Thermoschockbeständige Werkstoffe
Gerade noch glühend heiß – und im nächsten Moment spontan abgekühlt. Solche außergewöhnlichen Belastungen, noch dazu unter mechanischer Beanspruchung, halten die wenigsten Werkstoffe aus. Und doch gibt es viele technische Anwendungen, in denen genau diese Anforderungen an Materialien gestellt werden. Technische Keramiken stehen hier im Mittelpunkt, denn ihre hohe Hitzebeständigkeit kann gezielt durch weitere Eigenschaften ergänzt werden.
Eine besondere Klasse unter ihnen nehmen die CMCs ein. Diese sog. "Ceramic Matrix Composites" bestehen aus keramischen Fasern, die in eine keramische Matrix eingebunden sind. Die Fasern in dem Gefüge leiten Zugkräfte ab. Der Werkstoff wird dadurch außergewöhnlich stabil und zeigt nicht das typische Sprödbruchverhalten, das von
herkömmlichen Keramiken bekannt ist. CMCs sind thermoschockbeständig und langzeitstabil, auch unter hohen Temperaturen und Belastungen.
Anspruchsvolle Verarbeitung
Doch diese CMCs sind nicht einfach herzustellen. Bereits die technische Verarbeitung von Keramikfasern zu Geweben, die in der Regel als Vorstufe von CMCs dienen, ist anspruchsvoll: Trotz hoher Zugfestigkeit verfügen die Fasern nur über eine geringe Scherfestigkeit. Schnell zerbrechen die empfindlichen Fasern im Webprozess. Dem möchte man am ITCF Denkendorf mit einer für die Faserherstellung neuen Stoffgruppe, einer bestimmten Mischoxidkeramik, begegnen. Diese zeigt bei den entscheidenden physikalischen Werten, der Biegebruchfestigkeit und der Bruchzähigkeit, deutlich bessere Werte.
Die Mischoxidkeramik besteht aus Aluminiumoxid (Al2O3) und Zirkoniumoxid (ZrO2). Als sog. ZTA-Keramik (Zirkoniumoxid verstärktes Aluminiumoxid) hebt sie sich gegenüber reinen Oxidkeramiken durch verbesserte mechanische Eigenschaften ab, die zudem durch das Mischungsverhältnis der Komponenten noch einstellbar sind. Während ZTA-Keramiken bereits Einzug in die industrielle Fertigung von Bauteilen für Spezialwerkzeuge, medizintechnische Anwendungen oder Isolationsbauteile gefunden haben, ist deren Verwendung für die Produktion keramischer Fasern noch vornehmlich Neuland.
Gezielte Gestaltung des Gefüges
Die Herstellung der Fasern beruht auf einem Sol-Gel-Prozess, bei dem aus basischem Aluminiumchlorid und Zirkonylchlorid eine Spinnmasse hergestellt wird. Als Lösungsmittel dient Wasser. Die Spinnmasse wird in einem ersten Schritt im Trockenspinnverfahren zu einer Faser ausgesponnen, diese in einem zweiten Schritt zur Keramikfaser gebrannt. Die Zirkonoxid-Körner lassen sich im mikroskopischen Bild deutlich vom Aluminiumoxid unterscheiden. Das Zirkonoxid sitzt an den Grenzpunkten zwischen den Aluminiumoxid-Körnern. Es hemmt das
Kornwachstum und lässt sich damit zu einer gezielten Ausbildung des Gefüges einsetzen. Das Gefüge keramischer Fasern ist besonders fein, die Mineralkörner sind winzig. Die bekannten mechanischen Kennwerte monolithischer Körper aus ZTA-Keramik lassen sich daher nicht analog auf keramische Fasern übertragen. Inwieweit das möglich ist, wird an Prototypen überprüft.
Im Labormaßstab werden derweil die ersten ZTA-Fasern in Denkendorf ausgesponnen, gebrannt und deren technische Kennwerte bestimmt. Dann muss die Faser optimiert werden. Hierfür kann sowohl der verfahrenstechnische Prozess, wie auch die Chemie der Faser angepasst werden. Vielversprechend ist, dass schon erste Laborversuche Fasern hervorbrachten, deren mittlere Festigkeiten weit über den Erwartungen für das noch frühe Projektstadium lagen. Soweit erste CMCs aus den ZTA-Fasern realisiert werden, dürften sich vielfältige neue technische Einsatzmöglichkeiten aufzeigen.
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