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ChemCoast Park wird zum Energie-Hub

Brunsbüttel beginnt Bau des SuedLink-Konverters

20.03.2024 - Vor wenigen Wochen, am 21. Februar dieses Jahres, ist im ChemCoast Park in Brunsbüttel offiziell mit dem Bau des SuedLink-Konverters begonnen worden.

Von diesem Startpunkt aus soll auch der Süden der Bundesrepublik mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen, insbesondere der Offshore-Windkraft, versorgt werden. Der Bau von SuedLink, der in Norddeutschland vom Stromnetzbetreiber Tennet realisiert wird, ist mit einer Länge von rund 700 km und einer Investitionssumme von rund 10 Mrd. EUR das zentrale Infrastrukturprojekt der Energiewende in Deutschland und befindet sich in allen Abschnitten des Projekts mindestens im Planfeststellungsverfahren. Die Fertigstellung der zwei Höchstspannungsübertragung-Gleichstrom-Verbindungen (HGÜ), die in Baden-Württemberg und Bayern enden werden, ist für das Jahr 2028 avisiert.

Die an der Mündung des Nord-Ostsee-Kanals in die Elbe gelegene Stadt Brunsbüttel ist ein Standort für erneuerbare Energien mit langer Tradition: Unweit des heutigen Indus­triegebiets wurde 1983 die weltweit größte Windkraftanlage „Growian“ in Betrieb genommen (mit einer elek­trischen Nennleistung von 3 MW). Die Erfahrungen mit dieser innovativen Anlage konnten nutzbar gemacht werden, um 2005 die weitentwickelte, effizientere Windenergieanlage „5M“ mit einer Nennleistung von 5 MW und einem Rotordurchmesser von 126 m im ChemCoast Park Brunsbüttel in Betrieb zu nehmen, welche zu diesem Zeitpunkt ebenfalls die weltweit größte gewesen ist und als Prototyp für darauffolgende Offshore-Anlagen diente.

Anlässlich des Konverter-Bau­starts hat Guido Austen, Geschäftsführer des Bereichs Technik der Entwicklungsgesellschaft Westholstein (EGW), darauf hingewiesen, dass sich Brunsbüttel mit dem Bau des SuedLink-Konverters aktuell zu einer Drehscheibe für erneuerbare Energien von überregionaler Bedeutung entwickle, was dem Standort neue Perspektiven eröffne, aber auch mit größeren Flächenbedarfen und in­frastrukturellen Herausforderungen einherginge. Joschka Knuth, Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur betonte die übergeordnete Bedeutung des Projekts: „Der Norden produziert ihn, das ganze Land braucht ihn: Wir sind das Land des Windstroms. Doch der Strom muss auch dort ankommen, wo er benötigt wird.“ Der Bau sichert gleichzeitig die Energiewende und reduziert langfristig die Mengen abgeregelten Stroms. Dadurch reduziert sich auch der Maßnahmenbedarf für das Netzengpass-Management (insbesondere „Redispatch“), welche allein im Jahr 2022 Kosten von ca. 4,2 Mrd. EUR verursachten und die Stromkosten auch für die Industriebetriebe in Deutschland in die Höhe getrieben haben.

Im Brunsbütteler Konverter wird Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt, um bis zu 2.000 MW Energie mit geringstmöglichen Verlusten über 700 km in den Süden zu leiten. „Die SuedLink-Konverter werden mit der neuesten HGÜ-Technologie realisiert und können sowohl Wirk- als auch Blindleistung regeln, um das Übertragungsnetz zu stabilisieren“, sagte Hauke Jürgensen, Leiter für Stromübertragungslösungen bei Siemens Energy.

 

„Brunsbüttel wird zur Drehscheibe für erneuerbare Energien.“

Guido Austen, Geschäftsführer des Bereichs Technik der Entwicklungsgesellschaft Westholstein

