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Europäischer Chemiehandelsverband FECC steckt sich ehrgeizige Ziele

18.03.2011 -

Im Mai 2010 wurde Edgar E. Nordmann, geschäftsführender Gesellschafter von Nordmann, Rassmann (NRC), zum Präsidenten des europäischen Chemiehandelsverbandes FECC gewählt. Dr. Uta Jensen-Korte ist seit November Generaldirektorin des Verbandes. Während Nordmann die Branche durch sein eigenes Geschäft und seine langjährige Verbandstätigkeit sehr gut kennt, kann Dr. Jensen-Korte ihre Erfahrungen durch Ihre vorherige Tätigkeit bei der Europäischen Kommission und bei der CEFIC einbringen. Dr. Birgit Megges befragte beide für CHEManager zu aktuellen Themen der Chemiedistributionsbranche und der Verbandsarbeit.

CHEManager: Herr Nordmann, wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit Dr. Uta Jensen-Korte aus? Hatten Sie schon die Gelegenheit, sich gemeinsame Ziele zu stecken?

Edgar E. Nordmann: Nach unserer Vorstellung sollte der FECC DIE relevante Stimme für unsere Branche sein. Um dies zu erreichen, haben wir gemeinsam die folgende Vision verabschiedet: Als Meinungsmacher und -geber innerhalb unserer Industrie ist der FECC der natürliche Partner für unsere Mitglieder, die eurpäischen Institutionen und Interessenvertreter. Ich bin überzeugt, dass Frau Jensen-Korte mit der Erfahrung, die sie bei der Europäischen Kommission und während ihrer Zeit beim europäischen Chemieverband, Cefic, gesammelt hat, uns hier gut unterstützen kann.

Ist REACh, jetzt nach Ende der ersten Registrierungsphase, immer noch eines der vorherrschenden Themen für Ihre Arbeit beim FECC?

Uta Jensen-Korte: REACh ist und bleibt eines der vorherrschenden Themen für meine Arbeit beim FECC. Wir gehen davon aus, dass weitaus mehr Händler durch die zweite Registrierungsphase erfasst werden als durch die erste Phase, die am 1. Dezember auslief; hierunter werden dann vor allem auch kleinere und mittlere Unternehmen sein. Wir werden die Erfahrungen, die während der 1. Registrierungsphase gesammelt wurden, auswerten und sie nutzen, um unseren Mitgliedern weitere Hilfestellungen anbieten zu können. So unterstützt der FECC z.B. beim SIEF-Management und entwickelt Kommunikationsinstrumente, die den Informationsfluss in der Handelskette vereinfachen. Andere Aktivitäten beinhalten z.B. die Unterstützung von FECC-Mitgliedern, um auf die öffentliche Konsultation von neuen Stoffen auf der Kandidatenliste reagieren zu können sowie beim Zulassungsprozess. Zusätzlich leisten wir Aufklärungsarbeit, um die Aufmerksamkeit der Mitglieder auf die neuen Sicherheitsdatenblatt-Anforderungen zu lenken, die für Stoffe ab dem 1. Dezember 2010 und für Mischungen ab dem 1. Dezember 2012 bindend sein werden.
Der FECC spielt eine wichtige Rolle in der REACh-Debatte und setzt sich für praktische und praktikable Verbesserungen bei der REACh-Umsetzung ein. Plattformen, um unsere Vorschläge zu präsentieren, bietet z.B die Directors Contact Gruppe der Kommission, wo der FECC auf die praktischen Probleme, die Händler mit REACh haben, aufmerksam machen kann. Außerdem verfolgen wir aufmerksam die Überarbeitungen der REACh-Leitfäden und sind Teilnehmer in den Partner Expert Gruppen der Europäische Chemikalien Agentur ECHA. Zudem steht für 2012 die Überarbeitung der REACh-Verordnung an, auf die wir uns natürlich rechtzeitig vorbereiten müssen.

Herr Nordmann, Sie standen selbst den REACH-Gesetzesentwürfen von Anfang an kritisch gegenüber. Wie stehen Sie heute dazu?

