Standorte & Services

In Leuna stehen alle Zeichen auf Wachstum

Am Chemiestandort werden derzeit mehr als 2 Mrd. EUR investiert

12.06.2024 - In Sachsen-Anhalt entsteht die Zukunft der Chemie. Der Chemiestandort Leuna sticht mit einem aktuellen Investitionsvolumen von mehr als 2 Mrd. EUR in der derzeit etwas verhaltenen Entwicklung der Branche heraus.

„In Leuna werden aktuell zahlreiche Projekte realisiert, die zur Weiterentwicklung der Standortinfrastruktur, zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und insbesondere zur weiteren Transformation in Richtung einer nachhaltigen chemischen Industrie beitragen.“ verspricht Christof Günther, Geschäftsführer von InfraLeuna. Ein Großteil wird von Kunden am Chemiestandort investiert, aber auch das Programm der Betreibergesellschaft in Höhe von rund 300 Mio. EUR ist die größte Infrastrukturinvestition seit der Restrukturierung in den neunziger Jahren.

Eines der Großprojekte der Infra­Leuna bildete die Investition von rund 145 Mio. EUR in den Neubau und die Modernisierung des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks GuD 2. Im letzten Jahr offiziell in Betrieb gegangen, sichert es die Netzstabilität bei einem stark steigenden Anteil fluktuierender Einspeisungen aus erneuerbaren Energien. Damit ist es die perfekte Ergänzung für die Zukunftsprojekte des Standortbetreibers, wie bspw. der geplanten Solarstromerzeugung.

Diese wiederum repräsentiert einen Teil der wichtigen Erzeugungsanlagen für nachhaltige Energie. Ausgehend von der Errichtung einer Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 45 MW auf einer Konversionsfläche am Standort ist eine Power-­to-Heat-Anlage geplant. Hiermit soll PV- und Windstrom in Dampf für das Standortnetz umgewandelt und gleichzeitig das Netz in der Region entlastet werden. Die Planungen sind bereits weit fortgeschritten – mit den Inbetriebnahmen werden, beginnend im Jahr 2025, große Schritte in Richtung der CO2-Neutralität des Standorts unternommen.

Bereits fertiggestellt sind die in Verbindung mit Ansiedlungsprojekten notwendig gewordenen Erweiterungen der Kühlkapazitäten und einer Deionatanlage im Volumen von ca. 25 Mio. EUR. Synergien zwischen dem Rückkühlwerk und Deionatanlage führen zu einem geringeren Energieverbrauch und damit zu weniger CO2, sowie zu Kosteneinsparungen.

Die demnächst in den Prozessen eines Kunden verwendete Biomasse machte weiterhin die Investition in eine anaerobe Vorbehandlungsanlage für Abwasser notwendig. Diese entfernt organische Verunreinigungen durch Umwandlung in Biogas aus dem Abwasser, welches in den Standortverbund eingespeist und weiter eingesetzt werden kann.

 

© InfraLeuna   Christof Günther, Geschäftsführer, InfraLeuna

„Wir realisieren zahlreiche Projekte zur Transformation in eine nachhaltige chemische Industrie.“
 

 

Branchenverändernde Konzepte in industriellem Maßstab

Der Standortmanager hat mit der Eröffnung des Fraunhofer CBP im Jahr 2012 die ersten Schritte zur Transformation unternommen. Der Standort, der nach dem Ende der Braunkohlenutzung stofflich wie energetisch zu 100 % auf Erdöl und Erdgas setzte, begann mit der Entwicklung von Prozessen in der industriellen Biotechnologie. In der Folge gab es einige kleinere Unternehmen, die in industrielle Anlagen zur Herstellung biogen basierter Materialien investierten. Der Spatenstich von UPM Biochemicals im Jahr 2020 kennzeichnet insofern einen Meilenstein, als dass mit der Investition von rund 1,2 Mrd. EUR erstmals im Kilotonnen-Maßstab Holz zu Ethylenglykol umgesetzt wird. Parallel dazu wird UPM Biochemicals Forschung und Entwicklung in dieser Sparte in Leuna weiter vorantreiben. Im modernen UPM Test- und Entwicklungszentrum für die Entwicklung und Produktprüfung werden chemische oder biotechnologische Verfahren zur Herstellung von Biokraftstoffen, Biochemikalien oder neuen Kunststoffen erforscht. Für die industrielle Umsetzung dieser Verfahren wird sich der Standortbetreiber sowohl um die notwendigen Flächen als auch den sachgerechten Ausbau der Infrastruktur kümmern.

Ähnlich wie die Infrastrukturinvestitionen stellt die Verfügbarkeit technischer Gase eine wichtige Grundlage für die diversen Produzenten dar. Je nach Einsatzmenge können diese einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen Ausgestaltung der Wertschöpfungsketten liefern. Linde Gase als regionaler Anbieter setzt ebenfalls seit Jahren auf die Nutzung von Biogas und nachhaltig erzeugtem Strom. Nach Kundenanforderung werden die Ausgangsprodukte in den Anlagen genutzt. Die Bereitstellung von nachhaltig erzeugtem Wasserstoff ist der jüngste, aber ebenso folgerichtige Schritt in der Entwicklung. Mit einem Aufwand von ca. 60 Mio. EUR hat Linde den aktuell weltgrößten PEM-Elektrolyseur für die Herstellung von grünem Wasserstoff in Leuna errichtet. Die Anlage mit einer elektrischen Aufnahme von 25 MW geht schrittweise in Betrieb und wird bis zu 3.200 t Wasserstoff mit zertifiziertem Ökostrom pro Jahr herstellen.

