Leuchttürme der Start-up-Szene – Teil 2: Ineratec
Power-to-Liquid-Technologie ermöglicht Produktion von nachhaltigen Kraftstoffen und Grundchemikalien
In dieser Ausgabe: Ineratec. Das 2016 als Spin-Off des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gegründete Unternehmen wandelt Treibhausgase und regenerativen Strom in klimaneutrale Kraftstoffe und chemische Wertprodukte um. Im Frankfurter Industriepark Höchst baut Ineratec derzeit die erste großindustrielle Power-to-Liquid-Anlage. Tim Böltken, Gründer und CEO, zeichnet die rasante Entwicklung nach und erläutert die nächsten Schritte.
CHEManager: Herr Böltken, wie hat sich Ineratec seit der Vorstellung im Januar 2020 entwickelt, welche Erfolge gab es zu feiern?
Tim Böltken: Besonders stolz ist Ineratec auf den Bau der Pionieranlage im Industriepark Höchst in Frankfurt, die weltweit größte Power-to-Liquid-Anlage zur Produktion von e-Fuels, sprich synthetischen, klimaneutralen Kraftstoffen. Wir konnten zudem internationale Partner und Projekte gewinnen und über unterschiedliche Initiativen wie die Global Cleantech 100 unsere Innovationskraft und internationale Sichtbarkeit unterstreichen.
Darüber hinaus hat Ineratec sich als Wachstumsunternehmen im Deeptech-Bereich etabliert und wichtige strategische Partnerschaften aufgebaut. Ein herausragendes Ereignis war die Series-B-Finanzierungsrunde im Jahr 2024, bei der wir 118 Mio. EUR von internationalen Investoren sichern konnten. Und erst Anfang März diesen Jahres haben wir mit der Europäischen Investitionsbank und mit Breakthrough Energy Catalyst ein Finanzierungspaket von insgesamt bis zu 70 Mio. EUR unterzeichnet. Mit den Mitteln können wir die Produktionskapazität erweitern und unsere Power-to-Liquid Anlagen, die grünen Wasserstoff und CO2 in synthetisches Kerosin umwandeln, auf den Markt bringen. Bei der Kommerzialisierung geht es insbesondere um die Entwicklung langfristiger Technologiepartnerschaften mit Partnern aus der Luftfahrt- und Erneuerbare-Energien-Branche.
Konnte die 2020 vorgestellte Roadmap umgesetzt werden oder wurde sie modifiziert?
T. Böltken: Die Roadmap von 2020 konnten wir in den zentralen Teilen umsetzen, auch wenn sie im Detail an neue Erkenntnisse und Marktbedingungen angepasst wurde. Ein besonders wichtiger Schritt war der Aufbau der Anlagenfertigung am Hauptsitz in Karlsruhe, der uns erlaubt, die modularen Anlagen effizient zu produzieren und auszuliefern.
Die Pionieranlage hat entscheidende Fortschritte gemacht. Ineratec erhielt eine bedeutende Finanzierung aus dem Umweltinnovationsprogramm, die den Bau der Anlage unterstützt hat. Der Spatenstich in Frankfurt fand im April 2023 statt, und der modulare Aufbau der Anlage zeigt bereits, wie skalierbar und flexibel die Technologie ist.
Wie steht Ineratec heute da und was sind die nächsten Ziele?
T. Böltken: Das erste Halbjahr 2025 wird besonders spannend, denn wir werden die erwähnte erste Produktionsanlage im kommerziellen Maßstab im Industriepark Höchst in Betrieb nehmen. Die dort hergestellten synthetischen Kraftstoffe tragen zur Erfüllung der EU-Quoten für nachhaltigen Flugkraftstoff bei und unterstützen auch die Entwicklung nachhaltiger Produkte in der chemischen Industrie.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Internationalisierung, besonders mit Blick auf die USA und Südamerika, aber auch Europa. Wir sind nicht nur Technologieanbieter, sondern arbeiten aktiv mit Konsortien und Partnern an potenziellen Großprojekten. Besonders vielversprechend sind ein Konsortium in Chile und ein Projekt in Italien, die zeigen, wie unsere Technologie global Anwendung findet.
Welche Herausforderungen gab/gibt es auf dem Weg vom Start-up zum Scale-up und was/wer hat geholfen, diese zu meistern?
T. Böltken: Die Transformation vom Start-up zum Scale-up ist eine spannende, aber auch herausfordernde Reise. Eine der größten Herausforderungen ist es, die nächsten Schritte in der technischen und kommerziellen Skalierung zu gehen. Dafür braucht es starke Partner, die nicht nur an unsere Vision glauben, sondern gemeinsam mit uns neue Wertschöpfungsketten aufbauen.
Netzwerke und Partner waren für Ineratec essenziell, um Projekte umzusetzen und langfristige Finanzierungen zu sichern. Dazu gehören sowohl Investoren als auch Technologiepartner und Institutionen wie das KIT, die Sparkasse Karlsruhe und die L-Bank, die das Unternehmen besonders in der Anfangszeit unterstützt haben.
Was sind aus Ihrer Sicht Dos & Don´ts und die wichtigsten Tipps für eine erfolgreiche Gründung?
T. Böltken: Ein entscheidender Faktor ist, nicht bei der Forschung stehen zu bleiben. Unser Fokus lag von Anfang an auf der Skalierung und dem Erreichen industrieller Relevanz. Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, Anlagen zu bauen und zu betreiben, die echte Wirkung zeigen.
Dazu braucht es eine klare Vision, ein starkes Team und die Fähigkeit, Fortschritte sichtbar zu machen. Netzwerke sind ebenso wichtig – ohne starke Partner, Kunden und strategische Investoren wären wir nicht dort, wo wir heute stehen. Wichtig ist aber auch, flexibel zu bleiben und sich an neue Herausforderungen anzupassen, ohne die langfristige Vision aus den Augen zu verlieren.
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