Chemieindustrie bleibt weltweit auf Erholungskurs
24.03.2010 -
Die Immobilien- und Finanzkrise führte im Jahr 2008 zu einer der schwersten Rezessionen der Wirtschaftsgeschichte. Seit Sommer 2009 erholt sich die weltweite Wirtschaft in kleinen Schritten. Vom Vorkrisenniveau ist sie jedoch in vielen Ländern noch deutlich entfernt. Zur Stabilisierung der Lage hat ein international abgestimmter Rettungsplan für den Bankensektor sowie eine expansive Geld- und Fiskalpolitik beigetragen. Der Preis hierfür ist eine hohe Staatsverschuldung in vielen Ländern. Das Beispiel Griechenland zeigt, dass von hohen Staatsschulden destabilisierende Wirkungen für die Weltwirtschaft ausgehen können. Die Echoeffekte der Finanzkrise werden uns daher noch mehrere Jahre beschäftigen.
Unter dem Strich sank die globale Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um 2,6%. Noch deutlicher ist die Industrieproduktion eingebrochen. Sie sank um mehr als 10%. Doch auch in der Industrie geht es inzwischen wieder bergauf. Angesichts einer steigenden Industrieproduktion und weitgehend geleerten Lägern belebte sich in den vergangenen Monaten die Chemienachfrage. Dank dieser Entwicklung verbuchte die Branche im Gesamtjahr 2009 mit -2,6% einen vergleichsweise moderaten Rückgang. In den kommenden Monaten wird sich die Stabilisierung der Weltwirtschaft fortsetzen. Die Chemieindustrie bleibt weltweit auf Erholungskurs (Grafik 1).
Chemieanlagen fahren wieder hoch
Wenn die Industrieproduktion anzieht, spüren dies die Chemieunternehmen schnell, da ihre Produkte in nahezu allen Wirtschaftszweigen Verwendung finden. Die chemische Industrie konnte daher rascher als andere Branchen von der Erholung der Weltwirtschaft profitieren. Leere Läger bei den Kunden beschleunigen den Anstieg der Chemienachfrage zusätzlich. Die Chemie hat ihre Anlagen weltweit wieder hochgefahren. Seit April 2009 stieg die Chemieproduktion von Quartal zu Quartal (Grafik 2). Im vierten Quartal lag die Produktion bereits wieder 6% höher als ein Jahr zuvor. Allerdings muss diese Wachstumsrate vor dem Hintergrund des sehr schwachen Vergleichsquartals relativiert werden. Die Chemie hat weltweit ihr Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht.
Asien: Wachstumsdynamik ungebrochen
In den Schwellenländern Asiens hatte sich das wirtschaftliche Wachstum nur vorübergehend abgeschwächt. Das Chemiegeschäft in diesen Ländern wuchs daher auch im Jahr 2009 kräftig. Anders in den Industrieländern der Region: In Japan und Südkorea war die Chemieproduktion zum Ende des Jahres 2008 ähnlich stark eingebrochen wie in Europa und den USA. Getragen von der Dynamik Chinas und Indiens setzten sich aber in der gesamten Region die Auftriebskräfte wieder rasch durch. Sogar in Japan, das von der Wirtschaftskrise schwer gezeichnet wurde, stieg im Jahresverlauf die Chemieproduktion wieder deutlich an (Grafik 3). Allerdings wird es in Japan noch einige Zeit dauern, bis man wieder das Vorkrisenniveau erreichen kann. Demgegenüber liegt die Chemieproduktion in den anderen Ländern Asiens bereits wieder deutlich höher als vor der Krise.
Europa: Stabilisierung auf niedrigem Niveau
In Europa sind die Voraussetzungen ungünstiger. Zum Jahresende 2008 brach die Chemienachfrage regelrecht ein. Wichtige industrielle Kunden, wie beispielsweise die Automobilindustrie oder die Bauwirtschaft, stornierten in großem Umfang ihre Chemikalienbestellungen. Der Lagerbestand bei den Chemieunternehmen wuchs und die Unternehmen waren gezwungen die Produktion kräftig zurückzufahren. Die Talfahrt konnte erst im ersten Quartal 2009 gestoppt werden. Seitdem steigt die Chemieproduktion zwar wieder (Grafik 4), vom Vorkrisenniveau ist man aber nach wie vor weit entfernt, zumal sich im vierten Quartal der Aufwärtstrend bereits abgeschwächt hat.
Amerika: Trendwende geschafft
In den Vereinigten Staaten, dem mit Abstand größter Chemieproduzenten weltweit, belastete die Immobilienkrise die Bauindustrie. Zudem war die Nachfrage nach Automobilen aus amerikanischer Produktion eingebrochen. Damit steckten die beiden wichtigsten Kundenindustrien der US-Chemie in der Krise. Entsprechend schleppend verliefen die Chemiegeschäfte. Bereits 2008 wurde die Produktion um 4,6% gedrosselt. In 2009 sank sie noch einmal um mehr als 4%. Doch auch in den USA wurde die Talsohle im ersten Quartal 2009 erreicht. Im vierten Quartal lag die US-Chemieproduktion wieder 5% höher als ein Jahr zuvor (Grafik 5). Die Pharmaindustrie hatte einen erheblichen Anteil an diesem Anstieg. Zudem gewann die amerikanische Petrochemie aufgrund der niedrigen Gaspreise an Wettbewerbsfähigkeit. Noch erfreulicher liefen die Geschäfte in Südamerika. Insbesondere in Brasilien haben sich die Auftriebskräfte bereits frühzeitig durchgesetzt.
Prognose: Erholung setzt sich fort
Die Chemieindustrie kann in allen Regionen wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Mittelfristig sind die Perspektiven gut. Die großen Herausforderungen der Zukunft verlangen nach Produkten und Innovationen aus der Chemie. Die Stabilisierung der Weltwirtschaft wird sich zudem fortsetzen. Die Industrie dehnt ihre Produktion in den kommenden Jahren wieder aus. Auch die Chemienachfrage steigt. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Industrie- und Schwellenländern. Beide wachsen im Jahr 2010 zwar mit vergleichbarer Dynamik. In den Industrieländern reicht das jedoch bei Weitem nicht aus, um das Vorkrisenniveau wieder zu erreichen. Demgegenüber hat die Finanzkrise in den Schwellenländern nur eine leichte Delle im Wachstum hinterlassen. Hier wurden auch im Krisenjahr 2009 positive Wachstumsraten erzielt. Der Trend einer Verschiebung der Wachstumszentren im globalen Chemiegeschäft in Richtung der Schwellenländer hat sich damit weiter verstärkt. Gleichwohl setzt sich der Erholungsprozess im Chemiegeschäft auf allen Kontinenten fort (Tab.1).
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