Strategie & Management

Linienprodukte als Wachstumsmarkt

WeylChem arbeitet mit Wachstumsmodellen, die beim Kunden beginnen

17.06.2020 -

Die WeylChem-Unternehmensgruppe besteht aus sieben Betriebs- und zwei Forschungs- und Entwicklungsstandorten in Europa und den USA sowie der globalen Verkaufs- und Marketingplattform WeylChem International. Die Gruppe erbringt Dienstleistungen in den Geschäftsfeldern Advanced Intermediates, Custom Manufacturing und Care Chemicals auf globaler Ebene. Darüber hinaus bietet WeylChem Innotec Dienstleistungen in den Bereichen Analytik und Synthese an. Birgit Megges befragte Antti Koivisto, Leiter des Geschäftsbereichs Advanced Intermediates zum Aufbau des Geschäftsfeld und den Strategien für ein kontinuierliches Wachstum.
 

CHEManager: Herr Koivisto, wie entwickelt sich das Geschäft mit Advanced Intermediates, also chemischen Produkten in der regulären Produktion, die nicht ausschließlich für einen Kunden hergestellt werden. 
 

Antti Koivisto: Durch die Intensivierung des Dialogs mit unseren Kunden konnten wir bereits in den letzten Jahren im Bereich Advanced Intermediates Wachstum erzielen. Dennoch vertraue ich darauf, dass wir weiterhin spürbar wachsen können, solange das Produktangebot dem Marktbedarf entspricht. Dies erfordert auch eine regelmäßige Überprüfung der Produktionsanlagen und möglicherweise Investitionen in zusätzliche Kapazitäten. Aber Kapazitätserweiterung ist nur ein Aspekt. Wenn wir auch intelligenter, flexibler und effizienter produzieren können und über das am besten optimierte Portfolio verfügen, werden wir sehr gute Ergebnisse erzielen und schneller auf Veränderungen der Nachfrage auf globaler Ebene reagieren können.

„Wir haben uns allmählich davon gelöst, nur noch die
heimischen europäischen Märkte zu bedienen.“

Welche Produkte werden derzeit besonders stark nachgefragt?
 

A. Koivisto: Die weltweite Nachfrage nach allen unseren Hauptprodukten ist derzeit sehr groß. Zudem wächst das Interesse an einigen der aufregenden neuen Anwendungsbereiche, zum Beispiel für unser Hochleistungs-Polyetherpolyol Velvetol, das etwa in Schuhen, Industrielacken und Tintenstrahlformulierungen eingesetzt wird. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage auch für alle nachhaltigen biobasierten Anwendungen weiter wachsen wird, bei denen wir bereits jetzt mit Kunden zusammenarbeiten, die neben Velvetol auch Produkte wie Glyoxylsäure anbieten. Darüber hinaus tragen einige unserer Kernprodukte wie Glyoxal, das in der Pharmaindustrie gern verwendete Kupplungsreagenz Allessan CAP, unsere Oxidationsprodukte und die Produktreihe der Chlorderivate weiterhin positiv zum Erfolg unseres Unternehmens bei.
 

Wie ist der Bereich für Linienprodukte aktuell aufgestellt?
 

A. Koivisto: Qualität ist entscheidend. Wir sind als vertrauenswürdiger Qualitätsanbieter am Markt positioniert, was auch von unseren Kunden immer wieder bestätigt wird. Wir wissen auch, dass der Ruf und die Wertschätzung für unser technisches Know-how auf einem hohen Niveau liegen. Dies bildet zusammen mit einer gut funktionierenden Supply Chain die Basis unserer Geschäftstätigkeit und ist eine solide Grundlage für weitere Verbesserungen.

