Chemie 2030 – Globalisierung gestalten
VCI stellt Factbook zum Thema Globalisierung vor.
Die internationale Vernetzung der Wirtschaft wird in den kommenden 20 Jahren weiter zunehmen. Die Globalisierung schreitet voran und führt dabei zu dynamischen Umwälzungen. Vor diesem Hintergrund hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Zusammenarbeit mit dem Institut Prognos eine umfassende Analyse zur zukünftigen Entwicklung der chemischen Industrie in Deutschland erstellt. Die Studie „Die deutsche chemische Industrie 2030" (vgl. Titelinterview unserer Oktoberausgabe CHEManager 19/2012) skizziert dabei auch die globalen Veränderungen der nächsten 20 Jahre und verdichtet sie zu einer fundierten Langzeitprognose. Die Ergebnisse dieser Studie als auch diejenigen einer aktuellen Studie zu Wertschöpfungsketten und Industrienetzwerken hat der Verband nun mit dem Fokus Globalisierung im Rahmen eines neuen Factbooks vorgestellt. Zentrale Ergebnisse sind in der Infografik auf dieser Seite dargestellt.
Die Chemie sei für die globalen Trends, die sogenannten Megatrends, gut gerüstet, sagt VCI-Hauptgeschäftsführer Dr. Utz Tillmann. „Die Chemie ist eine Branche, die für alle großen Megatrends Lösungsbeiträge liefern kann", so Tillmann. Auch auf die „Jahrtausendaufgabe", das heißt, den Wohlstand mit weniger Ressourcen zu vergrößern, sei die Chemie gut vorbereitet. Eine Herausforderung, die nicht leicht zu meistern ist, denn die Weltbevölkerung wächst. Am Ende der nächsten 20 Jahre sollen laut Schätzungen 8,3 Mrd. Menschen auf der Welt leben - 1,3 Mrd. mehr als heute. Gleichzeitig lassen sich fossile Ressourcen nicht im selben Ausmaß vermehren. So bietet die Chemie Möglichkeiten, den Wohlstand zu mehren und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch zu senken. „Wir haben die richtigen Produkte wie grüne Reifen, LEDs, Batterien für Elektroautos, Leichtbaukomponenten oder auch Materialien, zum Beispiel Nanotubes, die Rotoren von Windrädern noch größer und effizienter machen", betont Tillmann. Um aber innovative Produkte auf den Markt zu bringen, muss weiterhin geforscht werden. Das weiß auch der VCI-Hauptgeschäftsführer: „Die Unternehmen der chemischen Industrie werden bis 2030 ihre Forschungsaufwendungen von 8,8 Mrd. € auf das Doppelte aufstocken."
Erfolgsfaktoren Kooperation und Netzwerkbildung
Die Befürworter der Globalisierung argumentieren sehr oft ausschließlich mit deutschen Exporterfolgen. Die positiven Wirkungen von Ausfuhren auf Wohlstand und Beschäftigung sind unbestritten. Weit über die Hälfte der deutschen industriellen Wertschöpfung wird heute exportiert, die Auslandsnachfrage sichert Arbeitsplätze und erlaubt hohe Löhne. Aber auch die Möglichkeit, bessere oder billigere Güter und Dienstleistungen zu importieren, ist ein wichtiger Globalisierungsaspekt. Auf diesem Weg kann die deutsche Wirtschaft an Innovationen und dem Wissen anderer Weltregionen teilhaben.
Deutschland, und damit die deutsche Chemie, ist stärker in die europäische und die globale Weltwirtschaft eingebunden als benachbarte Länder. Das ist ein zentrales Ergebnis der Studie „Wertschöpfungsketten und Netzwerkstrukturen in der deutschen Industrie", die das Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Verbände VCI, VDMA und WV Stahl durchgeführt hat. Demnach haben die Ex- und Importquoten Deutschlands seit Mitte der 90er-Jahre zugenommen. Der Anteil der Exporte am Produktionswert der Industrie stieg von 35,4 % auf weit über die Hälfte, der Anteil der Importe am Produktionswert von 15 auf 23 %. Die Importquote liegt in Deutschland leicht höher und die Exportquote gut anderthalbmal so hoch wie in Volkswirtschaften vergleichbarer Größe, z.B. Frankreich, Italien oder Großbritannien.
Diese Bereitschaft zur Einbindung in die internationale Arbeitsteilung und die Ausrichtung auf die Weltmärkte hatten positive Folgen. Der Anteil der deutschen Industrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt seit Jahren konstant bei gut 21 % - zieht man industrienahe Dienstleistungen hinzu, erhöht sich der Anteil am BIP sogar fast auf 31 %. Er liegt damit deutlich höher als in den Nachbarstaaten in West- und Südeuropa.
