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Preisentwicklung problematisch

Interview mit Robert Späth, Geschäftsführer der CSC Jäklechemie

18.07.2013 -

CHEManager: Herr Späth, wie beurteilen Sie die gegenwärtige wirtschaftliche Situation der Branche und Ihres Unternehmens?

R. Spaeth: Die Nachfrageentwicklung bei Commodities spiegelt die Lage der mittelständischen Industrie in Bayern wider, da wir hier nahezu alle Branchen mit Chemikalien versorgen.

Mit Ausnahme des Baugewerbes, welches u. a. durch die Streichung der Eigenheimzulage immer noch große Probleme hat, haben wir bei unseren Kunden durchweg steigenden Bedarf zu bedienen. Allerdings wird dies von einer sehr problematischen Preisentwicklung begleitet.

Die Düngemittelindustrie verzeichnet eine derart hohe Nachfrage aus Asien, dass es zu einer nie für möglich gehaltene Verteuerung der Vorprodukte kam.

Das bedeutet eine Preisexplosion bei allen auf Phosphor und Schwefel basierenden Produkten. Bei einigen Produkten trifft die hohe Nachfrage zudem auf ausgesprochene Versorgungsengpässe.

Die Ölpreisentwicklung hat deutliche Preiseffekte auf die Folgeprodukte bei Lösungsmitteln und Spezialitäten. Der Abfluss von Produktströmen auf den Weltmarkt zieht die Preise von Natronlauge hoch.

Dazu kommen deutliche Steigerungen der Frachtpreise und Logistikkosten sowie zunehmend knappe Frachtkapazitäten. Damit wird ein Preisniveau erreicht, welches es für den Handel besonderes bei Commodities sehr schwer macht, noch ausreichende Margen zu erzielen.

Unsere Kunden stehen unter hohem Kostendruck und nutzen alle Möglichkeiten, Preiserhöhungen abzuwehren. Diese sind allerdings unvermeidbar. Wenn wir unter diesen Rahmenbedingungen unseren Kunden nicht Versorgungssicherheit, Just in Time Lieferung, ein hohes Qualitätsniveau und individuelle Dienstleistungen als weitere Wertschöpfung bieten, wird es schwierig, im Markt zu bestehen.

Bei Spezialchemikalien gelingt dies aufgrund der höheren Anforderungen an Beratung, Service und Qualität wesentlich besser.

 


Welches sind die vorrangigen Themen, mit denen sich Ihr Unternehmen zurzeit beschäftigt?

R. Spaeth: Die Anforderungen an Standorte für den Umschlag von Commodities werden seit Jahrzehnten kontinuierlich durch den Gesetzgeber und die Politik erhöht. Dies ist teilweise auch gerechtfertigt, verlangt aber ein hohes Engagement der Betriebe. Wir sind gerade dabei, unsere kompletten Anlagen zum Umschlag der Anorganika und weiterer Flüssigkeiten zu erneuern und zu erweitern.

Dies nutzen wir als Chance, den gestiegenen Anforderungen, z. B. beim Umschlag von Lebensmittelzusatzstoffen, gerecht zu werden und die interne Logistik zu optimieren.

Darüber hinaus bauen wir unsere Kapazitäten für die Mischung von Zubereitungen weiter aus. Um bei Investitionen eine Nachhaltigkeit zu gewährleisten, zahlt es sich aus, die modernsten Technologien mit unseren Erfahrungen aus der Praxis zu verbinden.

Da es für den Chemiehandel keine fertigen Lösungen, wie z. B. für die Getränkeindustrie, zu kaufen gibt, müssen wir dabei oft unsere eigenen technischen Lösungen entwickeln. Die strategische Bedeutung gut ausgestatteter Standorte wird in Zukunft noch steigen.

Daneben beschäftigen uns natürlich auch Reach, GHS und weiteren aktuelle Themen, wie die Maßnahmen zur Abwehr von Terrorrisiken.

 


Thema Reach: Wie sehen Sie die neuen Verordnungen nach dem ersten Jahr? Welche Auswirkungen - positiv oder negativ - hat Reach für Distributeure?

R. Spaeth: Der Versuch, Reach auf ein praxistaugliches Niveau zu bringen, hat ja nun leider nur marginale Erfolge gebracht. Die chemische Industrie Europas hat zwar Ihre „Hausaufgaben" inzwischen begonnen, ich denke aber, dass es viele Produzenten außerhalb der EU und viele betroffene Marktteilnehmer innerhalb der EU gibt, die erst mit Beginn der Vorregistrierungsphase aufwachen und realisieren, was tatsächlich auf sie zukommt.

Für uns als Händler, der vorwiegend Produkte europäischer Hersteller vertreibt, ist Reach in erster Linie ein Thema der Kommunikation in der Lieferkette.

Wir haben die technischen Voraussetzungen geschaffen, um die Kette zwischen Produzent und Endverbraucher effizient und effektiv zu schließen. Leider können die dazu geschaffenen Instrumente noch nicht eingesetzt werden, da immer noch Details der Durchführung von Reach, wie z. B. die Struktur und die Standardphrasen bei erweiterten Sicherheitsdatenblättern, nicht gelöst sind.

