Kunststoffpulver für die Additive Fertigung
Lean Plastics Technologies verarbeitet thermoplastische Kunststoffe zu Pulvern für den 3D-Druck
Lean Plastics Technologies (LPT) wurde 2018 von Martin Langlotz und Matthias Düngen gegründet. Die Gründer arbeiteten zuvor gemeinsam als Wissenschaftler am Fachgebiet Kunststofftechnik der Technischen Universität Ilmenau an der Entwicklung von Verfahren zur Pulverisierung von thermoplastischen Kunststoffen. Aufbauend auf diesen Projekten hat das Start-up eine einzigartige Verfahrenstechnik entwickelt, mit der Kunststoffgranulat zu Pulvern für Additive-Manufacturing-(AM)-Verfahren wie Selective Laser Sintering (SLS), Binder Jetting oder Multi Jet Fusion veredelt werden kann. 3D-Druck-Anbieter bekommen damit die Möglichkeit, neue Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten. Michael Reubold sprach mit Matthias Düngen, einem der beiden Gründer und Geschäftsführer, über die Technologie sowie den Anfänge und Ziele des jungen südthüringer Unternehmens.
CHEManager: Herr Düngen, Sie und Ihr Mitgründer haben sich aus der universitären Forschung heraus selbstständig gemacht. Was gab den Ausschlag zur Gründung eines eigenen Unternehmens?
Matthias Düngen: Wir hatten von diesem interessanten Kunststoffpulvermarkt gehört, hatten selbst in Projekten zur Kunststoffverarbeitung gearbeitet, und es war uns klar, dass wir nicht immer Wissenschaftler sein werden. Eine Ausgründung war daher eine Option, und in Ilmenau ist man schnell bei den richtigen Kontakten, die einem helfen, die nächsten Schritte zu gehen. Als es dann noch positives Feedback von potenziellen Kunden und Investoren gab, haben wir den Sprung gewagt.
Welche Hürden mussten Sie als Jungunternehmer bislang meistern und wo fanden Sie Unterstützung?
M. Düngen: Als wir anfingen war die Machbarkeit für uns theoretisch klar – aber praktisch lag noch einige Arbeit vor uns. Es gab viele technische Fragestellungen zu lösen, und die bringen auch finanzielle Herausforderungen mit sich. Dass unsere Investoren dann noch mehr Unterstützung anboten, anstatt sich zweifelnd abzuwenden, hat uns unheimlich bestärkt.
Wie hat sich der Gewinn des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland 2021 ausgewirkt?
M. Düngen: Überwältigend positiv. Wir haben die mit dem Preis verbundene Reichweite in unsere Zielgruppe und die damit verbundene Nachfrage schlicht unterschätzt. Die geballte Nachfrage fühlte sich gut an – gleichzeitig schmerzte es, nicht allen gleich gerecht werden zu können.
Arbeiten Sie und entwickeln Sie Ihre Technologie weiterhin an der Universität?
M. Düngen: LPT ist eigenständig, aber unsere engen Beziehungen zur TU Ilmenau, dem Thüringischen Insitut für Textil- und Kunststoffforschung und dem Thüringer Kunststoffcluster PolymerMat helfen uns enorm bei der Technologieentwicklung, der Fachkräftegewinnung und dem Ausbau unseres Netzwerks.
Was ist das Besondere an Ihrem Verfahren?
M. Düngen: Besonders ist vor allem die erreichbare Produktqualität. Wir können viel besser die Kornform der einzelnen Pulverpartikel steuern. Von der Form hängen wichtige Eigenschaften des Pulvers ab, die letztlich Produktivität und Qualität der 3D-gedruckten Teile beeinflussen.
Für welche Anwendungen nutzen die Kunden das Pulver?
M. Düngen: Das ist für uns gar nicht so einfach zu sagen, schließlich können im Bauraum eines 3D-Druckers gleichzeitig Maschinenteile, Spielzeugfiguren und Ersatzteile für Pkw entstehen. Daher sind für uns Kunststoffe wie Polypropylen interessant, die ein breites Anwendungsspektrum bedienen. Bei spontanen Änderungen von Lieferketten wird auch zunehmen auf den 3D-Druck zurückgegriffen, und es schwappt Fertigungsnachfrage für Produkte in diese Branche, die es vorher noch nicht gab. Wenig ist hier so konstant wie die Vielfalt.
Wie sehen die nächsten Schritte aus, welche Pläne und Ziele verfolgen Sie mit LPT?
M. Düngen: Wir werden unsere Produktionskapazitäten in den nächsten Jahren stark erweitern und zusätzlich zu Polypropylen weitere Materialien wie Elastomere und technische Kunststoffe in unser Portfolio aufnehmen. Mit unseren Kunststoffpulvern werden wir einen substanziellen Beitrag zur Industrialisierung des 3D-Drucks leisten.
