Forschung & Innovation

Nanovollautomaten

Innovative Maschinen von Nextract für neue Möglichkeiten in der Entwicklung heterogener Katalysatoren

17.08.2022 - An der Universität Duisburg-Essen laufen die Vorbereitungen zur Ausgründung von Nextract auf Hochtouren. Das künftige Start-up entwickelt vollautomatische Maschinen zur nachhaltigen Produktion heterogener Katalysatoren mit reduziertem Edelmetallanteil.

An der Universität Duisburg-Essen laufen die Vorbereitungen zur Ausgründung von Nextract auf Hochtouren. Das künftige Start-up entwickelt vollautomatische Maschinen zur nachhaltigen Produktion heterogener Katalysatoren mit reduziertem Edelmetallanteil. Diese sollen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, da Technologien wie die Wasserstoffbrennstoffzelle aktuell noch hohe Mengen an Platinkatalysator benötigen. Im Interview erläutert einer der Gründer, Friedrich Waag, die Technik und die Pläne des Spin-offs in spe.

CHEManager: Was motiviert Sie zum Gründen eines Chemie-Start-ups?

Friedrich Waag: Die Chemieindustrie versorgt uns in allen Bereichen des Alltags mit Materialien. Sie ist aber auch festgefahren. Ihr fehlen oft Lösungen für das Recycling ihrer Materialien am Ende des Lebenszyklus, für die Entsorgung oder Vermeidung von gefährlichen Nebenprodukten der Synthesen und auch für den Umstieg auf erneuerbare Ressourcen. Sie braucht frischen Wind von außen. Der Bedarf an Start-ups in der Chemie ist groß, und wer selbst innovativ arbeiten will, ist in einem Start-up oft besser aufgehoben als in einem etablierten Unternehmen.

Welchen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft wollen Sie mit Nextract leisten?

F. Waag: Unsere Methode der Nanopartikelsynthese kommt ohne Metallpräkursoren und Reduktionsmittel aus. Die Synthese findet direkt vom Feststoff, einem Stück Metall oder Keramik, statt. Zudem liegt der Umsatz der Synthese bei 100%. Die Methode ist somit an sich bereits sehr nachhaltig. Und die Vollautomatisierung macht die Qualität der Partikel unabhängig von Nutzer und Standort. Man kann dezentral und standardisiert Nanopartikel produzieren und wird unabhängiger von Lieferketten. Zuletzt verbessern wir den Zugang zu qualitativ hochwertigen Nanopartikeln für alle Anwender, die bisher nicht selbst produzieren konnten. Das Einkaufen kolloidaler Nanopartikel ist mit hohem Kostenaufwand, limitiertem Portfolio, sprich wenig Innovationskraft, und oft leider auch unzureichender Qualität verbunden.

Nanopartikel finden vielseitigen Einsatz. Auf welche Anwendung fokussieren Sie sich?

F. Waag: In den letzten zwei Jahren haben wir einige Pilottests mit unserem Laborautomaten-Prototyp durchgeführt und mit potenziellen Anwendern gesprochen. Dabei zeigte sich, dass die Entwicklung heterogener Katalysatoren - aktive Nanopartikel verteilt auf einem größeren Trägermaterial - ein vielversprechendes Anwendungsfeld ist. In Zeiten der Energiewende, weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energiequellen, ist dieses Feld von großer Bedeutung. Wenn Wasserstoff fossile Brennstoffe weitestgehend ersetzen soll, brauchen wir günstigere Katalysatoren, bspw. für Brennstoffzellen. Dafür müssen wir den Anteil an Edelmetall im Katalysator verringern. Ein vielversprechender Ansatz ist die Verwendung von Legierungen an Stelle reiner Metalle. Solche Legierungskatalysatoren müssen entwickelt werden.

Was kann Ihre Technologie hier besser als die etablierte Methode?

F. Waag: Es gibt bereits konventionell hergestellte Legierungskatalysatoren, allerdings nur wenige, da die Entwicklung sehr aufwändig ist. Die Imprägnierungsmethode nutzt chemische Präkursoren, die unterschiedlichen Reduktionsdynamiken folgen. Mit jedem weiteren Metall in einer Legierung wird die Entwicklung komplexer. Zudem muss die Legierungsbildung später durch hohe Temperaturen erzwungen werden, was zur Verringerung der aktiven Oberfläche des Katalysators führt. Bei unserer Methode gibt es diese Probleme nicht. Man legt die Legierung als Feststoff vor und der Laser „extrahiert“ daraus Nanopartikel. Man kann eine Reihe Legierungskatalysatoren variierender Zusammensetzung in wenigen Tagen herstellen, statt in einigen Monaten. Darüber hinaus können auch einfach andere Trägermaterialien verwendet werden, da wir die aktiven Nanopartikel nicht auf dem Träger produzieren, sondern später auf diesem abscheiden. Dadurch wird auch die Partikelgröße unabhängig von der Massenbeladung.

Welche weiteren Anwendungsfelder wollen Sie in Zukunft adressieren?

F. Waag: Die heterogene Katalyse ist bereits ein großes Feld. Wir legen den Fokus aktuell auf Wasserstofftechnologien, da wir hier mit am Markt etablierten Lasersystemen heute schon bis in die Produktion skalieren können. Das gilt auch für Technologien zur CO2-Umwandlung, die aktuell populärer werden. Die Kosten für Laser fallen weiter bei steigender Leistung. In einigen Jahren können unsere Anlagen Katalysatoren für große Reaktoren wirtschaftlich produzieren. Dann wollen wir auch einen Beitrag zur Umstellung der Chemie von Erdöl auf nachwachsende Rohstoffe leisten. Neben der Katalyse sehen wir großes Potenzial in der additiven Fertigung. Der Bedarf an nanoadditivierten Materialien wächst. Mit unserer Methode können diese genauso einfach wie heterogene Katalysatoren hergestellt werden.