Ich denke, es wird sich bis Mitte des Jahres noch viel tun, wobei einige Dinge wohl auch noch weiterhin Geduld verlangen. Ich sehe derzeit keine Vergütung dieses Verwaltungsaufwands durch unsere Kunden oder auch Lieferanten. Der Gegenwind des Kostendrucks steigt dadurch weiterhin an.

 


Das Motto des FECC-Kongresses 2008 lautet „Partnership for Success". Welche Rolle spielen Partnerschaften - mit Ihren Lieferanten, Kunden oder auch anderen Distributeuren - für Ihr Unternehmen?

R. Spaeth: Partnerschaften sind für uns als mittelständisches Unternehmen das Mittel der Wahl, um uns gegen die deutliche Dominanz der wenigen Konzerne unserer Branche zu behaupten.

Wir haben in Deutschland schon seit 1969 gute Erfahrungen, z. B. mit Penta gemacht, einem Gemeinschaftsunternehmen, welches die Nachfrage seiner Gesellschafter bündelt, um in den Genuss besserer Einkaufskonditionen zu gelangen. Die Internationalisierung von Penta ermöglicht uns heute auch die Partizipation an Single- Sourcing-Projekten globaler Kunden.

Besonders wichtig ist für uns aber die Pflege intensiver Partnerschaft mit Lieferanten und Kunden; das ist unser tägliches Brot. Es erfordert intensive Kommunikation, um sowohl Kunden als auch Lieferanten zu vermitteln, wo die Vorteile einer Geschäftsbeziehung liegen, die auf Vertrauen basiert und nicht auf den lauten Rufen „billiger Jakobs".

In Zeiten, in denen Sicherheitsaspekte und der verantwortliche Umgang mit Chemikalien immer wichtiger werden, darf der Preis nicht das einzige Argument sein. Erfolg durch Partnerschaft basiert immer auf einer win-win-Situation.

Dies gelingt nur, wenn wir auf die individuellen Bedürfnisse unserer Geschäftspartner eingehen und uns die Zeit nehmen, sie zu verstehen.

 


Erkennen Sie generelle Trends, die die Chemiedistributionsbranche in den nächsten Jahren prägen werden?

R. Spaeth: Ich sehe in unserer ohnehin schon kleinen Branche einen weiteren Trend zur Konsolidierung. Dies bedaure ich sehr, aber die Rahmenbedingungen verschärfen die Notwendigkeit der Konzentration auf nur wenige Standorte im lagerhaltenden Chemiehandel. Anders lassen sich die für eine verantwortliche Distribution notwendigen technischen Voraussetzungen nicht schaffen.

Leider verursachen ein Mangel an Personal bei den Umweltbehörden und die damit verbundenen Versäumnisse bei Kontrollen von z. B. Kleinsthändlern nach wie vor Wettbewerbsverzerrungen.

Die Schere zwischen der Kostenbasis von Distributeuren, die Verantwortung übernehmen und die erforderlichen technischen Sicherheitsstandards sowie entsprechende Anlagen vorhalten und der von lokalen Start- Ups, die mit hohem Risiko und mangelhafter Ausstattung ihr Glück versuchen, wird immer größer.

Auf Kosten der Sicherheit und Umwelt den schnellen Euro zu machen rechnet sich leider bei Standard-Grundstoffen. Dies führt dazu, dass dann die Marktpreise nicht die tatsächliche Wertschöpfung verantwortlicher Marktteilnehmer widerspiegeln.

Wir müssen das Qualitätsbewusstsein bei unseren Kunden und Lieferanten noch deutlich stärken und verlangen, dass die an uns gestellten Anforderungen auch an unsere Wettbewerber gestellt werden.

 


Wagen Sie einen Ausblick auf die Entwicklung Ihrer Hauptabnehmermärkte in den nächsten Monaten und die Faktoren, die sie beeinflussen werden?

R. Spaeth: Hier sollten eigentlich die Wirtschaftsweisen zu Wort kommen. Der Dollarkurs, der Ölpreis und die noch nicht ausgestandene Krise der Finanzmärkte beeinflussen natürlich unsere Abnehmermärkte in hohem Maße.

Nationale politische Entwicklungen spielen zudem eine Rolle in bestimmten Branchen, wie z. B. der Bauindustrie. Insgesamt gehe ich aber davon aus, dass der begonnene Aufschwung in Deutschland auf einer breiten Basis steht, sonst hätten sich die aktuell sehr negativen internationalen Rahmenbedingungen viel schlimmer ausgewirkt.

Sorge habe ich allerdings, wenn ich mir, mit Blick auf die für uns neuen Märkte in Mittel- und Osteuropa, die Entwicklung, z. B. in Ungarn ansehe. Hier haben sich die politischen Rahmenbedingungen derart schlecht entwickelt, dass die Unternehmen in völliger Stagnation verharren und viele Projekte auf Eis liegen.

Es bleibt die Hoffnung auf eine schnelle politische Stabilisierung, dann kann sich das schlummernde Potential dieser Volkswirtschaft wieder entfalten. Die höheren Anforderungen durch Reach fördern, durch die Begrenzung dieser Verordnung auf Europa, die weitere Abwanderung von produzierender Industrie in die Länder außerhalb der EU.

Es bleibt zu hoffen, dass die Bestrebungen, ähnliche Regelungen auch international umzusetzen, schnell Erfolge aufweisen.