Logistikimmobilien – Rechtliche Rahmenbedingungen und Risiken
Juristische Anforderungen bei der Nutzung inländischer Lagerkapazitäten und Logistikimmobilien
Hinter fast jedem Produkt steht heutzutage eine globale Lieferkette. Das gilt insbesondere für die Pharma- und Chemiebranche. Allerdings steht dieser Sektor gegenwärtig vor erheblichen neuen Herausforderungen. Spätestens die Coronapandemie hat die Anfälligkeit langer bzw. globaler Supply Chains in den Fokus gerückt und zu einem stark erhöhten Bedarf nach dezentraler, inländischer Lagerkapazität geführt. Dies gilt naturgemäß insbesondere für systemrelevante und sensible Produktbereiche und damit für die Pharma- und Chemiebranche.
Die Herausforderungen an die Verantwortlichen der Logistikbranche sind dabei groß und es ist insbesondere wichtig, auch die juristischen Anforderungen, Risiken und Handlungsoptionen im Blick zu haben, die im Folgenden dargestellt werden.
Marktsituation und praktische Anforderungen
Die Nachfrage nach Logistikimmobilien ist so hoch wie nie zuvor, während die Flächenknappheit zunimmt. Zugleich wächst der Investmentmarkt kontinuierlich und hohe Kapitalströme stehen für Investitionen im Bereich der Logistikimmobilie zur Verfügung. Die Ressourcen an geeigneten Grundstücken sind jedoch begrenzt und die Baurechtschaffung regelmäßig ein langwieriges Unterfangen. Dabei sind die Mieten für Neubauten in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, Preissteigerungen von 10 % bis 40 % waren im letzten Jahr keine Seltenheit.
Besonders kritisch ist die Situation bei Immobilien mit Spezialanforderungen, wie insbesondere im Bereich der Pharma- und Chemielogistik. Die besonderen Anforderungen an die Immobilie beziehen sich dabei primär auf das Erfordernis der Einhaltung bestimmter Temperaturbereiche (Temperierung, Dämmung, Monitoring, Kühlschleusen usw.). Zu berücksichtigen sind außerdem spezielle Sicherheitsaspekte und die Eignung zur Gefahrgutlagerung, neben den üblichen weiteren logistikrelevanten Faktoren und den hieraus resultierenden langen Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten.
Rechtliche Anforderungen, Rahmenbedingungen und Optionen
Logistikimmobilien wie in der Pharma- und Chemiebranche werden oft auf Grundlage eines Mietvertrags oder Eigentums genutzt. Daneben sind aber auch noch weitere rechtliche Grundlagen zur Nutzung wie Erbbaurechte oder Mischformen wie Sale-and-Lease-Back verbreitet. Jede dieser Optionen hat ihre Besonderheiten und bringt insbesondere auch spezifische rechtliche Anforderungen mit sich, auf welche im Folgenden eingegangen wird.
Nutzung auf Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrags
Oft werden Logistikimmobilien nach den Anforderungen des Mieters branchenspezifisch geplant und errichtet und dann langfristig vermietet. Dabei sind verschiedene Vertragsgestaltungen denkbar, die je nach Marktsituation, nach Verhandlungsstärke rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben.
So ist die nahezu vollständige Überwälzung der Instandhaltungslast der Immobilie auf den Mieter möglich (sog. Triple-Net Miete) oder andererseits auch die Beteiligung des Vermieters an den Umsätzen des Mieters (Umsatzmiete). Aus Mietersicht kann zur Standortsicherung eine Absicherung des Mietvertrags im Grundbuch durch eine Mieterdienstbarkeit sinnvoll sein, um für den Fall z.B. der Insolvenz des Vermieters geschützt zu sein. Aber auch Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits bei der Vertragsgestaltung immer wichtiger (sog. Green Lease oder Green Building).
In der Praxis werden Mietverträge leider oft stiefmütterlich behandelt, dabei könnten viele unangenehme Überraschungen und rechtliche und wirtschaftliche Risiken vermieden werden. So wird z. B. oft vergessen, die 24/7 Nutzung eines Objekts oder die Sicherung der Zufahrt zum Objekt vertraglich zu regeln. Im Bereich der Pharma- und Chemielogistik ist ein breites Spektrum besonderer Anforderungen an die Immobilie selbst und deren Nutzung zu berücksichtigen und unbedingt vertraglich festzulegen.
Nutzung auf Grundlage Eigentum mit und ohne Neubau
Das umfassendste Nutzungsrecht und die größtmögliche branchenspezifische Planung und individuell angepasste Nutzung einer Immobilie wird man nicht durch Anmietung, sondern durch Grundstückseigentum erreichen können. Ein Grund dafür ist, dass anders als bei der Miete, die Zeit nach Ablauf des Mietvertrags und die Nachnutzung kaum relevant sind. Auch lassen sich so in der Regel öffentlich-rechtliche und sonstige Anforderungen an die Nutzung noch umfangreicher berücksichtigen als bei der „bloßen“ Anmietung. Das gilt insbesondere für die Pharma- und Chemielogistik und den dortigen spezifischen Anforderungen an die Immobilie und deren Nutzbarkeit. Auch in Zeiten steigender Baukosten kann der Erwerb einer Logistikimmobilie eine Option sein, insbesondere wenn eine langfristige Bindung an einen Standort gewollt ist.
