Anlagenbetrieb im optimalen Bereich
Smarte bildoptische Sensortechnologie von Inline Process Solutions (IPS) erlaubt Prozessanalyse, -kontrolle und -vorhersage
Der Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen basiert häufig auf Erfahrungen und vereinfachten Black-Box-Modellen und ist damit teurer und weniger nachhaltig als er sein müsste. Das Start-up Inline Process Solutions (IPS) aus Kaiserslautern ermöglicht mit seinem bildoptischen Sensor eine Visualisierung der dispersen Phasenströmung in Apparaten. Die Kunden können damit nicht nur ihren Prozess analysieren, sondern auch steuernd eingreifen und unerwünschte Prozesszustände vorhersehen. Mit einem fertigen Businessplan peilt das Team die offizielle Gründung im Jahr 2024 an. Michael Reubold befragte Jonas Schulz, den künftigen CEO, zu den Plänen und Zielen von IPS.
CHEManager: Am 1. Oktober 2022 sind Sie mit IPS gestartet. Wie und wo entstand die Idee, sich mit dem Thema bildoptische Messtechnik zu befassen und es im Rahmen eines Gründungsvorhabens zu verfolgen?
Jonas Schulz: Begonnen hat alles 2013 mit dem Ziel, die Tropfengröße in Extraktionsapparaten zu bestimmen, um Stoffübergangsmodelle zu optimieren. Die entwickelte Technik namens Optical Multimode Online Probe – OMOP – wurde anschließend für weitere Apparate adaptiert und eingesetzt. Mit OMOP konnten wir einen Einblick in die Anlagenströmung geben, was großes Interesse erzeugt hat. Das ging tatsächlich so weit, dass meine Kollegen und ich ab ca. 2019 regelmäßig mit der Frage konfrontiert wurden, ab wann die Technik erhältlich sei. Als Lehrstuhlmitarbeiter einer öffentlichen Universität konnten wir diese Frage zunächst nicht beantworten. Wir waren jedoch schon damals der festen Überzeugung, dass unsere Technologie nutzenstiftend, zukunftsfähig und nachhaltig ist, sodass wir die Gründung wagen wollten - trotz des hohen Risikos, dem Tech-Start-ups ausgesetzt sind.
Immerhin können Sie Ihre Technologie dank einer EXIST-Förderung weiterentwickeln. Welche Schritte haben Sie als Gründer bislang unternommen, und welche Hürden haben Sie genommen, um so weit zu kommen?
J. Schulz: Das EXIST-Forschungstransferprogramm ist eine wertvolle Chance, eine risikoreiche Geschäftsidee zu realisieren, wofür unser Team dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dankbar ist. Wir haben ab April 2021 intensiv die Geschäftsidee ausgearbeitet und parallel an mehreren Business-plan-Wettbewerben teilgenommen, um kontinuierlich Feedback einzuholen. Die anspruchsvollsten Schritte waren dabei die Identifikation unserer Alleinstellungsmerkmale und die Definition des Geschäftsmodells, das dann ebenfalls im Rahmen der Finanzplanung tragfähig sein muss, vorausgesetzt das Marktvolumen ist ausreichend groß. Die Verzahnung dieser einzelnen Themenfeldern hat die Ausarbeitung unseres Businessplans herausfordernd, aber auch äußerst spannend gemacht.
Welche Hürden liegen noch vor Ihnen und welche Unterstützung benötigen Sie, um sie zu nehmen?
J. Schulz: Wir werden uns zunächst auf die Entwicklung unseres Minimum Viable Product konzentrieren, welches bei vier Industriepartnern zum Einsatz kommt. Neben den damit verbundenen Herausforderungen der Hard- und Softwareentwicklung müssen wir natürlich auch die Geschäftsentwicklung vorantreiben. IPS benötigt uneingeschränkte Freedom-to-Operate hinsichtlich des IP-Schutzes, damit die Gesellschaftsgründung Sinn macht, und muss mit Beginn Oktober 2024 eine Anschlussfinanzierung abschließen. Aufgrund der Vielfalt unserer Meilensteine haben wir in den letzten beiden Jahren ein breites Netzwerk aus Coaches und Kooperationspartnern aufgebaut, die uns tatkräftig unterstützen.
Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Produktlinie Arimos, wer sind die potenziellen Anwender und welche Probleme löst es?
J. Schulz: Das Artificial Intelligence Multiphase Optimization System – Arimos – ermöglicht es Betreibern von Produktionsanlagen der Chemie, Pharmazie und Lebensmittelindustrie, die Gestalt der Dispersphase präzise, zeitlich hochaufgelöst und autonom zu analysieren. Zusätzlich ermöglicht die gewonnene Bildinformation die Steuerung eines Prozesses. Mit Arimos steigern Betreiber die Prozesseffizienz sowie die Overall Equipment Effectiveness ihrer Anlage und reduzieren gleichzeitig Energie- und Ressourcenverbrauch.
Welche Pläne zur Weiterentwicklung von IPS haben Sie für die nähere Zukunft und welche Ziele verfolgen Sie danach?
J. Schulz: Wir stehen voll hinter unserem Businessplan, wissen aber auch, dass die Stärke eines Start-ups Flexibilität ist. Daher analysieren meine Mitgründer und ich fortlaufend Kunden und Märkte, um IPS bestmöglich zu positionieren. Nach der Gründung im Jahr 2024 möchten wir die Arimos-Produktlinie um weitere Use Cases erweitern und die damit verbundenen Aufgaben wie bisher mit Engagement und Freude angehen.
