Neue Projekte der Energiewende
Im ChemCoast Park in Brunsbüttel investieren Unternehmen in Zukunftstechnologien
Ein Grund hierfür ist die Tatsache, dass der Standort ein Netzknotenpunkt erneuerbarer Energien ist: Zu den Höchstspannungsleitungen (u.a. der 380 kV-„Westküstenleitung“ von TenneT) und mehreren großen Umspannwerken wird noch in diesem Jahrzehnt der Anschluss an das bundesweite Wasserstoffkernnetz hinzukommen.
Dies ist eine Entwicklung, welche etwa von Yara begrüßt wird, die an ihrem Betriebsstandort im ChemCoast Park Ammoniak und Harnstoff, sowie in der weltweit größten Produktionsanlage den Diesel-Zusatz AdBlue produziert, mit dem die Stickoxid-Emissionen (NOX) aus Abgasen vermindert werden. Es ist Teil der Strategie des norwegischen Düngemittelherstellers, das Kerngeschäft mit Pflanzenernährung weiter zu stärken und gleichzeitig die CO2-Emissionen deutlich zu reduzieren.
Aus diesen Gründen hat das Unternehmen in einen Ammoniak-Importterminal investiert, der Anfang Oktober dieses Jahres offiziell eingeweiht werden konnte. Mit der vorteilhaften Lage an der Mündung des Nord-Ostsee-Kanals in die Unterelbe bietet sich der Standort als eine Drehscheibe für die Wasserstoffwirtschaft in Norddeutschland an. Über das Terminal in Brunsbüttel können bis zu 3 Mio. t/a CO2-armen Ammoniaks importiert werden. Dies entspräche 530.000 t Wasserstoff oder etwa 5 % des gesamten europäischen Wasserstoffziels für 2030. Das Ammoniak kann direkt vom Terminal an Abnehmer geliefert oder zu Wasserstoff gecrackt und in das zukünftige Wasserstoffkernnetz eingespeist werden.
„Der neue Terminal in Brunsbüttel wird mit seiner großen Importkapazität für emissionsarmes Ammoniak eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der deutschen nationalen Wasserstoffstrategie spielen und zur Energiewende beitragen. Seit 50 Jahren stellen wir hier am Standort Produkte her, die für Deutschland und Europa von grundlegender Bedeutung sind. Die Einweihung des Terminals ist unser Startschuss für die nächsten 50 Jahre“, so Sven Kohnke, Werkleiter und Geschäftsführer von Yara Brunsbüttel, zur Zukunftsperspektive.
Einsatz einer innovativen Wärmebatterie zur nachhaltigen Dampferzeugung
Auch die erheblichen Grünstromüberschüsse an Schleswig-Holsteins Westküste werden von der Industrie zunehmend nutzbar gemacht. Ein Beispiel hierfür ist Covestro, die am Brunsbütteler Standort MDI produziert, welches in großen Mengen für die Produktion von Hartschaumstoffen gebraucht wird (die u.a. für Gebäudedämmung zum Einsatz kommen). Das Chemieunternehmen hat mit dem US-amerikanischen Cleantech-Startup Rondo Energy eine Kooperation auf den Weg gebracht, um im ChemCoast Park eine innovative Wärmebatterie einzusetzen: Die „Rondo Heat Battery“ speichert erneuerbare Energie und liefert durchgehend Hochtemperatur-Dampf – und bietet damit eine nachhaltige Alternative zur Dampferzeugung mit fossilen Energieträgern.
Diese Batterien kombinieren alte Materialien mit moderner Automatisierung: Elektrische Energie wird in Form von Wärme gespeichert – mit Hilfe von Ziegelsteinen, die seit Jahrhunderten in Stahlwerken als Wärmespeicher eingesetzt werden. Die Wärme treibt einen gewöhnlichen Kessel an, der emissionsfreien Dampf liefert. Strom aus erneuerbaren Energien lässt sich intermittierend speichern, sobald ein Überschuss vorhanden ist, und es kann dennoch kontinuierlich eine konstante Menge Dampf erzeugt werden.