Die Ergebnisse einer umfangreichen Kundenzufriedenheitsstudie zeigten jedoch, dass einige Faktoren wie zeitnahe Reaktion, Kommunikation und echte Partnerschaft mit den Kunden etwas hinter den Erwartungen zurückblieben. Manchmal wurde angemerkt, dass wir zu sehr auf interne Prozesse fokussiert seien. Es ist kein ungewöhnliches Phänomen, unbeabsichtigt die höchste Priorität weg von der Kundenorientierung zu verlagern und stattdessen damit zu beginnen, internen Prozessen zu viel Aufmerksamkeit zu widmen; ich habe dies in meiner Laufbahn in verschiedenen Organisationen bereits einige Male erlebt. Ich denke, wir haben jetzt eine gesunde Kombination aus beiden Prozessen, um die Kundenzufriedenheit zu verbessern.

Durch die Zentralisierung aller Marketing- und Verkaufsaktivitäten unter dem Dach von WeylChem International im Jahr 2019 haben wir begonnen, die Lehren aus unseren internen Prozessverbesserungen für eine stärkere Kundenzufriedenheit zusammen mit der fein abgestimmten, einfallsreichen und erfahrenen Verkaufs- und Marketingorganisation zu ziehen. Mit Hilfe dieses Konzepts konnten wir uns auch von den eher isolierten Angeboten einzelner Gruppenunternehmen lösen. Heute haben wir nicht nur eine stetig zunehmende Anzahl an Partnerschaften, Cross-Sellings und Projekte mit den Kunden, sondern auch eine verbesserte interne Zusammenarbeit, wodurch wir eher zu einem Lösungsanbieter geworden sind.
 

Wie stellen Sie weiteres Wachstum für diesen Bereich sicher? 
 

A. Koivisto: Unser Wachstumsmodell beginnt beim Kunden, und wir haben viel Arbeit investiert, um dessen Bedürfnisse und Geschäfte noch besser zu verstehen – und wie wir uns dementsprechend am besten anpassen können. Dies hat uns wesentlich dabei geholfen, den Nutzen, den wir liefern, zu erkennen. Ich denke aber, dass es uns auch dabei geholfen hat zu verstehen, wer wir sind und in welchen Bereichen wir noch mehr für unsere Kunden tun können. Wir können auch noch stärker von unserer idealen Größe und unseren flachen Hierarchien profitieren, um weltweit ein agilerer, flexiblerer und zuverlässigerer Partner zu werden. Unser ursprünglicher strategischer Fokus auf Europa wird zunehmend mit einer aktiven Teilnahme an den globalen Märkten kombiniert, und wir haben uns allmählich davon gelöst, nur noch die heimischen europäischen Märkte zu bedienen. Dieser Trend wird sich auch in naher Zukunft fortsetzen, einschließlich der Wachstumspläne in Asien und Amerika.

Um weiteres Wachstum zu erzielen, habe ich drei stark miteinander verbundene Wachstumsplattformen für Advanced Intermediates implementiert: Die erste bietet einen Rahmen für unsere Aktivitäten zum Wachstum der strategischen Märkte und unserer Marktpräsenz außerhalb Europas. Die zweite Plattform befasst sich mit der Frage, wie wir mit unseren Kunden umgehen und das Vertrauen zu ihnen aufbauen. Die dritte konzentriert sich auf unsere Innovationspräsenz und insbesondere auf die Untersuchung neuer Anwendungsbereiche und den Aufbau einer neuen Produkt- und Innovationsstrategie zusammen mit unseren Kunden. Obwohl wir mit dem bestehenden Produktportfolio noch weiter wachsen können, betreiben wir auch eine kontinuierliche Produktentwicklung.
 

Sind auch hier in näherer Zukunft Investitionen geplant?
 

A. Koivisto: Unser Wachstum wird auch durch eine Reihe von Investitionen angekurbelt werden. Im Geschäftsbereich Advanced Intermediates haben wir 2019 mit der Erweiterung unseres Teams für New Business Development begonnen. Wir halten es auch für notwendig, im Jahr 2020 ein technisches Marketing einzuführen. Mit dieser Funktion bieten wir unseren Kunden einen Innovationspartner und unterstützen sie mit detaillierten technischen Fragen und Fachwissen innerhalb der neuen Anwendungsbereiche. Möglicherweise wird dann auch unser Team bei InnoTec noch weiter unterstützend tätig. Wir werden weiterhin in die Verbesserung unseres Angebots in Bezug auf neue Chemikalien und Produkte investieren, wie zum Beispiel in das Halex-Verfahren, und wir haben weitere Projekte in Arbeit, die sich mit Investitionen und der Erweiterung bestehender Produkte sowie mit der Einführung neuer Produkte befassen.
 