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ZUR PERSON
Matthias Düngen studierte Mechatronik an der FAU Erlangen und absolvierte ein Auslandssemester an der TU Tampere, Finnland. Von 2009 bis 2018 war er als Wissenschaftler und Gruppenleiter am Fachgebiet Kunststofftechnik der TU Ilmenau tätig, wo er schließlich auch vertretungsweise die operative Leitung übernahm. 2018 erfolgte die Ausgründung von Lean Plastics Technologies (LPT) aus der TU Ilmenau. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer von LPT ist Düngen Vorstandsvorsitzender des PolymerMat Kunststoffcluster Thüringen sowie des Fördervereins der Kunststofftechnik an der TU Ilmenau.
Business Idea
3D-Druck mit Kunststoffen
Additive Fertigung, bekannt als 3D-Druck, revolutioniert die Herstellung von Kunststoffteilen für den Maschinenbau, für die Mobilität oder die Medizin. Ein Milliardenmarkt mit Wachstumsraten von 20 % und mehr. Kunststoffe werden für die unterschiedlichsten Anwendungen genutzt und entsprechend vielfältig ist das Angebot an spezialisierten Kunststofftypen.
Beim pulverbasierten Additive-Manufacturing-Verfahren, bei dem Kunststoff in Pulverform Schicht um Schicht aufgetragen, geschmolzen und in die gewünschte Form gebracht wird, gibt es bislang nur eine geringe Kunststoffauswahl. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass an die Pulverisierung der Kunststoffe besondere Anforderungen hinsichtlich Partikelgröße und -form gestellt werden. Denn dafür braucht man möglichst gleichmäßig runde Körnchen, die wenige Mikrometer klein sind. Nur wenige Kunststoffe sind für dieses Pulverbettverfahren verfügbar, diese sind zudem kostenintensiv und zu teuer für einen Massenmarkt. An diesem Punkt setzen die Pulverisierungsverfahren von LPT an und ermöglichen es, die Bandbreite nutzbarer Kunststoffe zu erweitern und damit neue Anwendungsfelder mittels AM zu erschließen.
Um dieses Kunststoffpulver günstig in Masse herzustellen, hat Lean Plastics Technologies einen bekannten Prozess entscheidend optimiert. Man presst zuerst flüssigen Kunststoff durch ein Werkzeug zu Fäden und zerschneidet sie in kleine Kügelchen, die im Wasserbad erkalten. Das Problem bisher: Je dünner die Fäden, desto schneller erstarrt das Material und der Prozess kommt zum Erliegen.
Mit neuen Werkzeugen und einem optimierten Prozess produziert das Start-up sehr dünne Kunststofffäden, die so schnell verarbeitet werden, dass sie nicht zu früh erstarren. Ein Pulver mit kleinsten, gleichmäßigen Partikeln entsteht, welches sich optimal für den 3D-Druck eignet. Damit sind sehr viel mehr Kunststoffe und sogar recycelte Materialien einsetzbar, und 3D-Druck mit Pulver wird massentauglich, günstig und viel flexibler in der Anwendung. Derzeit arbeitet das Unternehmen an der Markteinführung der Technologie.
Elevator Pitch
Meilensteine und Roadmap
An den klassischen Schnittstellen von Kunststoffmaschinenbauern, -verarbeitern, Werkzeugbauern, Materialherstellern und dem ein oder anderen Zwischenschritt bis zum Endnutzer gehen oftmals Informationen verloren, so dass Innovationspotenziale häufig nicht genutzt werden können. Das 2018 aus der Technischen Universität Ilmenau von Martin Langlotz und Matthias Düngen ausgegründete Start-up Lean Plastics Technologies (LPT) setzt sich über diese Grenzen hinweg und erschließt neue Wege, um Kunststoffe für die Additive Fertigung in Form zu bringen.
Meilensteine
2017
- Start der Entwicklung des Geschäftsmodells
- Auszeichnung bei den Investor Days Thüringen 2017
2018
- Gründung der Lean Plastics Technologies GmbH
- Seed-Investment
2020
- Proof of Concept für Polyethylen (PE)
2021
- Proof of Concept für Polypropylen (PP)
- Gewinner IQ Innovationspreis Mitteldeutschland im Cluster Chemie/Kunststoffe
- Gewinn umfangreicher F&E-Förderung bei „Get started 2gether“, dem Thüringer Technologiewettbewerb
2022
- Umzug in größere Räumlichkeiten
- Erteilung des Kern-Patents
Roadmap
2022
- Markteintritt
- Abschluss einer Finanzierungsrunde
- Anmeldung weiterer Verfahrens- und Produktpatente
2023 / 2024
- Inbetriebnahme neuer Produktionsstrecke mit vielfacher Kapazität
- Aufnahme von technischen Kunststoffen ins Produktportfolio