Industrien arbeiten gemeinsam an Innovationen
Der Industriestandort Deutschland bietet für Unternehmen eine solide Heimatbasis, da an ihm viele unterschiedliche Kompetenzen zu finden sind, die sich im Industrienetzwerk über sogenannte Spill-over-Effekte gegenseitig stärken. Diese treten insbesondere bei der gemeinsamen Entwicklung neuer Lösungen auf.
Autobauer, Anlagenbauer und Chemieunternehmen entwickeln z.B. gemeinsam Lackierverfahren. Maschinenbauer, Chemieunternehmen und Metallerzeuger erarbeiten gemeinsam neue Gusstechniken, und Chemie-, Kunststoff- und Metallhersteller entwickeln Verbundwerkstoffe für die Luftfahrt. Nähe stellt einen großen strategischen Vorteil dar, da Vertrauen und regelmäßiger Austausch für stabile Lieferantenbeziehungen gerade bei komplexen Gütern eine wichtige Bedeutung haben. „Kluge und weitsichtige Industriepolitik darf daher nicht auf einzelne Branchen abzielen, sondern muss die Industrie als Ganzes stärken", sagt Dr. Utz Tillmann.
Aber die Globalisierung schreitet dennoch voran: Die Unternehmen gaben für die IW-Studie an, dass von heute bis 2016 die Zahl der größten Kunden, Lieferanten oder Wettbewerber, die ihren Sitz in Deutschland haben, von 90 auf 83 % sinken wird. Gleichzeitig verdoppelt sich der gleiche Wert für China von 21 auf 40 %. Aber auch andere Regionen gewinnen für deutsche Industrieunternehmen in Zukunft zunehmend an Bedeutung. Die Zahl der größten Kunden, Lieferanten oder Wettbewerber aus Osteuropa wird laut IW-Studie bis 2016 von 11 auf 18 % ansteigen und erhöht sich am stärksten von 7 auf 20 % in den aufstrebenden Ländern Brasilien, Russland und Indien. Die Globalisierungserfolge der deutschen Industrie beginnen damit heute und zukünftig vor der eigenen Haustür. Aber dennoch oder gerade deswegen nimmt die Globalisierung weiter zu.
Globalisierung als Vorteil für die Wirtschaft
Aus einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa für das neue Factbook des VCI durchgeführt hat, geht hervor, dass eine deutliche Mehrheit die Globalisierung positiv beurteilt. 62 % der Bundesbürger sind der Meinung, dass sich die zunehmende Verflechtung der Weltwirtschaft und der internationale Austausch von Waren und Wissen positiv auf die deutsche Wirtschaft auswirken und Vorteile für deutsche Unternehmen bieten. Knapp ein Viertel (24 %) der Bürger finden, dass die Globalisierung eher Nachteile für die heimische Wirtschaft mit sich bringt.
„Viele Bürger sind überzeugt, dass Deutschland trotz wachsendem Wettbewerb als bedeutende Industrie- und Exportnation von der Globalisierung profitiert", erklärt VCI-Hauptgeschäftsführer Tillmann zum Ergebnis der Umfrage. „Die weltweiten Verkäufe hiesiger Produkte sichern in Deutschland Arbeitsplätze und Wohlstand. Oberstes Ziel der Politik muss es daher sein, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen langfristig zu erhalten." Mit Ausfuhren im Wert von über 150 Mrd. € ist Deutschland amtierender Exportweltmeister von Chemieprodukten. Tillmann: „Die deutsche chemische Industrie ist auf dem Weltmarkt zu Hause und mit Kunden sowie Lieferanten global vernetzt."
Im Unterschied zur positiven Auswirkung auf die Wirtschaft beurteilen die Bürger ihre eigene Situation zurückhaltender: Während 39 % der Befragten der Meinung sind, dass die Globalisierung für sie persönlich Vorteile mit sich bringt, ist exakt ein Drittel (33 %) vom Gegenteil überzeugt. Die Umfrage zeigt auch, dass mit zunehmendem Alter die Einstellung negativer wird: Während 53 % der unter 30-Jährigen die Globalisierung als persönliche Bereicherung empfinden, sind es bei den über 60-Jährigen nur noch 29 %. Ein enger Zusammenhang besteht auch zum Bildungsgrad. Je höher der Schulabschluss, desto positiver die Haltung. So sehen 46 % der Abiturienten die Globalisierung als Vorteil an, während es bei den Hauptschulabsolventen nur 28 % sind.
Das vollständige VCI-Factbook 06 „Chemie 2030 - Globalisierung gestalten" erhalten Sie hier:
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