WeylChem erwartet durch Integration der Organica Feinchemie neue Wachstumsimpulse
Organica ist ein Puzzlestück, das der WeylChem-Gruppe noch gefehlt hat
Als Unternehmensteil der International Chemical Investors Group (ICIG oder ICI Group) erwirtschaftet die WeylChem-Gruppe mit ca. 1.400 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 600 Mio. EUR.
Auf der Basis verschiedener Chemie- und Technologieplattformen produzieren die Tochterunternehmen an neun Produktionsstandorten in Europa und den USA Feinchemikalien für Anwendungen wie Agrochemie, Pigmente und Coatings, Pharma, Personal & Home Care, Polymere, Liganden oder Katalysatoren. Im Herbst 2022 erfolgte die Übernahme der Organica Feinchemie. Bekannt als lösungsorientierter Nischenanbieter tritt das Unternehmen mit Sitz in Bitterfeld-Wolfen seit dem 1. Juli 2023 als WeylChem Organica im Markt auf.
WeylChem-CEO Michael Grün und WeylChem Organica-Geschäftsführer Jörg Blumhoff erläutern die Strategie und die Wachstumspläne des Unternehmens. Die Fragen stellte Michael Reubold.
CHEManager: Herr Grün, Sie sind seit März CEO und President der WeylChem Group. Wo steht das Unternehmen aus Ihrer Perspektive heute?
Michael Grün: Die gegenwärtige Position der WeylChem-Gruppe spiegelt den Erfolg wider, der durch strategische Entscheidungen und Investitionen erzielt wurde. Eine davon betrifft natürlich die Akquisition der Organica Feinchemie. Hier sind wir nun mitten in der Integrationsphase, bei der sich bereits interessante Synergien innerhalb der Gruppe auftun. Es sind Möglichkeiten der Rückwärtsintegration bei Rohstoffen, aber auch faszinierende Ideen in der Zusammenarbeit zu erkennen. In der Kaskade von Forschung über gezielte Projektentwicklung bis zum stufenweisen Upscaling wird im Verbund mit der hochspezialisierten WeylChem InnoTec oder der Allessa vieles machbar sein.
Was bedeutet das für die zukünftige Ausrichtung?
M. Grün: Mit Blick auf die Zukunft legt die WeylChem einen klaren Fokus auf die Etablierung einer einheitlichen Gruppe als weltweit einziger Full Service Provider mit globalen Produktionsstätten im Bereich der chemischen Synthese, der Kunden von der Forschung bis zur kontinuierlichen Produktion unterstützen kann. Dies beinhaltet auch die Durchführung komplexer Auftragssynthesen, um innovative Produkte zu schaffen. Bei uns sind spezialisierte Kundenanfragen bestens platziert. Die WeylChem Organica ist genau das Puzzlestück, welches uns noch gefehlt hat.
Mit der Übernahme der Organica haben Sie Ihre Produktionsplattform erweitert. Welche besonderen Fähigkeiten oder – wie Sie zuvor sagten: Synergien – bringt Organica in die WeylChem-Gruppe ein?
M. Grün: Die Ergänzung der WeylChem-Gruppe durch die Organica war aus mehreren Gründen eine hervorragende Entscheidung. WeylChem Organica ist auf die flexible Auftragssynthese spezialisiert, was bedeutet, dass sie maßgeschneiderte chemische Verbindungen nach den spezifischsten Anforderungen unserer Kunden herstellen kann. Eine Stärke, die uns dazu befähigt, nahtlos die gesamte Fertigungskaskade von klein zu groß zu überbrücken. Darüber hinaus verfügt die WeylChem Organica über moderne, gut ausgestattete Produktionsanlagen sowie hochqualifizierte Mitarbeiter, die über umfangreiche Erfahrungen in der chemischen Synthese verfügen. Dies stellt sicher, dass die Produkte von höchster Qualität sind und den strengen Standards entsprechen.
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ZUR PERSON
Michael Grün studierte Chemie an der Universität Düsseldorf und promovierte dort 1999. Er begann seine Berufslaufbahn 2002 bei Bayer Material Science und arbeitete anschließend fast zehn Jahre in verschiedenen Führungspositionen bei Lanxess. Berufsbegleitend erwarb Grün 2005 einen Executive-MBA-Abschluss. 2012 wechselte er von Lanxess zu Münzing Chemie, wo er bis Ende 2022 Geschäftsführungsmitglied und COO war.
