Große Namen, keine Titel
Editorial Michael Reubold
Liebe CHEManager-Leserinnen und -Leser,
schon der preußische König Friedrich der Große wusste: „Titel sind nur Zierden für Alberne; große Männer brauchen nur ihre Namen.“ Dem „alten Fritz“ zum Trotz haben wir im CHEManager seit der ersten Ausgabe vor mehr als 25 Jahren unsere promovierten Interviewpartner und Autoren stets betitelt. Gleiches galt für die im Nachrichtenteil unserer Branchenzeitung genannten Personen mit Doktortitel wie auch für die meisten unserer Redakteure, die in einem naturwissenschaftlichen Fach promoviert haben. Der Grund war nicht etwa Titelsucht, sondern die Gründer und ehemaligen Herausgeber wollten durch die Nennung von akademischen Titeln die Glaubwürdigkeit von CHEManager als Informationsmedium für Führungskräfte in der Chemie- und Pharmaindustrie unterstreichen.
Nun ist das mit den Titeln in der heutigen Zeit und im internationalen Geschäftsleben so eine Sache. Als ich 2005 für drei Jahre in die Konzernzentrale von Wiley in die USA übersiedelte, wurde mir dort eine unerwartete Ehre zuteil. Der Deutsche mit Doktortitel bekam ein „Corner Office“ - ein Statussymbol, welches meinen in den Großraumbüros arbeitenden amerikanischen Kolleginnen und Kollegen anfänglich Ehrfurcht einflößte. Doch mit der Zeit ließ die in den USA übliche Gepflogenheit, sich untereinander mit Vornamen anzureden, jegliche Berührungsängste verfliegen.
Eine ähnliche Erfahrung muss auch der heutige BASF-Chef (Dr.) Kurt Bock während seiner Zeit in den USA gemacht haben. Als Vorstandsvorsitzender forderte er 2013 die BASF-Mitarbeiter auf, im gegenseitigen Umgang auf den Gebrauch akademischer Titel zu verzichten. Dies sei zeitgemäßer und entspreche den Gepflogenheiten in einem internationalen Unternehmen, begründete Bock die neue Business-Etikette. Viele andere Unternehmen und Institutionen haben diesen Stil inzwischen in ihrer internen wie externen Kommunikation eingeführt. Und auch in der Tages- und Wirtschaftspresse wird heute überwiegend auf die Nennung von Titeln – übrigens laut BGB, entgegen landläufiger Meinung, kein Namensbestandteil – verzichtet.
Weil CHEManager heute international und modern ist, schließen wir uns ab dieser Ausgabe der allgemeinen Auffassung an, dass keine akademische Grade notwendig sind, um die Bedeutung einer Person zu unterstreichen. Unsere Interviewpartner und Autoren sind – ob promoviert oder nicht –Respektspersonen und Experten auf dem jeweiligen Gebiet.
In diesem Sinn grüßt Sie herzlichst auch ohne Titel Ihr
Michael Reubold
Chefredakteur CHEManager