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Auslandsentsendung ohne Rückkehrschock

Interview mit Marc Repey, Abeln Rechtsanwaltsgesellschaft

03.07.2012 -

Rund 1,5 Mio. Manager arbeiten als sogenannte Expatriates, kurz Expats, weltweit fernab ihres Heimatlandes. Und es werden stetig mehr. Laut Mercer International Assignments Survey 2010 stieg trotz weltweiter Wirtschaftskrise die Zahl der Entsendungen von Mitarbeitern ins Ausland in den Jahren 2008 bis 2010 um 4 %. Was erwartet diese Mitarbeiter nach der Rückkehr? Was sollten sie beachten, damit die Entsendung zum erhofften Karrieresprung und sich nicht zum Karriereknick wird?

Dr. Andrea Gruß befragte dazu Marc Repey, Rechts- und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Abeln Rechtsanwaltsgesellschaft in Frankfurt und Berlin.

CHEManager: Herr Repey, was gehört aus Ihrer Sicht über ein Sprach- und Kulturtraining hinaus zur Vorbereitung eines Auslandseinsatzes?

Marc Repey: Der wichtigste Rat: Sie sollten schon vor der Entsendung an die Rückkehr denken und alle möglichen Fallkonstellationen besprechen und vertraglich fixieren. Oft verlassen sich die Führungskräfte auf das gesprochene Wort ihres Vorgesetzten. Doch leider haben die Vorgesetzten in der Regel nicht zu entscheiden, welche Bedingungen die Mitarbeiter bei ihrer Rückkehr vorfinden werden. Gelegentlich haben sie selbst bis dahin das Unternehmen längst verlassen.

Außerdem ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die bisherige Stelle des entsendeten Mitarbeiters über mehrere Jahre für diesen freizuhalten. Es muss daher schriftlich und verbindlich festgelegt werden, unter welchen Umständen eine Rückkehr des Mitarbeiters erfolgt.

Welche Punkte müssen dabei beachtet werden?

Marc Repey: Der Mitarbeiter sollte auf einer vertraglich vereinbarte adäquaten Anschlussposition im Heimatland sowie die Anrechnung der im Ausland erbrachten Dienstzeit auf die betriebliche Altersversorgung bestehen und sich nicht darauf einlassen, das alte Arbeitsverhältnis zu beenden. Typischerweise wird das Arbeitsverhältnis „ruhend gestellt" und mit der Auslandsgesellschaft ein neuer Vertrag geschlossen. Es ist auch denkbar, das alte Arbeitsverhältnis als Grundlage der Beschäftigung im Ausland zu nehmen. Dann wird lediglich eine Ergänzungsvereinbarung getroffen, die den Aufenthalt im Ausland regelt.

Bei der Ausgestaltung des Entsendungsvertrages besteht in der Regel ein gewisser Spielraum, so dass es sich lohnt zu verhandeln. Dies sollte jedoch nur mit einer qualifizierten Beratung im Hintergrund geschehen.

Welche steuerlichen Konsequenzen kann eine Entsendung haben?

Marc Repey:
Arbeitnehmer sind in Deutschland uneingeschränkt einkommenssteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Behält der Entsandte seine Wohnung im Inland und ist deren Benutzung jederzeit möglich, bleibt er in Deutschland steuerpflichtig. Um eine Doppelbesteuerung im Heimat- und Entsendungsland zu vermeiden hat Deutschland mit vielen Staaten sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Nach diesen Abkommen hat der Staat das Besteuerungsrecht, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt. Hält sich der Arbeitnehmer allerdings nicht länger als 183 Tage im Ausland auf, kann das Besteuerungsrecht unter bestimmten Voraussetzungen wieder auf das Heimatland zurückfallen. Viele Arbeitgeber übernehmen die Kosten eines Steuerberaters während der Zeit der Entsendung.

Wie verhält es sich mit der Sozialversicherung?

Marc Repey: Unter bestimmten Voraussetzungen - Beschäftigungsverhältnis im Inland, Arbeitgebersitz im Inland, Entsendung nicht länger als 24 Monate - kann auch die Sozialversicherungspflicht in Deutschland erhalten bleiben. Auch hier hat Deutschland mit verschiedenen Ländern Sozialversicherungsabkommen geschlossen, die aber oft nur die Kranken- und Rentenversicherung betreffen.

