Kurskorrektur notwendig
Deutschland fällt in seiner Wettbewerbsfähigkeit weiter zurück
Mit großem Knall und einem Rosenkrieg ist die Ampel-Koalition gescheitert. Die USA haben mit Donald Trump einen ausgewiesenen Protektionisten, Isolationisten und Populisten abermals ins Weiße Haus gewählt. Die politische Großwetterlage könnte für die deutsche Industrie zum Jahresende nicht düsterer sein: Wichtige Gesetzesvorhaben drohen mit dem Ende der Koalition und dem Prinzip der parlamentarischen Diskontinuität in der Versenkung zu verschwinden.
Dies betrifft zum einen das Kraftwerksicherheitsgesetz, das nach langem Hin und Her eine No-Regret-Maßnahme für die Versorgungssicherheit und für die Marktanreizung von Wasserstoff wäre, und zum anderen das Kohlenstoff-Speicherungs- und Transportgesetz, das die Grundlage für CCS und damit die Zukunftsfestigkeit großer Teile emissions- und energieintensiver Prozessindustrien in Deutschland schafft.
Dies betrifft auch die Umsetzung europäischer Richtlinien wie die Industriemissionsrichtlinie und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), ebenso wie die Verwirklichung von stiefmütterlich behandelten digitalpolitischen Vorhaben wie die EU-Richtlinie zur IT-Sicherheit NIS-2 und dem Dachgesetz für Kritische Infrastrukturen (KRITIS). Insbesondere in diesem Bereich hat die als „Fortschrittskoalition“ angetretene Regierung nicht geliefert, obwohl Cybersicherheit und Digitalisierung als Achillesferse des Standorts Deutschland gelten.
Derweil fällt Deutschland in seiner Wettbewerbsfähigkeit weiter zurück. Die Sicherheit der Energieversorgung ist zunehmend in Frage gestellt. Es fehlt überall an Fachkräften. Die Unternehmensbesteuerung ist zu hoch. Hohe Energiepreise erdrosseln immer mehr die industrielle Produktion in Deutschland. Die hausgemachte Kostenfrage der Energiewende lässt die industrielle Basis erodieren und leitet eine ungeahnte Deindustrialisierung ein.
Darüber hinaus trifft die exportorientierte Industrie auf eine zunehmende Abschottung von Märkten und auf einen globalen Wettbewerb, in dem die Konkurrenz mit günstigen Energiepreisen, wenig Transformationsdruck und ohne Regulationslast einen erheblichen Vorteil gegenüber heimischen Unternehmen genießt.
„Die Bundestagswahl muss eine Richtungswahl sein.“
Die Probleme sind allseits bekannt und oft beschrieben worden, und doch verhallen die Appelle nach Gipfeln, Papieren und Strategieprozessen. Der aktuelle Zustand der deutschen Automobilindustrie, der wichtigsten Kundenindustrie der deutschen chemischen Industrie, steht schließlich warnend für das Dilemma der deutschen Wirtschaft.
Die Bundestagswahl am 23. Februar muss daher eine Richtungswahl sein, die über den zukünftigen wirtschafts- und industriepolitischen Kurs des Landes entscheidet. Es muss klar sein, dass nach der Wahl ein großes Entlastungspaket für die deutsche Wirtschaft geschnürt werden muss. Hier stehen alle demokratischen Parteien in der Pflicht zu einem gemeinsamen Kraftakt, wollen sie den Wohlstand in Deutschland sichern. Dabei müssen Strompreisentlastungen wie bei den Netzentgelten oder eine Ausweitung der Strompreiskompensation (wie in der chemischen Industrie) ebenso Bestandteil eines solchen Paketes sein wie ein Belastungsmoratorium für Berichts- und Dokumentationspflichten oder eine Integration der losen Fäden der zahlreichen Strategieprozesse.
Und schließlich muss eine neue Regierung eine starke Stimme für deutsche Interessen in Brüssel sein. Oftmals war diese Stimme bei vitalen industriellen Interessen Deutschlands in den letzten Jahren zu verzagt und zu heiser.
Der VAIS wird in den kommenden entscheidenden Monaten seine Stimme nutzen, um sich für die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen in Anlagenbau und Service einzusetzen.
Autor: Dietmar Kestner, Geschäftsführer, Verband für Anlagentechnik und Industrieservice e.V. (VAIS),
Düsseldorf
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