Transport Logistic 2023
Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Fokus
Die Messe verdeutlichte eindrucksvoll, wie weit fortgeschritten die technischen Lösungen für eine ökologisch nachhaltige Transportlogistik mittlerweile sind. Größter Blickfang waren die Lkw der europäischen Hersteller mit ihren emissionsfreien, alternativen Antriebstechnologien. Ausgestellt waren Lastwagen mit Elektro-, Wasserstoff- und Biogas-Antrieb. Gerade Elektro-Lkw werden mittlerweile von allen großen europäischen Marken als Serienfahrzeuge angeboten. Sie werden in der City-Logistik und im regionalen Verteilerverkehr immer öfter eingesetzt. Auch in der Chemie- und Pharmalogistik kommen Elektroantriebe zum Einsatz. Anwendungsfelder sind Werksverkehre und der Vor-/Nachlauf der Hafenverkehre der Binnenschifffahrt sowie der Kombiverkehr Straße/Schiene.
Emissionsfreie Trucks
Dass alternative Antriebe im logistischen Alltag angekommen sind, zeigten die vielen Exponate an diversen Ständen der Spediteure und Verlader. Contargo bspw. präsentierte auf der Freifläche vor den Hallen seine erste Elektro-Zugmaschine ‚FH-Electric‘ von Volvo. Im Rahmen der Messe haben Contargo und Rhenus Trucking von Volvo Trucks das Fahrzeug übernommen – den ersten von insgesamt 15 Elektro-Lkw. Laut Contargo-Pressemitteilung sollen die E-Trucks „ab sofort ermöglichen, ihren Kunden deutschlandweit eine CO2e-reduzierte Transportkette anzubieten. Diese bildet den Containerverkehr mit E-Lkw und ökostrombetriebenen Bahnen ab.“ Der Volvo FH Electric hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 44 t. Mit sechs Batteriepaketen von je 90 kWh wird ein 490 kW starker Synchronmotor angetrieben. Bei einer Gesamtkapazität von 540 kWh hat der E-Volvo je nach Gewicht der Ladung eine elektrische Reichweite von bis zu 300 km.
Miet- und Sharing-Lösungen auf dem Vormarsch
Interessant zu beobachten war auf der Messe auch der Trend zu mehr Vermiet- und Sharing-Lösungen im Bereich der alternativen Lkw-Antriebe – Stichwort ‚Mobility as a service‘. Führende Dienstleister wie die Messe-Aussteller TIP oder PNO Rental präsentierten Mietangebote für ‚grüne‘ Lkw und Trailer. Vorteil für den Kunden: Er kann Fahrzeuge flexibel für Kurz- oder Langzeiteinsätze mieten und hat eine deutlich reduzierte Kapitalbindung. Zudem ermöglichen die innovativen Geschäftsmodelle einen niederschwelligen, risikoarmen Einstieg in die emissionsfreie Transportlogistik.
Einen Schritt weiter gehen Sharing-Plattformen wie die des Ausstellers Colonia: Auf dem Online-Portal des Kölner Anbieters können Logistiker Lkw und Anhänger nicht nur mieten. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre eigenen Fahrzeuge in den Pool einzustellen und zu vermieten. Gerade in fluktuierenden Branchen ist für Flottenmanager auf diese Weise ein kurzfristiger Auf- oder Abbau von Fahrzeugkapazitäten möglich.
IT für das Monitoring des CO2-Fußabdrucks
Auch IT-Dienstleister und Software-Anbieter waren in München stark vertreten. Zu den bekannten Services für Fleet- und Supply-Chain-Management sowie Telematik kommen mehr und mehr Anbieter hinzu, die sich um die IT-Erfassung des CO2-Footprints kümmern. Eines der Startups ist z.B. der Austeller Gryn: Das Hamburger Unternehmen berechnet die CO2e-Emissionen der Sendungen – ganz gleich, ob diese mit dem Lkw, Containerschiff, Bahn oder Flugzeug, einzeln oder kombiniert transportiert werden. Der Carbon Footprint des Transporteurs wird in Echtzeit auf dem Gryn-Dashboard angezeigt. Services wie dieser sind gerade für die Chemie- und Pharmabranche mit ihren komplexen globalen Lieferketten eine große Hilfestellung.
LkSG: soziale Nachhaltigkeit im Fokus
Um diese globalen Supply Chains – mit Fokus auf die soziale Nachhaltigkeit – ging es beim CHEManager-Forum am ersten Messetag. Dieses war mit rund 100 Gästen gut besucht, was am Dauerbrenner-Thema Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz lag. Das vom Autor moderierte Format widmete sich der Fragestellung, welche Erwartungen die Chemie- und Pharmaindustrie an ihre Logistikpartner stellt. In Keynotes und einer Podiumsdiskussion informierten mit Andreas Fuchs, Kilian Lück und Stefan Bartens drei LkSG-Experten zu den Grundlagen und der praktischen Umsetzung.
Der auf Pharmalogistik spezialisierte Rechtsanwalt Andreas Fuchs von der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein umriss den Geltungsrahmen. Das Lieferkettengesetz verpflichte alle Unternehmen mit regelmäßig mehr als 3.000 Mitarbeitenden in Deutschland zu neuen Sorgfaltspflichten in ihren Supply Chains. Unternehmen sind laut Fuchs verpflichtet, „in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten, um Risiken eines Verstoßes vorzubeugen oder zu minimieren, Verletzungen zu verhindern und Abhilfe zu schaffen“.
Auch kleine und mittelständische Unternehmen seien schon betroffen. Denn die Aufgaben, die aus dem LkSG folgen, würden an die Lieferanten weitergegeben. Kilian Lück, Berater bei Camelot Management Consultants, betonte, dass es entscheidend sei, neben Tools wie Checklisten entsprechende Strukturen und einen ‚Kümmerer‘ für das Thema im Unternehmen zu etablieren. Wichtig sei es, jene Teile der Lieferkette im Blick zu haben, die als besonders kritisch bekannt sind. Die Umsetzung erläuterte Stefan Bartens, Vice President, Logistics Procurement Surface Transportation, Warehousing bei BASF. Mit der Gründung einer Task Force für das Lieferkettengesetz wurde bei BASF die strukturelle Basis gelegt. Im Tagesgeschäft erfolgen Lieferanten-Qualifizierungen und das kontinuierliche Monitoring der relevanten Lieferketten.
Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass die Nachhaltigkeit aufgrund global aufgestellter Supply Chains auch globaler Lösungen bedürfe – langfristig gesehen auch mit einem global geltenden Rechtsrahmen. Rechtsanwalt Fuchs informierte in diesem Zusammenhang, dass zusätzlich zum deutschen Gesetz eine EU-Lieferketten-Richtlinie in Vorbereitung sei. Die ersten Schritte Richtung Globalisierung des LkSG wären damit also getan.
Autor: Bruno Lukas ist Gründer und Inhaber der Berliner Logistik-Beratungsfirma Green Logistics Enabler (www.gle-berlin.de). Er ist Spezialist für nachhaltige Logistikprozesse und unterstützt Verlader und Spediteure bei der Umstellung auf emissionsfreie Transportlogistik.