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ZUR PERSON
Jörg Blumhoff promovierte im Bereich Organische Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Er begann seine Karriere 2012 bei der Organica Feinchemie Wolfen, die 2023 in die WeylChem Organica umgewandelt wurde und deren Geschäftsführer er seit 2017 ist. Seit 2022 ist Blumhoff als Geschäftsführer auch für die CBW Chemie Bitterfeld-Wolfen verantwortlich.
Herr Blumhoff, wo liegen die Wurzeln und wo die besondere Expertise und die Stärken von Organica?
Jörg Blumhoff: Unsere Wurzeln liegen in der Filmfabrik in Wolfen, die bereits 1909 von der Firma AGFA gegründet wurde und Fotochemikalien herstellte. Unser Gelände gehörte zu DDR-Zeiten zum Bereich „Zwipro“ – also Zwischenprodukte – der Filmfabrik. 1995 wurde dieser Bereich privatisiert und die Firma „Organica Feinchemie Wolfen“ gegründet.
Seit dieser Zeit wird das Portfolio für die verschiedensten Anwendungsbereiche diversifiziert. Unsere Produktionsmengen liegen klassischerweise im drei- bis vierstelligen Kilogrammbereich. Aus Filmfabrikzeiten verfügen wir zudem über die Genehmigung von über siebzig Reaktionstypen.
Was hat zu dem Schritt geführt, den Sie nun mit WeylChem Organica gegangen sind?
J. Blumhoff: Das Unternehmen wählte diesen Schritt, um sich verändernden Kundenerfordernisse anzupassen. Die Organica Feinchemikalien konnte die Bedürfnisse ihrer Kunden vom Labormaßstab bis zum zweistelligen Tonnenmaßstab begleiten. Durch die Integration in die WeylChem-Familie erweiterte sich das Mengenband innerhalb WeylChem Organica auf bis zu 1.000 t/a und mehr.
Wo erwarten Sie beide Synergien durch den Zusammenschluss?
M. Grün: Die Integration bietet eine Vielzahl von Synergien. Besonders hervorheben möchte ich die komplementäre Expertise. Durch die unterschiedlichen Fachkenntnisse und Erfahrungen ergibt sich die Chance, neue Märkte zu erschließen. Die Spezialisierung der WeylChem Organica auf die flexible Auftragssynthese ermöglicht eine deutliche Erweiterung unseres Produktportfolios.
„WeylChem Organica kann und wird
als Keimzelle für neue Projekte fungieren.“- Jörg Blumhoff, Geschäftsführer, WeylChem Organica
J. Blumhoff: WeylChem Organica kann die Mengenbandlücke in der WeylChem-Gruppe schließen und im Verbund für bestehende und neue Produkte größere Mengen realisieren. Ich bin mir sicher, dass die WeylChem Organica in Zukunft als Keimzelle für neue Projekte und damit Produkte der WeylChem-Gruppe fungieren kann und wird.
Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Marktumfeld, in dem Sie agieren? Wo sehen Sie besondere Herausforderungen und wo Chancen?
M. Grün: Das gegenwärtige Marktumfeld in der Chemiebranche ist sowohl von Herausforderungen als auch von Chancen geprägt. Einerseits sehen wir Chancen durch eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen und umweltfreundlichen Produkten, was zu einer verstärkten Fokussierung auf grüne Chemie führt. Auf der anderen Seite steht die chemische Industrie vor Herausforderungen wie regulatorischen Anforderungen, steigenden Rohstoffpreisen und geopolitischen Risiken.
„Die Umstellung auf erneuerbare Energien
erfordert eine innovative Denkweise.“
- Michael Grün, CEO, WeylChem-Gruppe
Der Druck, sich auf erneuerbare Energien umzustellen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern, erfordert eine innovative Denkweise und Investitionen in Forschung und Entwicklung – alles Aspekte, die wir als Gruppe und auch mit Unterstützung der ICI Group bereits angehen und uns weitere Chancen bieten.
Große Chancen haben sich auch in der Zeit nach der Pandemie ergeben. Eine Vielzahl unserer bestehenden Kunden sowie Anfragen von Neukunden lassen erkennen, dass nach den Erfahrungen gestörter Lieferketten, deren strategische Ausrichtung wieder auf verlässliche Partner in Europa zielt. Kurze Wege, hervorragende Qualitäten und gleiche Geschäftsethiken sind wichtige Entscheidungskriterien geworden.