Industrielle Dekarbonisierung

Der Strom aus erneuerbaren Energien ist selbstverständlich nicht nur in Süddeutschland, sondern auch bei der Industrie im ChemCoast Park gefragt. So etwa bei Sasol Germany, das in Brunsbüttel Fett­alkohole sowie anorganische Spezialchemikalien produziert und am schleswig-holsteinischen Standort rund 800 Mitarbeitende beschäftigt. Das Unternehmen arbeitet mit einem strategischen Fahrplan daran, den eigenen CO2-Fußabdruck weiter zu verringern und setzt bei Strom und Wärme auf erneuerbare Energien: Bereits im Januar 2022 erfolgte die Umstellung auf 100% grünen Fremdstrombezug für die Produktion in Brunsbüttel, wodurch allein in 2022 rund 4.000 t CO2 eingespart werden. Zudem kooperiert das Unternehmen mit den Hamburger Energiewerken, um zukünftig in etwa die Hälfte des Dampfverbrauchs durch grün erzeugten Dampf zu decken. Auch für Brunsbüttel leistet Sasol einen wichtigen Beitrag: Die Prozessabwärme des Werks wird in das Fernwärmesystem der Stadt eingespeist, wodurch das Unternehmen bereits öffentliche Einrichtungen, wie etwa das örtliche Schwimmbad, mit Wärme versorgt. Darüber hinaus arbeitet man sukzessiv an weiteren Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung in der Produktion und engagiert sich in diesem Kontext seit 2022 im „Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerk Westküste“, an dem sich auch andere große Betriebe der Chemie­industrie mit Produktionsstandort im ChemCoast Park beteiligen (wie u.a. Covestro, Lanxess, TotalEnergies und Yara).

Batteriespeicher-Parks für die Energiewende

Um die Kosten durch Redis­patch-Maßnahmen zu reduzieren und den Klimaschutz zu begünstigen, sind der Ausbau des Stromnetzes und die effizientere Nutzung von Strom, Dampf und Wärme wirkungsvolle Maßnahmen. Ein ergänzender Ansatz stellt der Aufbau von großen Energiespeicherkapazitäten dar, wie sie für die Energiewende und Versorgungssicherheit erforderlich und aktuell in der Nähe des ChemCoast Parks, einige Kilometer elbaufwärts, beabsichtigt sind: Gemeinsam mit Eon prüft das Energieversorungsunternehmen PreussenElektra derzeit die Errichtung des EU-weit bislang größten Batteriespeichers in Brokdorf. Der Speicher soll nach den Plänen des Unternehmens in zwei Stufen auf bis zu 800 MW Leistung und einer Speicherkapazität von bis zu 1.600 MWh ausgebaut werden. Die Inbetriebnahme der ersten Stufe mit einer Leistung von 100 MW könnte bereits 2026 erfolgen. Die Prüfung der örtlichen Gegebenheiten des zum Jahresbeginn 2022 abgeschalteten Kernkraftwerks in Brokdorf hat ergeben, dass das Kraftwerksgelände für den Bau eines großen Batteriespeichers – insbesondere in Hinblick auf die vorhandene Strom­infrastruktur – prädestiniert ist. Derzeit wartet PreussenElektra auf die bereits im Jahr 2017 beantragte Stilllegungs- und Rückbaugenehmigung, um den Rückbau beginnen zu können.


Autor: Jesko Dahlmann, Entwicklungsgesellschaft Westholstein, Brunsbüttel

 

Höchstspannung von Nord nach Süd

SuedLink ist die Bezeichnung einer im Rahmen des Netzentwicklungsplans Strom der Bundesrepublik Deutschland von den Übertragungsnetzbetreibern Tennet und TransnetBW geplanten Trasse von Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen). Zwei parallellaufende Leitungen sollen über eine Strecke von rund 700 km vorrangig die im Norden der Bundesrepublik aus Windkraft gewonnene elek­trische Energie nach Süddeutschland transportieren und dabei eine Leistung von insgesamt 4 GW übertragen können.

Die Konverteranlagen dienen der Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom (und vice versa). Die Übertragungsnetzbetreiber vergaben im August 2021 einen Auftrag für die Errichtung von Konverterstationen in Brunsbüttel und Großgartach an Siemens Energy. Im August 2022 wurde ein zweiter Auftrag für die Errichtung weiterer Konverterstationen in Wilster und Bergrheinfeld an Hitachi Energy vergeben. Das Auftragsvolumen liegt pro Anlage bei etwa 500 Mio. EUR.

Der Konverterstandort Brunsbüttel ist in Nachbarschaft zum 2011 stillgelegten Kernkraftwerk Brunsbüttel geplant. In der Nähe befindet sich außerdem das Umspannwerk Büttel, das mehrere Offshore-HGÜ-Systeme integriert und in das Strom von Offshore-­Windparks aus der Nordsee eingespeist wird. Im Februar 2024 begannen die Bauarbeiten für den Konverter. 

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