Wichtig ist stets die frühzeitige rechtliche und technische Prüfung des Grundstücks und der Verträge in Hinblick darauf, ob das Grundstück für die Nutzung gerade in der Pharma- und Chemiebranche geeignet ist.
Daneben werden auch Themen wie Finanzierung des Kaufs und ggf. Baus und Belastbarkeit des Grundstücks relevant. So werden Darlehnsverträge abzuschließen sein, die durch Grundpfandrechte (i.d.R. Grundschulden) zugunsten der finanzierenden Bank im Grundbuch gesichert werden. Dabei ist stets zu prüfen, ob es Grundbucheintragungen gibt, die aus Sicht einer finanzierenden Bank wertmindernd sind oder gar einer Finanzierung mit Absicherung durch Grundpfandrechte im Wege stehen.
Nutzung auf Grundlage eines Erbbaurechts
Kommunen neigen bisweilen dazu, Grundstücke nicht mehr zu verkaufen, sondern lediglich Erbbaurechte zu bewilligen. Die öffentliche Hand bleibt dann Eigentümerin des Grundstücks, räumt dem Nutzer aber ein Erbbaurecht ein, das als solches veräußerbar und – wichtiger – mit einer Grundschuld belastbar ist.
Ein Erbbaurecht wird aber nur für eine bestimmte Zeit eingeräumt, was bei der Planung zu berücksichtigen ist. Gerade bei Spezialimmobilien, wie im Bereich der Chemie- und Pharmalogistik, ist dabei der Umfang der Investitionen und deren Amortisierung naturgemäß besonders kritisch zu betrachten.
Sowohl beim Eigentum als auch beim Erbbaurecht gibt es in der Praxis in der Regel diverse Besonderheiten zu berücksichtigen, wenn Kommunen Flächen günstig zur Verfügung stellen. Häufig werden wirtschaftlich günstige Rahmenbedingungen mit Bauverpflichtungen oder mit anderen Verpflichtungen wie der Schaffung von Arbeitsplätzen verknüpft. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen und Gestaltungsoptionen sind dabei genauestens zu prüfen. Gerade die Finanzierung durch Banken „nur“ eines Erbbaurechts anstatt eines Grundstücks ist oftmals aufwendiger aufgrund der rechtlichen Besonderheiten des Erbbaurechts.
Sale and Leaseback
Sale-and-Lease-Back kann dann eine Option sein, wenn eine Finanzierung durch Banken oder Eigenkapital nicht attraktiv ist. So lässt sich z.B. ein Bestandsgebäude mittelfristig weiter nutzen oder auch ein Neubau realisieren.
Allerdings gibt es auch gerade beim Sale-and-Lease-Back eine Fülle von rechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen. So ist es zwingend erforderlich, dass sämtliche Verträge genauestens aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt werden. Auch ist stets eine steuerrechtliche Prüfung anzuraten.
Fazit
In Anbetracht dieser Herausforderungen, verschiedenen Handlungsoptionen und Risiken ist eine juristische Begleitung bei allen rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Standortsicherung, Planung, Errichtung und Vermarktung von Logistikimmobilien bereits in frühen Projektphasen dringend anzuraten. Dies gilt natürlich dann auch für die darauffolgende Phase der tatsächlichen Nutzung der Logistikimmobilie in Bezug auf die Gestaltung der Lager- bzw. Logistikverträge zwischen den Beteiligten. Ein Verzicht hierauf kann zu erheblichen und oft vermeidbaren Risiken führen.
Autoren:
Andreas Fuchs, Rechtsanwalt, Arnecke Sibeth Dabelstein Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main;
Martin Krüger, Rechtsanwalt, Salary Partner, Arnecke Sibeth Dabelstein Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB, Hamburg
„Das umfassendste Nutzungsrecht einer Immobilie wird man durch Grundstückseigentum erreichen können.“
Zur Person
Andreas Fuchs ist seit 2014 als spezialisierter Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Transport- und Logistikrechts für die Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein tätig. Vor seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Fuchs mehrere Jahre Syndikus eines großen, auf temperaturgeführte Transporte und die Pharmalogistik spezialisierten Logistikunternehmens gewesen und kennt die Praxis daher auch aus dieser Perspektive. Mit einem besonderen Fokus auf die Pharmalogistik berät Rechtsanwalt Fuchs sowohl in- und ausländische Logistikunternehmen, als auch die Auftraggeberseite.
„Kommunen neigen bisweilen dazu, Grundstücke nicht mehr zu verkaufen, sondern lediglich Erbbaurechte zu bewilligen.“
Zur Person
Martin Krüger ist seit 2022 als spezialisierter Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Immobilienwirtschaftsrechts für die Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein tätig. Zuvor war er über 14 Jahre lang bei verschiedenen Kanzleien beschäftigt. Er berät in- und ausländische Mandanten in allen Fragen des Immobilienwirtschaftsrechts, insbesondere zu Spezialimmobilien wie Logistikimmobilien.
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Arnecke Sibeth Dabelstein<Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsges.mbH
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