J. Blumhoff: Das Marktumfeld der WeylChem Organica ist divers, und durch die Tätigkeit als Nischenanbieter, sowohl hinsichtlich Mengenband als auch der Produkte selbst, zeigen wir uns robust gegenüber Marktschwankungen.
Risiken sehe ich im Bereich Energiepreisentwicklung sowie bei weiteren Einschränkungen durch politische Entscheidungen. Eine große Herausforderung ist sicherlich der Fachkräftemangel, weshalb wir frühzeitig unsere Ausbildungsquote stark erhöht haben.
Weiterhin eröffnet die vermehrte Qualifizierung europäischer Rohstoffquellen die Möglichkeit, eine umfangreichere Wertschöpfungskette abzubilden und somit gemeinsame Projekte innerhalb der WeylChem-Gruppe umzusetzen. Neue Verfahren aus dem Bereich Biotechnologie oder auch enzymatische Reaktionen werden in der Zukunft eine größere Rolle spielen. Nachhaltigkeit kann durch optimierte Kreislaufprozesse und biobasierte Chemie weiter optimiert werden.
Welches sind die Wachstumstreiber in diesem Markt und wie positionieren Sie sich, um davon zu profitieren?
M. Grün: Die chemische Industrie ist ein vielfältiger Markt, der eine breite Palette von Produkten und Anwendungen abdeckt. Die Wachstumstreiber variieren je nach Segment und Region. Nehmen wir die technologischen Innovationen. Fortschritte in der Materialwissenschaft, Nanotechnologie und Biotechnologie bieten neue Möglichkeiten für die Entwicklung von innovativen Lösungen. Auch die steigende Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten treibt das Wachstum an.
„Wir sehen auch auf Märkten außerhalb
Europas Wachstumschancen.“- Jörg Blumhoff, Geschäftsführer, WeylChem Organica
J. Blumhoff: Bei unserem umsatzstärksten Produkt haben wir dieses Jahr einen biobasierten Rohstoff eingeführt, um unseren Kunden ein nachhaltiges Octandiol anzubieten. Des Weiteren sehen wir Chancen hinsichtlich des Wachstums auch auf Märkten außerhalb Europas.
Allein im Zeitraum von 2017 bis 2021 hat WeylChem rund 150 Mio. EUR in Anlagen investiert. Sind die Investitionen damit zunächst abgeschlossen oder planen Sie weitere Investitionen?“
M. Grün: Investitionen werden dort getätigt, wo sie notwendig sind zur Erhaltung von Technologien, Wettbewerbsvorteilen aber auch strategischen Ausrichtungen für die Zukunft. Kontinuierliche Investition in die Entwicklung und Positionierung der Gruppe ist unbedingt notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Insgesamt trägt ein ständiges Investment dazu bei, die Langfristigkeit der WeylChem-Gruppe zu gewährleisten und die Erfolgschancen in einem sich ständig verändernden Geschäftsumfeld zu maximieren oder aktiv zu gestalten.
Weiter ist davon auszugehen, dass auch zukünftig Investitionen getätigt werden, um die Nachhaltigkeit, im Speziellen die Energieeffizienz unserer Produktionsanlagen, zu gewährleisten und zu fördern.
Welche nächsten Schritte planen Sie hinsichtlich Ihrer Organisation oder Positionierung?
M. Grün: Durch die Akquisitionen in der Vergangenheit, in jüngster Gegenwart, und durch die mit gewisser Wahrscheinlichkeit in der Zukunft noch zu erwartenden Akquisitionen, nähern wir uns zunehmend dem strategischen Ziel, eine weltweit integrierte und bedeutende Gruppe mit breiter Feinchemikalienpalette sowie bester Dienstleister für Auftragssynthesen weltweit zu werden. Keiner unserer Wettbewerber hat – mit all den verschiedenen Technologien, die wir beherrschen – eine globalere Aufstellung.
„Wir wollen eine erste Adresse im
Custom-Manufacturing-Geschäft werden.“- Michael Grün, CEO, WeylChem-Gruppe
Wie bereits erwähnt ist unsere Zielsetzung, die Position im Markt weiter zu stärken, auch indem wir unsere Bemühungen in der Kunden- und Projektakquise maximieren und gezielt ausbauen. Wir wollen uns innerhalb der Gruppe stärker vernetzen und eine erste Adresse im Custom-Manufacturing-Geschäft werden.