GAR, EN 161, DVGW … und jetzt?
Drehkegelventile als Regel- und Schnellschlussventile für Feuerungsanlagen
Aktuell existieren verschiedene Regelwerke, die nicht gegeneinander austauschbar bzw. untereinander kombinierbar sind. Obwohl die Unterschiede oft nur im Detail liegen, ist eine konsistente Einhaltung über die gesamte Anlage erforderlich, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Letztlich legt das Sicherheitskonzept des Anwenders fest, welche Normen und Richtlinien bei der Auswahl der Produkte gewählt werden müssen.
Auswahl der aktuell wichtigsten Regelwerke für Ventile im Überblick
- Verordnung (EU) 2016/426 über Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/142/EG [2]
In Europa wurde am 21.04.2018 die GAR vom 09.03.2016 über Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe für alle Hersteller von Gasgeräten verbindlich, die die bis dahin gültige Gasgeräte-Richtlinie (2009/142/EC, GAD) ersetzt. Die GAR beschreibt in Anhang III die möglichen Konformitätsbewertungsverfahren und die CE-Kennzeichnung für Geräte und Ausrüstungen. Die aufgeführten Dokumente betreffen alle medienberührten Geräte und Komponenten, des Weiteren auch die nicht-medienberührten Geräte und Regelungskomponenten, sofern diese wichtige Sicherheits- und Qualitätseinflüsse auf das Durchflussmedium haben (bspw. also auch Anbaugeräte, falls diese die Schließzeit beeinflussen könnten).
- DIN EN 16678 Sicherheits- und Regeleinrichtungen für Gasbrenner und Gasbrennstoffgeräte – Automatische Absperrventile für einen Betriebsdruck über 500 kPa bis einschließlich 6.300 kPa [7]
Wie der Titel besagt, werden hier Anforderungen für automatische Absperrventile für einen Betriebsdruck über 500 kPa (5 bar) bis einschließlich 6.300 kPa (63 bar) beschrieben. Es besteht keine Einschränkung der Nennweite. Diese Norm deckt auch die Anforderungen der EN 161 ab und ersetzt die inzwischen zurückgezogene DIN 3394 [8].
- DIN EN 161:2013-04 Automatische Absperrventile für Gasbrenner und Gasgeräte [3].
- DIN EN 746-2:2011-02 Industrielle Thermoprozessanlagen – Teil 2: Sicherheitsanforderungen an Feuerungen und Brennstoffführungssysteme [4] .
Dieser Teil der EN746 legt zusammen mit EN 746-1 die Sicherheitsanforderungen für Einzelbrenner und Mehrbrenner-Systeme fest, die Teile einer industriellen Thermoprozessanlage sind.
Hier werden in Absatz 5.2.2.3 die Anforderungen an automatische Absperrventile definiert. Inhaltlich wird dabei vollständig auf die EN 161:2007 verwiesen.
- DIN EN 13611:2019-06 Sicherheits- und Regeleinrichtungen für Brenner und Brennstoffgeräte für gasförmige und/oder flüssige Brennstoffe – Allgemeine Anforderungen [5].
Diese Norm legt die allgemeinen Sicherheits-, Auslegungs-, Konstruktions- und Leistungsanforderungen für Brenner und Brennstoffgeräte für einen oder mehrere gasförmige(n) Brennstoff(e) oder flüssige Brennstoffe fest. Zusätzlich definiert sie die Prüfung von Sicherheits-, Regel- oder Steuereinrichtungen für diese Anwendungen. Sie gilt für Regel- und Steuergeräte mit einem angegebenen höchsten Eingangsdruck bis einschließlich 500 kPa (5 bar) mit Anschlussnennweiten bis einschließlich DN 25.
Die Inhalte dienen als Grundlage für bspw. die DIN EN 161 oder die DIN EN 16678. Diese verweisen unter anderem bei Messgrößen, Prüfbedingungen oder Konstruktionsanforderungen auf die DIN EN 13611. Werden die übergeordneten Normen erfüllt, so werden gleichzeitig auch die relevanten Anforderungen der DIN EN 13611 abgedeckt.
