Forschung & Innovation

Mikrosensorik zur effektiveren Prozessentwicklung

Amensio entwickelt miniaturisierte Inline-Sensoren für die parallelisierte Messungen im Labormaßstab

10.07.2024 - Amensio entwickelt innovative Sensortechnik für das einfache und mobile Messen in bewegten Flüssigkeiten.

Klein, clean, agil und universell einsetzbar wird die Sens-o-Spheres Sensorplattform zum Enabler für Messungen aller Art über Branchengrenzen hinweg. Die kirschkernkleinen, funkfähigen Sensoren des Dresdener Biotech-Start-ups vereinfachen das hochparallelisierte Messen verschiedener Parameter vor allem in kleinen und mittleren Reaktoren, wo bisher keine Lösungen verfügbar sind. Tim Lauterbach, Mitgründer und CTO von Amensio, erläutert, wie es zur Firmengründung kam und welche Pläne Amensio für die Zukunft hat.

CHEManager: Wie kam die Idee zur Entwicklung von mobilen, miniaturisierten Sensoren zustande?

Tim Lauterbach: In meiner Ausbildung und später während meiner Forschungstätigkeiten habe ich mich mit fermentativen Prozessen beschäftigt. Die Idee der mobilen Sensoren entstand durch den eigenen Bedarf an flexibler Sensorik, welche in verschiedensten Gefäßen während der Prozessentwicklung im Labor mit minimalem Installationsaufwand angewendet werden kann. Nach der Vorstellung des Konzepts für mobile, miniaturisierte Sensorik in biotechnologischen Fachkreisen wurde der allgemeine Bedarf deutlich.

Was hat Sie und Ihr Team dazu bewogen, selbst ein solches Sensorsystem zu entwickeln?

T. Lauterbach: Nach intensiver Marktrecherche stellte sich heraus, dass kleine, flexible, einfach einzusetzende Sensoren am Markt nicht existieren. Stabsensoren benötigen eine im Gefäß vorgesehene Schnittstelle für die Installation und sind somit nur beschränkt einsetzbar. Optische Sensorik an der Gefäßwand benötigen einen visuellen Zugang zur Ausleseeinheit und lassen sich nur mit Aufwand und hohen Kosten parallelisieren. Sensoren, die einfach wie eine Chemikalie in den Reaktor appliziert werden und die Daten aus dem Prozess funkbasiert übermitteln, waren nicht verfügbar.

Der Bedarf war also da, und um diesen zu decken, wurden Sie selbst aktiv. Wie sieht Ihre Lösung aus?

T. Lauterbach: Die kirschkernkleinen, kugeligen Funksensoren zur hochgenauen Temperaturmessung stellen den Kern des Sensorsystems dar. Sie werden einfach dem Reaktionsansatz hinzugegeben und funken ihre Mess- und Metadaten an einen extern platzierten Empfänger. Mit einer Batterieladung ist eine Einsatzzeit von mehr als drei Tagen möglich, wobei Echtzeitdaten in einem Intervall von zehn Sekunden eine engmaschige Überwachung der Prozesse erlaubt. Nach der Nutzung können die Sensoren gereinigt und drahtlos wiederaufgeladen werden, was eine Mehrfachnutzung ermöglicht.

Und wie werden die Daten übermittelt?

T. Lauterbach: Der Empfänger, das sogenannte Gateway, übernimmt das Zwischenspeichern der Daten und synchronisiert diese mit einer Datenbank vor Ort. Dazu kann die informationstechnische Struktur des Kunden genutzt werden, indem wir Standardschnittstellen wie OPC UA anbieten. Alternativ kann über eine Desktopapplikation ein Export der Daten erfolgen.

Wo liegen die Vorteile gegenüber klassischer Sensortechnik?

T. Lauterbach: Neben der installa­tionslosen Anwendung in bereits vorhandener Reaktortechnik der Kunden ist auch die einfache Parallelisierung ein Schlüsselmerkmal. Bis zu 24 Sensoren können gleichzeitig mit einem Empfänger genutzt werden. Das Einbringen mehrerer Sensoren in einen Reaktor schafft zudem Redundanz und somit ­Sicherheit. Die Sensoren haben eine wasserähnliche Dichte, sodass sie durch das gesamte durchmischte Prozessvolumen schwimmen. Dies ermöglicht Messungen auch an kritischen Stellen im Reaktor, sodass im Gegensatz zu stationären Sensoren ein ganzheitliches Bild des Prozessvolumens entsteht.

Wie wird Amensio die Sensortechnologie weiterentwickeln?

T. Lauterbach: Nachdem wir den mobilen Sensor zur Temperaturmessung erfolgreich auf den Markt gebracht haben, arbeiten wir derzeit an der Integration eines pH-Sensors in die Sensorplattform. Ausgehend von funktionsfähigen Prototypen sind wir derzeit mit der Umsetzung zum Produkt beschäftigt. Ein Vorteil für Bestandskunden wird sein, dass sie die peripheren Geräte – also den Empfänger und das Ladegerät – auch mit den neuen pH-Sensoren werden nutzen können.

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ZUR PERSON
Tim Lauterbach ist CTO von Amensio. Er hat an der Technischen Universität Dresden Bioverfahrenstechnik studiert und sich im Bereich der Sensorik und Prozess­analyse spezialisiert. Bereits während seiner Promotion zur Entwicklung miniatur­isierter Sensorik für Applikation in der Biotechnologie und in den Life Sciences gründete er mit seinem Kollegen Felix Lenk das Start-up Amensio. Gemeinsam treiben die beiden die Produkt- und die Geschäftsentwicklung voran.

