Logistik & Supply Chain

Ein wenig bekannter Risikobereich für Auftraggeber von Transport- und Logistikdienstleistungen

Auch Auftraggeber haben Aufsichts-, Kontroll- und Handlungspflichten

15.10.2024 - Erläuterung der wesentlichen Anforderungen an die Auftraggeber, sich daraus ergebende Risiken und Lösungsansätze zur Risikominderung.

Bei der Erbringung von Logistik- und Transportdienstleistungen müssen Dienstleister eine Vielzahl von Regelungen und Rahmenbedingungen einhalten, über bestimmte Erlaubnisse und Lizenzen verfügen und diverse sonstige Anforderungen erfüllen. Hierüber liegt auf Dienstleisterseite ein mehr oder weniger fundiertes Grundwissen vor. Erfahrungen aus der anwaltlichen Beratungspraxis zeigen allerdings, dass bei Auftraggebern logistischer Leistungen oft nur punktuelle Kenntnis darüber besteht, dass und in welchem Umfang bei ihnen auch eigene Aufsichts-, Kontroll- und Handlungspflichten bestehen und welche Risiken sich hieraus für die sie ergeben.

Die wesentlichen Anforderungen an die Auftraggeber, sich daraus ergebende Risiken und Lösungsansätze zur Risikominderung werden im Folgenden dargestellt. Dabei kann der Auftraggeber im Sinne der Darstellung sowohl der Hauptauftraggeber als auch ein Dienstleister sein, der seinerseits für die Leistungserbringung Subunternehmer beauftragt.

Verantwortlichkeit nach dem Güterkraftverkehrsgesetz

Nach Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) darf der Auftraggeber von Verkehrsunternehmen Leistungen aus einem Fracht- oder Speditionsvertrag nicht ausführen lassen, wenn er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass der Dienstleister entweder nicht über die erforderlichen Genehmigungen verfügt oder Personal unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften einsetzt. Eine Verletzung der Aufsichtspflichten ist laut Gesetz bußgeldbewehrt. Fehlt die Erlaubnis, kann das Bußgeld bis zu 20.000 EUR betragen, bei illegaler Beschäftigung bis zu 200.000 EUR.

Zur Risikovermeidung empfiehlt sich, die entsprechenden Pflichten des beauftragten Frachtführers/Spediteurs in geeigneter Form vertraglich zu verankern und auch die Einhaltung dieser Pflichten in geeigneter Form und in regelmäßigen Abständen zu überprüfen.

 

„Eine Verletzung der Aufsichtspflichten ist laut Gesetz bußgeldbewehrt.“

 

Risiko der Haftung nach dem Mindestlohngesetz

Der Auftraggeber von Logistik- und Transportleistungen haftet nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ­(AentG) wie ein Bürge für die Zahlung des Mindestlohns an die Arbeitnehmer eines beauftragten Dienstleisters (ggf. auch im Verhältnis zu dem von ihm beauftragten Sub- und Subsubunternehmer). Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung, die auch dann greift, wenn die Nichtzahlung des Mindestlohns für den Auftraggeber weder erkennbar noch vermeidbar war.

Das daraus resultierende Risiko kann durch geeignete vertragliche Zusicherungen, dass die vom Arbeitgeber eingesetzten Arbeitnehmer den Mindestlohn erhalten, und durch vertragliche Freistellungsklauseln in den Verträgen mit den Subunternehmern reduziert werden.

Mitverantwortung für Ladungssicherung

Nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) muss die Ladung einschließlich der Ladungssicherungsmittel und der Ladehilfsmittel so verstaut und gesichert sein, dass sie auch bei Vollbremsungen oder Ausweichmanövern nicht verrutschen oder vermeidbaren Lärm erzeugen kann.

Wer konkret für die beförderungs- und betriebssichere Beladung zuständig ist, ergibt sich entweder aus gesetzlichen Standardregelungen (§ 412 Handelsgesetzbuch (HGB)) oder aus individuellen vertraglichen Vereinbarungen.

Selbst wenn in Transport- bzw. Logistikverträgen teilweise die Pflicht zur Ladungssicherung vollständig auf den Dienstleister delegiert wird, muss der Auftraggeber stichprobenartig die Erfüllung der übertragenen Pflichten kontrollieren und bei Mängeln entsprechend eingreifen. Bei Missachtung seiner Pflichten droht dem Auftraggeber eine Geldbuße zwischen 10 EUR und 240 EUR.

Mitverantwortung für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten

Die Hauptverantwortung für die Einhaltung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr liegt bei dem Verkehrsunternehmen, das das Fahrpersonal beschäftigt (geregelt in der Verordnung (EG) 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und in der Fahrpersonalverordnung (FPersV)). Letztere begründet aber eine bußgeldbewehrte Mitverantwortung der übrigen an der Beförderung Beteiligten für die Einhaltung der Sozialvorschriften. Diese sind u.a. verpflichtet, Kontrollen durchzuführen.