- DIN EN 16304:2013-05 Automatische Abblaseventile für Gasbrenner und Gasgeräte [6]
Die DIN EN 16304 legt die Sicherheits-, Bau- und Funktionsanforderungen an automatische Abblaseventile zur Verwendung mit Gasbrennern, Gasgeräten und ähnlichen Anwendungen fest. Sie gilt für Ventile mit angegebenen höchsten Eingangsdrücken bis einschließlich 500 kPa (5 bar) und Nennweiten bis einschließlich DN 100, die für die Verwendung mit einem oder mehreren Brenngas(en) nach DIN EN 437 ausgelegt sind. Sie ergänzt die DIN EN 161, in der Abblaseventile nicht enthalten sind.
Geeignete Produkte aus dem Drehkegelventil-Portfolio von Vetec
Durch verschiedene Baumusterprüfungen der Vetec-Ventilserien 72 und 82 finden sich für praktisch alle oben genannten Regelwerke geeignete Produkte.
Erwähnt seien hier die Baumusterprüfungen nach Verordnung (EU) 2016/426 (GAR) sowie nach DIN EN 16678 bzw. DIN EN 16304. In diesem Zusammenhang gibt es zudem eine Bescheinigung des TÜV (in seiner gleichzeitigen Funktion als DVGW-Prüfstelle), welche die Konformität zur aktuellen DIN EN 161 bestätigt. Somit sind auch die Anforderungen an automatische Absperrventile gemäß DIN EN 746 abgedeckt.
Wie bereits beschrieben, stellt die DIN EN kein geschlossenes Regelwerk für die Anforderungen an Ventile dar, vielmehr wird der jeweils relevante Teil in den anderen Normen referenziert und somit entsprechend erfüllt.
Die einzelnen Ventiltypen garantieren die jeweils geforderte Dichtheit sowie die notwendige Schließgeschwindigkeit. Der Hauptunterschied der Baureihen liegt in der Baulänge. Hier sind gemäß DIN EN 558, Tabelle 2 sowohl short pattern (Typ 82.7) und long pattern (Typ 72.3 zum direkten Austausch von Durchgangsventilen) als auch Ausführungen in Sandwich-Bauweise nach EN 558, Reihe 36 (Typ 72.4) verfügbar.
Fragen aus der Praxis
Bisher lag der Fokus auf einer Übersicht allgemeingültiger Normen und Regelwerke. Nachfolgend finden sich Fragen und Antworten mit konkretem Bezug auf Drehkegelventile von Samson Vetec. Andere Hersteller mögen hier andere Philosophien verfolgen – bspw. könnten alternative Magnetventile unzulässig sein, falls diese Teil der Baumusterprüfung wären. Da die Regelwerke regelmäßig überarbeitet werden, empfiehlt sich für konkrete Fragen der direkte Kontakt zum Hersteller. [13]
Einsatz von Magnetventilen
Die Baumusterprüfung der Vetec-Drehkegelventile sieht ausdrücklich eine Verwendung von alternativen Magnetventilen vor, solange diese über eine eigene Baumusterprüfung für die entsprechende Norm verfügen. Eine SIL-Herstellererklärung, egal für welchen Integritätslevel, ist hier ausdrücklich nicht ausreichend.
Hinweis: In einer vormaligen Baumusterprüfung für Vetec-Ventile war das Magnetventil ursprünglich Bestandteil, daher war der Einsatz anderer Magnetventile dort nicht zulässig. Diese Einschränkung gilt aber inzwischen nicht mehr.
Ist der Einsatz alternativer Antriebe zulässig?
Eine der Grundanforderungen an diese Ventile ist die schnelle Schließzeit von maximal einer Sekunde. Daher sind die Antriebe immer Teil der Baumusterprüfung und dürfen ausschließlich im Rahmen der im Zertifikat aufgeführten Serien variiert werden. Die Antriebe werden auch bei den vorgeschriebenen Lastwechseln mit geprüft.
Warum ist der Zuluftdruck eingeschränkt und wie hoch ist der maximale Wert?
Der Zuluftdruck kann gegebenenfalls einen Einfluss auf die Schließzeit besitzen und muss sich daher im Rahmen der vorgegebenen technischen Daten befinden.
Wer darf Service, An- oder Umbau an entsprechenden Armaturen/Anbauteilen durchführen?
Die Ventile werden von Vetec nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik in Verkehr gebracht.