Welche Probleme treten aus Ihrer Praxiserfahrung bei der Entsendung eines Mitarbeiters ins Ausland am häufigsten auf?

Marc Repey: Die meisten Probleme gibt es kurz vor und nach der Rückkehr der Mitarbeiter. Gelegentlich will der Arbeitgeber die ursprünglich vereinbarte Dauer der Entsendung abkürzen und ruft seinen Mitarbeiter mit einer sehr kurzen Ankündigungsfrist zurück und gibt ihm nicht ausreichend Zeit, um seine Rückkehr zu organisieren.

Weiter geschieht es häufig, dass Mitarbeiter zurückbeordert werden, ohne dass ihnen eine gleichwertige, adäquate Beschäftigungsmöglichkeit im Heimatland angeboten wird. Dem Mitarbeiter wird kein Ansprechpartner genannt, der ihn bei der Rückkehr unterstützt. Wenn es keine konkreten Vereinbarungen gibt, müssen Mitarbeiter gegebenenfalls die Kosten ihres Umzugs selbst tragen, ebenso wie Maklergebühren für die Anmietung einer neuen Wohnung im Heimatland oder die Einlagerungskosten für die Möbel, bis eine neue Wohnung gefunden wurde.

Mitarbeiter, die jahrelang im Ausland waren, benötigen verständlicherweise oft etwas Zeit, um sich wieder an die Unternehmenskultur und Lebensweise in Deutschland zu gewöhnen. Da viele mit ihrer Familie im Ausland waren, ist die Rückkehr der gesamten Familie eine besondere Belastung, da neue Schulen für die Kinder gesucht werden müssen, Arbeitsplätze für die Ehepartner sowie Wohnraum und neue soziale Kontakte geknüpft werden.

Oft ändern sich während der Entsendung auch die Struktur des Unternehmens und die Zusammensetzung der Teams, so dass die Eingliederungsphase ausführlich vorbereitet und engmaschig begleitet werden sollte. Da entsendete Führungskräfte im Ausland oft viel eigenständiger arbeiten als in den festen Unternehmensstrukturen im Heimatland, kann die Wiedereingliederung in die hierarchischen Strukturen im Heimatland Probleme bereiten.

Was können Unternehmen tun, um diesen Prozess zu begleiten?

Marc Repey: Während viele Unternehmen ein ausgefeiltes Entsendungsprogramm haben, ist ein entsprechendes Rückkehrprogramm oft nichtexistent oder wird nicht angewendet, weil man die Notwendigkeit für eine ordentliche Wiedereingliederung des Rückkehrers nicht erkennt.
Es empfiehlt sich, in festgelegten Abständen regelmäßige Mitarbeitergespräche mit dem Rückkehrer zu führen. Dabei sollten die Erwartungen des Unternehmens und die des Rückkehrers klar kommuniziert und im Laufe der Zeit abgeglichen werden, um Probleme frühzeitig zu erkennen und eine erfolgreiche Rückkehr zu ermöglichen.

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Fragen, die vor einer Entsendung mit dem Arbeitgeber geklärt werden sollten:

• Welche Umzugsunternehmen können genutzt werden?
• In welchem Umfang darf Mobiliar mit ins Entsendungsland gebracht werden?
• Werden zusätzliche Versicherungen (z.B. Unfall- und Lebensversicherung) und Zulagen für Einschränkungen der Lebensqualität oder aufgrund erhöhter Lebenshaltungskosten im Zielland finanziert?
• Wie viele Heimflüge pro Jahr werden bezahlt?
• Übernimmt der Arbeitgeber auch Kosten für Flüge von Familienmitgliedern?
• Welche Optionen hat der Mitarbeiter bei der Rückkehr?
• Wird ihm ein vergleichbarer Arbeitsplatz konkret zugesichert?
• Wie hoch wird das Gehalt nach der Rückkehr sein?
• Was geschieht, wenn die Unternehmensstrukturen sich während der Entsendung ändern?
• Gibt es eine Ankündigungsfrist, die der Arbeitgeber zum Rückruf des Mitarbeiters einhalten muss?
• Muss er sich der Mitarbeiter an den Rückkehrkosten beteiligen, wenn er im Ausland zusätzliche Güter (z.B. Möbel, Gebrauchsgegenstände) angesammelt hat?
• Wird dem Mitarbeiter nach dem Rückruf Urlaub zur Organisation des Umzugs gewährt?

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