Die Technologie soll in Brunsbüttel Ende 2026 in Betrieb gehen. Das Projekt wird dann etwa 10 % des benötigten Dampfes am Standort produzieren, was bis zu 13.000 t/a CO2-Emissionen einspart. „Unsere Wärmebatterien ermöglichen eine tiefgreifende Dekarbonisierung, da nicht die Fabrik, sondern der Brennstoff geändert wird“, sagt Eric Trusiewicz, CEO von Rondo Energy. „Wir freuen uns auf den Einsatz in Brunsbüttel, wo große flexible Stromlasten im Stromnetz besonders wertvoll sind.“
Ein weiteres Unternehmen der Chemieindustrie am Standort ist Sasol Germany, das Spezialchemikalien produziert, welche in zahlreichen Alltagsanwendungen unentbehrlich sind: von Reinigungsmitteln bis hin zu medizinischen Produkten. Dabei arbeitet das Unternehmen mit Nachdruck daran, fossile Brennstoffe schrittweise durch erneuerbare Energien zu ersetzen und so die energieintensive Produktion nachhaltiger zu gestalten.
Sven Kohnke, Werkleiter und Geschäftsführer von Yara Brunsbüttel
„Das neue Ammoniak-Terminal wird eine wichtige Rolle in der nationalen Wasserstoffstrategie spielen.“
Reduktion von CO2-Emissionen durch Nutzung erneuerbarer Energien
Bis 2030 plant Sasol, seine direkten und indirekten Emissionen im Vergleich zu 2017 um 30 % zu reduzieren. Ein wichtiger Schritt dorthin ist der Umstieg auf grünen Strom: Seit 2022 bezieht der Chemieproduzent in Brunsbüttel eingekauften Strom komplett aus regenerativen Energiequellen. Durch diesen grünen Fremdstrom ist es möglich, etwa 4.000 t/a Kohlendioxid einzusparen. Zusätzlich nutzt das Unternehmen überschüssige Prozesswärme, um u.a. das örtliche Schwimmbad und weitere öffentliche Gebäude klimafreundlich zu beheizen.
Wasserstoff spielt ebenfalls eine zentrale Rolle in der Klimastrategie des Unternehmens: Als Mitglied der Initiative „GET H2“ engagiert sich Sasol für den Aufbau einer bundesweiten Wasserstoffinfrastruktur zur emissionsarmen Energieversorgung. Dabei dient Wasserstoff nicht nur als Energieträger, sondern auch als Rohstoff für chemische Prozesse.
Ein weiterer Meilenstein für den Standort ist das neue Forschungs-, Entwicklungs- und Analytikzentrum. Hier arbeitet das Unternehmen u.a. am Forschungsprojekt „Care-O-Sene“. Gemeinsam mit deutschen und südafrikanischen Partnern werden optimierte Fischer-Tropsch-Katalysatoren für die Produktion nachhaltiger Flugtreibstoffe entwickelt. Erste Erfolge der Forschungsarbeit wurden kürzlich durch intensive Tests bestätigt: Statt einer Kerosinausbeute von 50 – 70 % ermöglichen die neuen Katalysatoren nun eine Ausbeute von über 80 %. Ziel ist es, die kommerzielle Nutzung von Sustainable Aviation Fuels (SAF) zu fördern und damit den angestrebten Weg der Luftfahrt hin zur Klimaneutralität zu unterstützen.
Autor: Jesko Dahlmann, Entwicklungsgesellschaft Westholstein, Brunsbüttel
Downloads
Kontakt
egw:wirtschaftsförderung
Entwicklungsgesellschaft Westholstein mbH, Elbehafen
25541 Brunsbüttel
Deutschland
+49 4852 8384-0