Kommentar: Anne Köhler, Gasreferentin beim Bundesverband Neuer Energieanbieter
21.01.2013 -
Zwei Marktgebiete müssen das Ziel sein. Seit drei Jahren lässt sich Bewegung auf dem deutschen Gasmarkt verzeichnen. Nacheinander wurden entscheidende Rahmenbedingungen verbessert – genannt seien nur das zweite Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder die Einführung des Zweivertragsmodells – und neue Anbieter bringen zunehmend Wettbewerb in den Markt. Die Freude über die positive Entwicklung darf jedoch nicht verdecken: Auch zum 1. Oktober 2008 wird der Standort eines Gasverbrauchers darüber entscheiden, ob er die Möglichkeit hat, zwischen mehreren Angeboten zu wählen.
Kern des Problems ist die Aufteilung des Gasmarktes in eine Vielzahl von Marktgebieten, durch die wirksamer Wettbewerb verhindert wird. Egal ob 19, 14 oder acht Marktgebiete – durch ihre Existenz werden die Netzzugangsbedingungen verzerrt, die Märkte abgeschottet und der Handel zersplittert: Beschaffung, Transport, Netzentgelte und die Abwicklung entscheiden über die Konkurrenzfähigkeit – notwendig dazu wäre eine möglichst barrierefreie Netznutzung. Doch je mehr Marktgebiete in Deutschland existieren, umso aufwendiger wird die Netznutzung, denn das überaus positive Zweivertragsmodell beschränkt sich auf ein einzelnes Marktgebiet.
Zudem sind je Marktgebiet unterschiedlich hohe Entry-Exit-Entgelte fällig und die Beschaffungsmöglichkeiten sowie die Kapazitätssituation beim marktgebietsüberschreitenden Transport (MÜT) variieren stark. Zudem werden Netznutzer bei den Kapazitätsbuchungen mit ungleich verteilten Bedingungen konfrontiert: Netzbetreiber stellen die Behauptung vertraglicher Engpässe auf – bei der alternativen Buchung von unterbrechbaren Kapazitäten ist die Zuordnung völlig unklar. Gleichzeitig bleiben wichtige Elemente zur Engpassvermeidung und Steigerung der Kapazität, wie etwa der zur Netzsteuerung notwendige Teil des Speichers sowie Gegenstromkapazitäten beim MÜT bisher völlig unberücksichtigt. In einem System, das lediglich auf die vertraglichen statt auf die umfangreicheren physischen Kapazitäten abstellt, übersteigt so die Nachfrage nach festen Kapazitäten deutlich das Angebot. Schließlich verschärft der Zuteilungsmechanismus nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ die Situation für neue Marktteilnehmer zusätzlich.
Es wird Zeit, dass endlich homogene Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter im deutschen Gasmarkt gelten. Nur mit einer zeitnahen Reduktion auf ein H- und ein L-Gas- Marktgebiet lässt sich dieses Ziel ernsthaft erreichen.
Anne Köhler, Gasreferentin beim Bundesverband Neuer Energieanbieter