 CM   Business Idea

 

Klein, clean, agil und universell
Die Etablierung und Optimierung von Prozessen in der Biotechnologie, den Lebenswissenschaften und den angrenzenden Branchen wird typischerweise in kleinen, hochparallelisierten Reaktoren durchgeführt. So werden bspw. für die Prozessentwicklung in der biotechnologischen Produktion von Grund- und Spezialchemikalien Versuchspläne erstellt und durchgeführt, wobei die Umgebungsbedingungen durch Sensorik genau erfasst werden müssen. Eine klassische Reaktorform, die beim Upscaling von Prozessen, aber auch zur Anzucht von Vorkulturen für die Produktion verwendet wird, ist der Schüttelkolben. Hierin stellt die Messwert­erfassung in der Flüssigkeit eine Herausforderung dar, da keine Sensoranschlüsse vorgesehen sind. Je höher die Wertschöpfung ist, desto mehr geht der Trend bei den Reaktoren hin zu ­Single-use-Systemen aus Kunststoff. So werden in der Produktion von Vakzinen und Arzneimitteln (u. a. Krebstherapeutika) Zellkulturen in Wavebag-Reaktoren oder Zellkulturflaschen fermentiert. Auch hier ist die direkte Einbringung von Sensoren problembehaftet oder geschieht indirekt. Klassische, kabelgebundene Sensoren erfüllen in immer geringerem Maße die Anforderungen, die durch eine vielfältiger werdende Reaktorauswahl an sie gestellt werden. Die Lösung stellen hier die kabellosen, miniaturisierten Sensoren dar.
Amensios Sens-o-Spheres sind kugelförmige, mobile Sensoren mit einem Durchmesser von 9 mm und einer wasserähnlichen Gesamtdichte. Das Sensorsystem bietet erstmals die Möglichkeit, in Reaktorsystemen unterschiedlichster Geometrien und Volumina (10 mL bis 300 L) mit geringem Installationsaufwand hochgenaue Temperaturmessungen durchzuführen. Die Daten werden direkt im Prozessvolumen erfasst und online nach außen an einen Empfänger gesendet. Dies ermöglicht eine Überwachung bereits während des laufenden Prozesses. Beim Einsatz von mehreren Sens-o-Spheres in einem Reaktor sorgt die Redundanz für eine Minimierung der Ausfallwahrscheinlichkeit. Bis zu 24 Sens-o-Spheres können nicht nur in einem Reaktoransatz parallel eingesetzt werden, sondern auch in bis zu 24 parallel fermentierenden Reaktoren. Als Plattform bieten die Sens-o-Spheres auch die Möglichkeit, weitere Sensorik wie pH-Wert- und Sauerstoffsensoren zu integrieren. Nach der Nutzung können die Sensoren wieder drahtlos aufgeladen und erneut genutzt werden.

Amensio

Amensio GmbH, Dresden
www.amensio.de

 

 CM   Elevator Pitch

 

Die Sensoren der Zukunft
Amensio wurde Ende 2021 von Felix Lenk und Tim Lauterbach gegründet. Das Ziel der beiden promovierten Wissenschaftler: biotechnologische Verfahren durch die Entwicklung miniaturisierter und funkfähiger Sensortechnik zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zuvor wurde die Idee der miniaturisierten Funksensoren für die Biotechnologie bereits im Rahmen mehrerer BMBF-geförderter Forschungsprojekte an der Technischen Universität Dresden vorangetrieben.
Bereits 2017 wurde das spätere Gründerteam für die ersten Prototypen der mobilen Sensoren als Gewinner der T³ Technology-Transfer-Trophy auf der Bionection ausgezeichnet. Eine weitere Auszeichnung erhielten die innovativen Sensoren als sie 2020 an der Bayer Grants4Tech Seed­Sensor Challenge teilnahmen und mit dem 1. Platz prämiert wurden.
Seit der Gründung von Amensio ist das Unternehmen auf stetem Wachstumskurs. Die inzwischen sieben Spezialisten aus den Themengebieten Bioverfahrenstechnik, Hardware- und Softwareentwicklung arbeiten zielgerichtet an den Sensoren der Zukunft.
Neben dem Engineering hat Amensio auch die Kapazitäten für das Prototyping und Testing der Komponenten aufgebaut, sodass dynamische Iterationszeiten in der Entwicklung realisiert werden können.

Meilensteine

  • 2021:
    - Erstellung des Businessplans
    - Erfolgreiche Seedfinanzierung durch Wagniskapital
    - Gründung der Amensio GmbH
     
  • 2022:
    - Technologietransfer durch Forschungspartner
    - Teamerweiterung
     
  • 2023:
    - Produktentwicklung (mobiler Sensor zur Temperaturmessung)
    - Aufbau von Lieferketten
     
  • 2024:
    - Markteintritt mit dem ersten kommerziellen Produkt (mobiler Sensor zur Temperatur­messung)
    - Messeauftritte bei Analytica und Achema
    - Konzeptionierung eines pH-Sensors

Roadmap

  • 2025:
    - Prototyp des pH-Sensors
    - Konzeptionierung eines Gelöstsauerstoff-Sensors
     
  • 2026:
    - Markeinführung des pH-Sensors
    - Prototyp des Gelöstsauerstoff-Sensors

  

  

   

  

 

Ein Dank gebührt den Sponsoren des CHEManager Innovation Pitch, die diese Veröffentlichung mit ermöglichen!



BioCampus Straubing Sponsor CHEManager Innovation Pitch

 

                           

    Ruhr-IP Sponsor CHEManager Innovation Pitch 

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