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Zur Person
Friedrich Waag studierte Bio- und Nanotechnologien an der Fachhochschule Südwestfalen und promovierte in Technischer Chemie an der Universität ­Duisburg-Essen. In seiner Promotion beschäftigte er sich mit der Herstellung heterogener Katalysatoren auf Basis lasergenierter Nanopartikel von edelmetallfreien Hochentropielegierungen für den Einsatz in alkalischen Brennstoffzellen. Bereits während der Promotion widmete er sich der Automatisierung der Synthesemethode und der Vorbereitung einer Ausgründung. Jetzt arbeitet er Vollzeit an dem Spin-off, EU-gefördert im Programm Start-up Transfer.NRW.

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  Lampe   Business Idea


Nachhaltige Materialien

Kaum ein chemischer Prozess kommt ohne Katalysator aus, sei es ein Syntheseschritt in der produzierenden Industrie oder die Aufbereitung von Kraftfahrzeug­abgasen. In 80 % der Fälle werden heterogene Katalysatoren eingesetzt, die einfach wiederverwendet, aufbereitet und recycelt werden können. Das ist wichtig, da Katalysatoren häufig wertvolle und seltene Edelmetalle enthalten. Die Energiewende, insbesondere die Umstellung auf Wasserstoff als mobilen Energieträger, wird den Bedarf an Edelmetallkatalysatoren weiter erhöhen. So findet Iridium Einsatz in Elektrolyseuren zur Wasserstoffproduktion und Platin in Brennstoffzellen für dessen energetische Verwertung. Auf der Erde existiert aber nicht einmal genug Platin, um die Energiewende im Mobilitätssektor zu realisieren. Um die Energiewende zu ermöglichen, muss der Edelmetallanteil im Katalysator reduziert werden. Dafür eignen sich insbesondere Legierungen aus mehreren Metallen, die jedoch über die etablierte Imprägnierungsmethode nur sehr aufwändig als Katalysator zu entwickeln und wenig nachhaltig zu produzieren sind. Grund dafür ist der Ansatz über chemische Präkursoren.
Nextract entwickelt zuverlässige und einfach zu bedienende Automaten, die Katalysatoren mittels Laserbestrahlung von Feststoffen herstellen. Dabei kann jeder denkbare Feststoff, auch Hochentropiematerialien, zu sehr kleinen Nanopartikeln in flüssiger Dispersion zerkleinert und dann auf einem beliebigen Träger abgeschieden werden, bei 100 % Umsatz vom Feststoff zu aktiven Partikeln.
Automaten verschiedener Skalierungsstufen sollen die grundlegende Forschung und die industrielle Entwicklung sowie Produktion adressieren. Kunden werden Anlagen je nach Bedarf mieten oder kaufen können. Für den Betrieb der Geräte werden spezielle Kapseln mit Standardmaterialien und nach Kundenwunsch bestückte Kapseln angeboten. Das Angebot wird zudem durch verschiedene Dienstleistungen ergänzt. Die Kapseln werden recycelt. Zudem kann Nextract Daten auslesen und zur Optimierung der Prozesse beim Kunden nutzen. Neben der Optimierung von Prozessen soll auch die Sicherung der Betriebsfähigkeit durch vorausschauende Wartung angeboten werden.

Nextract, Essen
www.nextract.eu

Logo

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 FahrstuhlElevator Pitch

Auf dem Weg zur Gründung

Die Rufe nach einer nachhaltigeren Zukunft werden immer lauter, nicht nur aufgrund der spürbaren Effekte des Klimawandels, sondern auch wegen Unsicherheiten in der Versorgung mit fossilen Energieträgen. Die Zeit ist mehr als reif für erneuerbare Ressourcen und saubere Energie. Doch noch stehen nicht alle notwendigen Technologien bereit. Wasserstoffbrennstoffzellen sind bspw. aufgrund der hohen Menge an teurem und rarem Platinkatalysator noch nicht breit implementierbar.
Nextract, die geplante Ausgründung aus der Universität Duisburg-Essen, baut Automaten für die Entwicklung und Produktion nachhaltigerer Katalysatoren auf Basis von Metalllegierungen. Die innovative Technologie ermöglicht Katalysatorherstellern eine Verringerung der Entwicklungszeit bei edelmetallarmen und -freien Legierungskatalysatoren von mehreren Monaten auf wenige Tage. Zudem gewinnt die Katalysatorproduktion durch geringeren Chemikalienaufwand und 100 % Syntheseumsatz deutlich an Nachhaltigkeit.


Meilensteine

2016

  •  Proof-of-Concept des Laborvollautomaten

2017

  • Start des Entwicklungsprojekts (Nanovollautomat) im ZIM
  • Patentanmeldung

2020

  • Demonstratorbau des Laborautomaten
  • Start des Wissenschaftstransfer­projekts (AutoProNano) im Start-up Transfer.NRW
  • Future Champions Accelerator Rhein Ruhr
  • High-Tech.NRW Business Accelerator

2021

  • Start Pilottestphase mit sieben Anwendern

2022

  • Abschluss Pilottestphase
     

Roadmap


2022

  • Marktreife des Laborvollautomaten
  • Teilnahme am Achema-Kongress

2023

  • Entwicklungsstart des Industrieautomaten
  • Gründung des Unternehmens als GmbH
  • Zertifizierung des Laborautomaten

2024

  • Vermarktung des Laborautomaten
  • Demonstrator des Industrieautomaten

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Kontakt

Nextract, Universität Duisburg-Essen

Deutschland