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Zur Person
Jonas Schulz hat Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Kaiserslautern (TUK) studiert und am Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik promoviert. Zuletzt arbeitete er als Gruppenleiter für fluiddynamische Messtechnik am Laboratory of Reaction and Fluid Process Engineering der TUK. In den letzten sechs Jahren hat er maßgeblich die Entwicklung der bildoptischen Sensortechnologie vorangetrieben. Als künftiger CEO von IPS wird er die Geschäftsentwicklung leiten und für die Finanzierung verantwortlich sein.
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Anlagen effektiver betreiben
Um Anlagen sicherer und effektiver zu betreiben, werden Echtzeitdaten zum Strömungsverhalten der dispersen Phase aus dem Apparat benötigt. Fehlen diese Daten, wird die Anlage nicht am optimalen Punkt betrieben, unplanmäßige Anlagenstillstände treten auf und bei der Anlagenplanung müssen großzügige Sicherheitszuschläge berücksichtigt werden. Für die gesamte Anlage besteht also Einsparpotenzial in den Bereichen Investitions- und Betriebskosten, Energiebedarf, Einsatzstoffmenge und Emissionen.
Hier setzt die Geschäftsidee von IPS an: Das Start-up stellt den aussagekräftigen Strömungsparameter „Gestalt der dispersen Phase“ (dazu zählen u.a. die Größe und Form der Partikel) exakt und in Echtzeit zur Verfügung und ermöglicht den Kunden somit einen kostengünstigeren und nachhaltigeren Anlagenbetrieb.
Die Sensortechnologie von IPS basiert auf einer bildoptischen Hardware, welche im Apparat sehr kontrastreiches und scharfes Bildmaterial erzeugt. Die Bildauswertung erfolgt durch eine schnelle und autonome KI-Analyse. IPS ist hier in einer vorteilhaften Lage: Das reale Bild lässt sich nahezu durch synthetische Bilder darstellen, wodurch ein KI-Training unabhängig vom Anwendungsfall und ohne experimentelle Daten realisierbar ist.
Auf der Kombination von Hard- und Software basiert die Produktlinie Arimos (Artificial Intelligence Multiphase Optimization System), welche erstmalig auch eine Prozesssteuerung und -vorhersage ermöglicht. Bspw. erlernt Arimos erwünschte und nichtbestimmungsgemäße Betriebsbereiche und ermittelt so den aktuellen Betriebspunkt und prognostiziert den künftigen Prozessverlauf. Die Zielmärkte für Arimos sind Chemie,- Pharma- und Lebensmittelindustrie, der Anlagenbau sowie die Dienstleistungsbranche. Mit seiner Technologie adressiert IPS Kunden wie Anlagenbauer und -betreiber sowie Ingenieursdienstleister, die Messtechnik erwerben und vermieten.
Alleinstellungsmerkmale von Arimos
- Umfangreiche Prozesskontrolle: Analyse, Steuerung, Vorhersage
- Höchste Bildqualität
- ATEX-zertifiziert und mit weitem Einsatzbereich (p, T, pH)
- Steigerung der Overall
- Equipment Effectiveness
- Senkung der Betriebs- und Einsatzstoffkosten
- Emissionsreduktion
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Elevator Pitch
Meilensteine und Roadmap
2021 haben sich Jonas Schulz, Anne Friebel, Dominic Wirz, Robert Hesse und Andreas Eiden von der Technischen Universität Kaiserslautern zusammengefunden und neben ihrer Berufstätigkeit das erste Mal über das Thema Gründen nachgedacht. Aus einer Idee wurde in kurzer Zeit ein handfester Businessplan.
2022 konnten die Gründer in spe dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) den innovativen Charakter ihrer Geschäftsidee präsentieren und erhielten eine Finanzierung im Rahmen des EXIST-Forschungstransfers, um die Produktlinie Arimos zu entwickeln. Vier namenhafte Industriepartner konnten bereits von dem Produkt überzeugt werden und wollen das Minimum Viable Product (MVP) in ihrer Produktion testen. Zum Projektstart im Oktober 2022 bezog das Team neue Räumlichkeiten und errang kurz danach den Sieg beim rheinland-pfälzischen Businessplanwettbewerb 1,2,3 GO. Die Unternehmensgründung ist für 2024 geplant. Auf dem Weg dahin hat das Start-up konkrete Pläne und Ziele.
Meilensteine
2021
- Aufstellung des Teams & Entwicklung der Idee zum Businessplan
2022
- Finanzierung durch EXIST-Forschungstransfer
- Gewinn des rheinland-pfälzischen Businessplanwettbewerbs 1,2,3 GO
Roadmap
2023
- Optimierung der Hardware für die Anwendungsbereiche Kristallisation und Tropfenmitriss
- Erweiterung auf Einsatz im industriellen Umfeld (u.a. Beständigkeit in herausfordernder Prozessumgebung und Zertifizierung für den Explosionsschutz)
- Ausbau der bestehenden Software für den Industrieeinsatz
- Erweiterung um spezialisierte Softwarepakete für Steuerung und Prozessvorhersage
2024
- Testung des MVP bei den Industriepartnern
- Unternehmensgründung & Transfer von Schutzrechten für eine Freedom-to-Operate
- Sicherung einer Anschlussfinanzierung
2025
- Markteintritt mit kommerziellem Produkt und erweitertem Portfolio
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Kontakt
Inline Process Solutions (IPS)
Gottlieb-Daimler-Str. 44
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