Edgar E. Nordmann: Da ich eine Verbesserung der gesetzlichen Regelung für Chemikalien schon lange befürworte, stehe ich den REACh-Gesetzen nicht so kritisch gegenüber. Ich gebe allerdings zu, dass ich einige Ausführungsbestimmungen und den zeitlichen Rahmen kritisch betrachte. Viele dieser Maßnahmen sind sehr kostspielig und damit für die sehr mittelständisch aufgestellte Industrie der Chemiedistribution eher kritisch zu bewerten. Wir als FECC gehen jedoch davon aus, dass hier in den nächsten Revisionsgesprächen im Laufe des Jahres 2012 noch Verbesserungen möglich sind.

Die Wirtschaftskrise, REACh und weitere gesetzliche Regelungen sind nicht spurlos an der Distributionsbranche vorübergegangen. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für diese Branche?

Edgar E. Nordmann: Zumindest hat die Distributionsbranche die so plötzlich hereinbrechende Krise im vierten Quartal 2008 sowie 2009 im Vergleich zu ihren Prinzipalen relativ gut überstanden. Dies liegt zum einen an der größeren Produktvielfalt, aber auch an der Endabnehmer-Diversifikation. Selten sind Distributeure nur in einer Branche aktiv, wie z.B. in der besonders schwer getroffenen Automobilindustrie. Dennoch wird sich unsere Branche zunehmend um höhere Effizienz in allen Stufen der Supply Chain, aber auch der Administration, bemühen müssen.
So sehen wir sehr deutlich einen Trend, dass sowohl unsere Kunden als auch unsere Prinzipale weitere Anforderungen an Serviceangebote und Arbeitsentlastung ihrerseits an uns herantragen. Ich denke hier u.a. an Blending, Compoundierung, Abfüllung, und Ähnliches. Auch in der Logistik dürfte es weitere Herausforderungen für unsere Branche geben. Wir rechnen mit insgesamt größeren Gebindeeinheiten: vom Sack zum Big Bag, vom Fass zum Tankwagen sowie der Forderung seitens unserer Kunden, Gebinde als Compound, Blend etc. anzubieten.

Wie kann der Verband seine Mitglieder unterstützen, diese Herausforderungen zu meistern?

Uta Jensen-Korte: Der Verband muss sich darauf vorbereiten, zukunftsträchtige Konzepte und Ideen zu entwickeln und den Mitgliedern anzubieten. Insbesondere, weil sich unsere Branche auf höhere Investitionen bei gleichzeitiger Verbesserung der Margen wird einstellen müssen. Da aber gleichzeitig ein Trend zur Konsolidierung unübersehbar ist, liegen hier die großen Herausforderungen für den Mittelstand. Darüber hinaus kommt der FECC natürlich auch weiterhin die Aufgabe zu, neue Gesetze schon im Frühstadium zu bewerten und seinen Mitgliedern nahe zu bringen.

Mitte November fand das diesjährige FECC-Membership-Meeting unter dem Titel „Aiming at the right target: M & A in the chemical distribution industry" statt. Können Sie das Thema näher erläutern?

Edgar E. Nordmann: Der Trend zur Konsolidierung im Chemiehandel-Sektor geht offensichtlich weiter. Ein stark segregierter Markt mit vielen kleinen Unternehmen, die sich an ihren lokalen Märkten orientieren, scheint nicht zu einer nachhaltigen und langfristig ausgerichteten Strategie zu passen. Denn wir beobachten, dass immer mehr Unternehmen zur Ausweitung ihres Marktes in Allianzen mit anderen chemischen Händlern eintreten. Dieser Trend ist vor allem eine Reaktion auf den Druck, der von den Chemikalienproduzenten ausgeübt wird. Diese bevorzugen es, mit Händlern zu arbeiten, die den Markt weiträumig abdecken, anstatt mit einem segregiertem Händlernetz. Unsere statistischen Daten, die einen allmählichen Rückgang der Anzahl der Chemiehändler auf dem europäischen Markt zeigen, bestätigen diese Entwicklung. Eine Analyse unserer Mitgliedsfirmen zeigt zudem die verstärkte strategische Ausrichtung auf Fusionen oder Übernahmen. Nur folgerichtig also, dass als Hauptthema für die FECC-Mitgliederversammlung 2010 „Fusionen und Übernahmen" gesetzt wurde.