Wir werden auch weiterhin in unsere digitalen Plattformen investieren, zum Beispiel in unsere CRM-Plattform und in unsere ERP- bzw. SAP-Systeme, die konzernweit auf den neuesten Stand gebracht werden – und weitere werden folgen. All dies soll uns helfen zu wachsen, indem wir näher an unseren Kunden sind und es ermöglichen, Kunden schnell und professionell zu bedienen.

„Wir werden auch weiterhin in unsere
digitalen Plattformen investieren.“

Wie wird die aktuelle Coronavirus-Pandemie Ihrer Meinung nach den Markt der chemischen Indus­trie verändern?
 

A. Koivisto: Die Pandemie wird den bestehenden Wandel der Strategien und der Art und Weise, wie wir Geschäfte machen, beschleunigen. Ich glaube, dass die strategischen Geschäftszyklen kürzer und die Geschäftsstrategien zunehmend nur noch schrittweise erfolgen werden. Ich erwarte einen kleinen Paradigmenwechsel der Märkte, vielleicht sogar dauerhaft, und es könnte notwendig werden, auf diesen Wandel zu reagieren. Die kleinsten lokalen Akteure werden verschwinden, das Lieferantennetz wird sich konsolidieren und die Unternehmen werden noch globaler agieren als zuvor. Gleichzeitig sind wir jedoch davon überzeugt, dass wir mit oft vollständig regionalen Lieferketten von Rohstoffen – wenn wir diese nicht selbst hergestellt haben – einen Wettbewerbsvorteil und ein gesundes zusätzliches Maß an Versorgungssicherheit für uns und unsere Kunden in der Zukunft erreichen werden. 

Letztendlich sind wirklich risikominimierte Lieferketten eine Kombination aus lokalen Partnern und Alternativen auf globaler Ebene, denn Krisen treten selten überall gleichzeitig auf, sondern haben eher regionalen Charakter oder wirken sich in Zyklen auf einzelne Regionen aus. Deshalb werden wir auch innerhalb unserer strategischen Wachstumsplattformen flexibler sein und sie und die allgemeinen Geschäftsstrategien im weiteren Verlauf verfeinern müssen. Der Schutz von Menschen und Know-how, das Verständnis und die Eindämmung des Geschäftsrisikos sowie die effiziente Verwaltung von Ressourcen, Kapital und Prozessen ist ein noch wichtigeres Element geworden. Darüber hinaus ist die Bedeutung zuverlässiger und stresserprobter ein- und ausgehender Lieferketten gewachsen. Der Schwerpunkt wird stärker auf lokalen Partnerschaften und kürzeren Ketten liegen.

Wir bei WeylChem haben verschiedene Wachstumsszenarien ausgearbeitet. Ich denke, dass, wenn sich der gegenwärtige Pandemieausbruch legt, wir zunächst in einigen Marktsegmenten eine ungewöhnlich hohe Nachfrage erleben werden. Der Gewinner wird derjenige sein, der bereit ist, auf hohem Niveau zu arbeiten und schnell Lösungen zu liefern. Es wird einige Zeit dauern, bis sich die Märkte normalisieren werden und sich eine „neue Normalität“ herausgebildet hat.

ZUR PERSON
Antti Koivisto studierte International Business & Finance an der University of Lincoln. Er erwarb zusätzlich einen B.B.A. in Management und darüber hinaus einen Executive MBA an der Hanken School of Economics. Koivisto startete seine Karriere im Bereich Chemie bei BASF, wo er verschiedene Rollen mit wachsender Verantwortung in den Bereichen Sales und Marketing Management durchlief. Nach weiteren Stationen bei Orica und Dow kam er 2017 zu WeylChem und leitet heute den Bereich Sales & Marketing der Gruppe.

 

 

Kontakt

WeylChem International GmbH

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