Gemäß der Hinweise in der Allgemeinen Betriebsanleitung mit Sicherheits- und Gefahrenhinweisen darf der Service sowohl von Armatur als auch Anbauteilen ausschließlich durch eingewiesenes und geschultes Fachpersonal erfolgen. Selbstverständlich ist eine Wartung und Instandhaltung auch durch Vetec selbst oder eine der zertifizierten Servicepartner aus dem Hause Samson möglich.
Für den Fall der Wartung durch anderes Personal entfallen alle Garantie- und Gewährleistungsansprüche durch Vetec. Welchen Einfluss dies auf die Zulassung und den weiteren Betrieb der Anlage hat, wird durch das Sicherheitskonzept des Betreibers geregelt und liegt explizit nicht in der Hand von Vetec.
Alles Vorgenannte gilt gleichermaßen für das Hinzufügen, Entfernen oder Umbauen von Armaturen oder Anbauteilen.
Ist eine Armatur nach EN 161/DVGW/GAR immer auch eine Z-Armatur?
Eine Z-Armatur ist eine für den Betrieb einer Anlage sicherheitsrelevante Armatur. Ihre Definition und die Anforderungen sind im Sicherheitskonzept des Betreibers definiert. Der Begriff „Z-Armatur“ ist jedoch nicht normativ geregelt und findet daher auch nicht überall Verwendung. Manchen Betreibern wird er schlichtweg unbekannt sein. Aus diesem Grund kann die Antwort nur kunden- und standortspezifisch beantwortet werden.
Ist der Einsatz flüssiger Medien zulässig?
Die aufgeführten Richtlinien und Normen nehmen ausschließlich Bezug auf gasförmige Medien. Eine direkte Anwendung auf flüssige Medien ist daher nicht zulässig. Vetec besitzt auch eine Zulassung nach DIN EN ISO 23553 -1 [10], sodass unsere bewährten Baureihen auch in diesem Bereich eingesetzt werden können.
Wichtig: Die Bestellung nach einer der vorgenannten Richtlinien und Normen „für gasförmige Medien“ unter Vorgabe von Betriebsparametern, die die Regelung von flüssigen Medien vorsehen, ist nicht zulässig.
Weshalb ist die Anströmrichtung wichtig?
Die Anströmrichtung ist wichtig, da sie Teil der Baumusterprüfung ist. Durch den Wegfall der Klasse E, sowohl in der DIN EN 161 als auch in der DIN EN 16678, sind nunmehr die relevanten Klassen mit der Einschränkung „Ventile, bei denen die Dichtkraft durch den Eingangsdruck des Gases nicht verringert wird“ versehen. Dies schließt also ausdrücklich den Einsatz mit der Anströmrichtung Medium öffnet aus und erlaubt nur noch eine Anströmung „von hinten“.
Gibt es beide Sicherheitsstellungen über alle Nennweiten?
Die Zertifikate der Baumusterprüfungen umfassen sowohl die Sicherheitsstellung offen als auch geschlossen. Die Nennweiten sind entsprechend ihrer technischen Spezifikation bis DN 200 bzw. NPS 8 lieferbar.
Welche innere Dichtheit liegt der Baumusterprüfung zugrunde, Leckage-Klasse VI oder Leckage-Klasse A?
Für die innere Dichtheit werden nennweitenabhängig eigene Leckagegrenzwerte definiert. Diese orientieren sich nicht an den klassischen Normen für Regelventile, es gelten also weder Leckage-Klasse VI nach DIN EN 60534-4 bzw. FCI 70-2 noch Klasse A nach DIN EN 12266-1 oder andere Grenzwerte wie beispielsweise aus einer API 598.
Ist der Einsatz alternativer Packungssysteme zulässig?
Die äußere Dichtheit bzw. die maximal zulässige Leckage ist ebenfalls abhängig von der Nennweite normativ vorgegeben. Da die Packung Teil der Baumusterprüfung ist, entfällt die Möglichkeit alternative Packungssysteme auszuwählen.
Ist der Einsatz alternativer Werkstoffe für drucktragende Bauteile zulässig?
