genehmigung der Farbstoffe
– Erste großtechnische Erzeugung von Pigment
– Verkauf der ersten Pigmente

  • 2027

– Lizensierung des ersten Pigments
– Internationalisierung

  • 2030

– Ziel: 10 % Marktanteil

   

  Ein Dank gebührt den Sponsoren des CHEManager Innovation Pitch, die diese Veröffentlichung mit ermöglichen!



BioCampus Straubing Sponsor CHEManager Innovation Pitch

 

                           

    Ruhr-IP Sponsor CHEManager Innovation Pitch  

Siemens Sponsor CHEManager Innovation Pitch

 

 

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1030 Vienna
Deutschland