Es ist zwar nicht Aufgabe des Auftraggebers, die Nachweise der Lenk- und Ruhezeiten bei den beauftragten Dienstleistern zu kontrollieren, die Dispositionen für einzelne Fahrten zu überprüfen oder gar vorzuschreiben. Der Auftraggeber hat sich aber in angemessenen Zeitabständen zu vergewissern, dass das beauftragte Verkehrsunternehmen nach personeller und sachlicher Ausstattung und betrieblicher Organisation in der Lage ist, den Transportauftrag unter Beachtung der Sozialvorschriften durchzuführen.
Auftraggeber sollten in die Verträge Informationspflichten als Nebenpflichten des Verkehrsunternehmens gegenüber dem Vertragspartner aufnehmen, stichprobenartig die Erfüllung der übertragenen Pflichten kontrollieren und bei Mängeln entsprechend eingreifen.

Ordnungswidrig handelt, wer entgegen der FPersV nicht sicherstellt, dass ein Verkehrsunternehmen die Vorschriften der Verordnung (EG) 561/2006 einhält (bis zu 30.000 EUR Geldbuße).

Verantwortlichkeit des Auftraggebers in Bezug auf Gefahrgutvorschriften

Gefahrgutregeln finden sich u.a. in der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB). Nach dieser Verordnung treffen den Auftraggeber Informationspflichten gegenüber Beförderern und Verladern sowie Benachrichtigungspflichten gegenüber Behörden. Mit Erteilung des Beförderungsauftrags ist auf Gefahrgut hinzuweisen, Angaben über Mengen, Gefahrgut-Klassifizierung und Temperaturkontrollen zu machen, Gefahrgut zu verpacken, zu kennzeichnen und Aufbewahrungspflichten für Transportpapiere einzuhalten. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld bis zu 2.000 EUR geahndet werden.

Außerdem haften Auftraggeber Frachtführern gegenüber gemäß § 414 HGB verschuldensunabhängig und unbeschränkt für Schäden, die auf unzureichender Verpackung, mangelnder Kennzeichnung des Gefahrguts oder mangelhafter Informationen beruhen.

Es muss auch die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV) beachtet werden, wonach Unternehmen, die Gefahrgut auf Straße, Schiene, schiffbaren Binnengewässern und Seeschiffen befördern, einen Gefahrgutbeauftragten bestellen müssen. Auch Auftraggeber können „Beteiligte an der Beförderung“ sein, wenn sie mit Gefahrgut handeln, es lagern, umschlagen oder verpacken.

 

„Der Auftraggeber muss stichprobenartig die Erfüllung der übertragenen Pflichten kontrollieren und bei Mängeln entsprechend eingreifen.“

 

Pflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Auftraggeber mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden im Inland zur Einrichtung eines Risikomanagements, welches die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen zur Verhütung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten im eigenen und im Geschäftsbereich unmittelbarer Zulieferer (Auftragnehmer) sowie Pflichten zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, zur Dokumentation und Berichterstattung erfasst.

Im LkSG ist geregelt, dass das von dem Geltungsbereich dieses Gesetzes direkt betroffene Unternehmen angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber einem unmittelbaren Zulieferer verankern muss. Der Auftraggeber muss unmittelbare Zulieferer – darunter fallen auch Logistikdienstleister – sorgfältig auswählen, und sich von diesen die Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen vertraglich zusichern lassen. Er hat Schulungen anzubieten und muss vertraglich angemessene Kontrollmechanismen vereinbaren, um die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie bei dem unmittelbaren Zulieferer effektiv prüfen zu können.

Fazit

Auftraggeber von Logistik- und Transportdienstleistungen sind in verschiedensten Bereichen mit eigenen Pflichten und Anforderungen konfrontiert. Dabei treffen den Auftraggeber nicht nur eigene Handlungspflichten, sondern auch Überwachungspflichten seiner Auftragnehmer (Subunternehmer, Zulieferer). Bei Verstößen drohen em­pfindliche Bußgelder. Ein sorgfältiges Auseinandersetzen mit diesen Themen und die Einholung fachlicher Beratung in Zweifelsfällen können Ärger und Kosten ersparen.

Autoren: Katharina de Rességuier, Rechtsanwältin, und Andreas Fuchs, Rechtsanwalt, Arnecke Sibeth Dabelstein Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main

 

Zur Person

Katharina de Rességuier ist Teil der Praxisgruppe Transport, Luftfahrt und Logistik bei Arnecke Sibeth Dabelstein. Sie ist als Rechtsanwältin in Deutschland und Frankreich zugelassen und berät Unternehmen in allen Bereichen des Transports, der Logistik, der Schadensabwicklung sowie bei Rechtsstreitigkeiten und Schiedsverfahren. De Rességuier unterrichtet Datenschutzrecht an der Universität Paris-Nanterre und ist Gastdozentin an der ESAM, School of Management, Finance and Law in Paris.

Zur Person

Andreas Fuchs ist – nach einer Tätigkeit als Syndikus eines Pharmalogistikers – seit 2014 als spezialisierter Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Transport- und Logistikrechts für die Rechtsanwaltskanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein tätig. Mit einem besonderen Fokus auf die Pharmalogistik berät Fuchs sowohl die Auftraggeberseite, als auch in- und ausländische Logistikunternehmen. Beratungsschwerpunkte sind vertragliche und regulatorische Themen sowie In- und Outsourcing-Projekte.

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Arnecke Sibeth Dabelstein<Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsges.mbH

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