Bei den Werkstoffen sind innerhalb einzelner Regelwerke zum Teil bestimmte Werkstoffgruppen definiert, an die jeweils bestimmte Anforderungen gestellt werden (bspw. der Wert für die maximale Bruchdehnung). Zudem ist der Einsatz auf bestimmte Bereiche eingeschränkt. Ob ein nicht in den technischen Daten aufgeführter Werkstoff zulässig ist, muss einzeln durch Vetec geprüft werden. Dies bedeutet immer einen Zusatzaufwand und ist daher nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.
Fazit
Die Auswahl von Regel- und Schnellschlussventilen für Feuerungsanlagen ist kein triviales Gebiet. Eine Vielzahl von unterschiedlichen und nicht untereinander austauschbaren Regelwerken bietet hier ein sehr unübersichtliches Feld, in dem leicht Verwechslungen auftreten. Speziell durch den Wegfall der Typenklasse E mit Anströmrichtung Medium öffnet besteht für Betreiber und Anlagenplaner aber die Notwendigkeit, sich nach Alternativen umzusehen.
Um die entstandene Lücke zu füllen, wurden für Vetec-Drehkegelventile verschiedene Baumusterprüfungen durchgeführt. Die daraus resultierenden Zertifikate erlauben damit den Einsatz als automatische Absperrventile in Sicherheits- und Regeleinrichtungen nach der Gasgeräte-Verordnung (EU) 2016/426 (GAR) und verschiedenen anderen Normen wie der DIN EN 161 oder DIN EN 16678.
Die Konstruktion von Vetec-Drehkegelventilen hat sich seit Jahren in der Praxis bewährt. Die Abdeckung unterschiedlicher Baulängen garantiert praktisch immer die mögliche Auswahl eines geeigneten Produkts. Für die Vetec Ventiltechnik [13] repräsentiert diese Art von Ventilen eine von vielen Kernkompetenzen!
Autor
Literaturverweise
[1] Richtlinie 2009/142/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über Gasverbrauchseinrichtungen https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32009L0142
[2] Verordnung (EU) 2016/426 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/142/EG
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/en/TXT/?uri=CELEX:32016R0426
[3] DIN EN 161:2013-04: Automatische Absperrventile für Gasbrenner und Gasgeräte; Deutsche Fassung EN 161:2011+A3:2013
[4] DIN EN 746-2:2011-02: Industrielle Thermoprozessanlagen – Teil 2: Sicherheitsanforderungen an Feuerungen und Brennstoffführungssysteme; Deutsche Fassung EN 746-2:2010
[5] DIN EN 13611:2019-06: Sicherheits- und Regeleinrichtungen für Brenner und Brennstoffgeräte für gasförmige und/oder flüssige Brennstoffe – Allgemeine Anforderungen; Deutsche Fassung EN 13611:2019
[6] DIN EN 16304:2013-05: Automatische Abblaseventile für Gasbrenner und Gasgeräte; Deutsche Fassung EN 16304:2013
[7] DIN EN 16678:2016-02: Sicherheits- und Regeleinrichtungen für Gasbrenner und Gasbrennstoffgeräte – Automatische Absperrventile für einen Betriebsdruck über 500 kPa bis einschließlich 6.300 kPa; Deutsche Fassung EN 16678:2015
[8] DIN 3394-1:2004-05 (zurückgezogen) Automatische Stellgeräte – Teil 1: Stellgeräte zum Sichern, Abblasen und Regeln für Drücke über 4–16 bar
[9] Technische Regeln für Dampfkessel Ausrüstung Ölfeuerungen an Dampfkesseln (TRD) Abrufbar z.B. unter www.arbeitssicherheit.de
[10] VBG-Fachwissen. Sicherer Betrieb von Thermoprozessanlagen. Stand: Februar 2019: Kostenfrei verfügbar unter http://www.vbg.de (Stand: 2020-09-18)
[11] DIN EN ISO 23553-1: Sicherheits-, Regel- und Steuereinrichtungen für Ölbrenner und Öl verbrennende Geräte – Spezielle Anforderungen – Teil 1: Automatische und halbautomatische Ventile (ISO 23553-1:2014); Deutsche Fassung EN ISO 23553-1:2014
[12] Übersicht zu VETEC-Produkten im betrachteten Anwendungsspektrum https://www.samsongroup.com/de/search/?L=0&id=98&q=dvgw