Welche weiteren Themen standen bei der Veranstaltung bzw. stehen für die Branche im Vordergrund?

Uta Jensen-Korte: Weitere Themen waren und sind natürlich die REACh- und CLP-Verordnung, sie haben höchste Priorität für den FECC und unsere Mitglieder.
Durch die zunehmend globale Ausrichtung unserer Branche ist der Welthandel ein weiterer Fokus, und hier insbesondere die Entwicklung der Wachstumsmärkte in den BRIC-Ländern. Das Handelskommittee der FECC hat dazu einen Leitfaden erarbeitet, der den Mitgliedern auf der FECC-Webseite zur Verfügung steht. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengestellt, die beim Handel außerhalb von Europa zu beachten sind.
Responsible Care steht ebenfalls weit oben auf unserer Prioritätenliste. Wir haben das europäische RC-Programm entwickelt, um die Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards im europäischen Handel zu verbessern und um unser Bekenntnis zur Nachhaltigkeit zu bestärken. Wir sind überzeugt, dass die Förderung von RC von Vorteil für unsere Branche ist, da es nicht nur unsere Performanz, sondern auch unsere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verbessert.
Der FECC ist zudem in der Advisory Group und Chemikalien Sub-Gruppe CBRN (chemische, biologische, radioaktive und nukleare Materialien) aktiv und liefert Beiträge zu den Arbeiten der Kommission. Im Rahmen des Aktionsplans sollen Maßnahmen zur präventiven Bekämpfung des Chemikalienmissbrauchs umgesetzt werden.

„Good Distribution Practice" wird zunehmend häufig thematisiert. Die Implementierung der IPEC-GDP-Richtlinien aus dem Jahr 2006 scheint EU-weit allerdings eher schleppend zu laufen. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?

Uta Jensen-Korte: Aus unserer Sicht geht die Umsetzung der IPEC-GDP Richtlinien nicht schleppend voran. Wir sollten nicht vergessen, dass IPEC-Richtlinien vollständig im SQAS/ESAD Fragebogen, Abschnitt F & G integriert sind. Und es existieren bereits mehr als 100 Anlagen in der EU, die durch diese GDP-Beurteilung gegangen sind.
Wir wünschen uns allerdings eine bessere Umsetzung: Da die Arzneistoffträger - Excipients - bisher in der EU nicht geregelt sind, bleibt die SQAS/ESAD Beurteilung eine rein freiwillige Maßnahme. Wir gehen jedoch davon aus, dass wir einen starken Anstieg der Anzahl der Standorte, die die IPEC-GDP Richtlinien erfüllen, erwarten können, sobald die Rechtsvorschriften für Arzneistoffträger in Europa in Kraft treten.

Welche Ziele möchten Sie während Ihrer Präsidentschaft/während Ihrer Tätigkeit als Generaldirektorin mit dem FECC noch erreichen?

Uta Jensen-Korte: Ich möchte vor allen Dingen die Zusammenarbeit der verschiedenen FECC-Mitgliedergruppen, der nationalen Verbände, der Chemiehandelsfirmen, der Produzenten und der Partnermitglieder verbessern. Nur als gutes Team, das kompetent und transparent arbeitet, kann man Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufbauen. Um Relevanz auf dem europäischen Parkett zu erlangen und vom Gesetzgeber gehört zu werden, muss man mit einer Stimme sprechen. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist gute Kommunikation und Koordination.

Edgar E. Nordmann: Mir liegt zudem am Herzen, das von uns ausgearbeitete RC-Programm auf europäischer Ebene für alle europäischen Verbände sowie alle angeschlossenen Mitgliedsfirmen durch Drittparteiverifizierung verbindlich zu machen. Das würde unserer Branche einen großartigen Schub in Richtung Glaubwürdigkeit geben. 

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