Teil der Transformation zur Nachhaltigkeit bilden neben der Verwendung biogener Materialien Fragestellungen rund um die Mehrfachnutzung bzw. des notwendigen Recyclings von Stoffgruppen und Molekülen. Mit der Investition der deutschen Tochter der japanischen Polyplastics-Gruppe, Topas Advanced Polymers, entsteht in Leuna eine Anlage für Cyclo Olefin-Copolymere. Diese Polymere haben komplexe Eigenschaftsbilder, die den gleichzeitigen Einsatz mehrerer anderer Polymere (bspw. in sog. Multi-Layer-Folien) ersetzen. In der Aufarbeitung der mit diesem Material hergestellten Produkte (z.B. medizinische Spritzen und Behälter) vermeidet man die sonst notwendige chemische Trennung der Moleküle und erleichtert das Recycling enorm.

Die oben beschriebene Nutzung von Erdgas und Erdöl bezieht sich natürlich auch auf die Produktion von Treibstoffen in der Raffinerie. Für den Bereich der Luftfahrt wird mittelfristig eine Perspektive entwickelt, die eine ausschließlich nachhaltige Herstellung von Treibstoffen zum Inhalt hat (SAF = sustainable aviation fuels). Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt wird Technologien für die Produktion strombasierter Kraftstoffe in indus­triellem Maßstab erforschen und entwickeln. In einer semi-industriellen Anlage wird eine Produktionskapazität von bis zu 10.000 t/a erreicht werden können. Die hergestellten Kraftstoffe sind unmittelbar praxisrelevant und werden durch das DLR und assoziierte Partner in deren Flugzeugen genutzt und getestet.

 

Zentrum für industrielle Forschung

Im Zuge der Restrukturierung des Standorts nach der politischen Wende 1989 sind viele F&E-Aktivitäten an den ostdeutschen Chemiestandorten verloren gegangen. Leuna bildetet dabei keine Ausnahme. Ergänzend zu den Produktionsanlagen ist es für die Zukunftsfähigkeit entscheidend, derartige Aktivitäten für den Standort zu gewinnen. Der Start erfolgte wie erwähnt mit dem Fraunhofer CBP. Zwischenzeitlich hat sich das Fraunhofer IWES mit Aktivitäten um die Wasserstoffforschung (Hydrogen Lab Leuna, HLL) ebenfalls in Leuna etabliert. Das Hydrogen Lab bietet vier Teststände und ein Technikum für Elektrolyseure aller Typen, Elektrolyseurkomponenten sowie die Simulation und Modellierung von Power-to-X-Betriebsszenarien. In direkter Nachbarschaft befindet sich die erste Pilotanlage zur kosteneffizienten Herstellung von grünem Methanol. Dahinter steht ein Forschungskonsortium um die C1 Green Chemicals AG (C1). Dieses nutzt die Nachbarschaft der Elek­trolyseure, die im HLL aktuell getestet werden. Das aus grünem Wasserstoff und CO2 produzierte grüne Me­thanol gilt als Schlüssel auf dem Weg hin zu klimaneutralen Kraftstoffen insbesondere für die Schifffahrt. Unter Realbedingungen hat C1 jüngst die Funktionalität nachgewiesen und den ersten vollständig autonomen, kontinuierlichen Methanolproduktionslauf abgeschlossen.

Forschung in Leuna fokussiert sich auf skalierbare Technologien mit einer klaren Perspektive einer indus­triellen Umsetzung. In diese Richtung zielt auch das geplante Center for the Transformation of Chemistry (CTC), das bis 2038 in Teilen am Chemiestandort Leuna entsteht. Dieses strebt danach, Prozesse für 43.000 Chemieprodukte, die in Europa hergestellt werden, auf Recyclate und nachwachsende Rohstoffe als Ausgangsstoffe umzustellen.

Weiter auf Wachstumskurs

Für die Weiterentwicklung des Standorts stehen aktuell noch über rund 30 ha Fläche zur Verfügung. Die Grundstücke werden mehrheitlich der Erweiterung bestehender Unternehmen dienen. Für große Neuansiedlungen wird, unterstützt durch Fördermittel, ein neues Areal im Westen des bestehenden Standorts gemeinsam mit Partnern entwickelt. Eine Fläche von rund 200 ha wird ab 2026 Wachstumsmöglichkeiten für neue Chemieanlagen mit Schwerpunkt auf nachhaltige, biobasierte Chemie bieten. Für die weitere Transformation sind damit ebenso die entsprechenden Grundlagen gelegt wie für das Wachstum in einer der stärksten Chemieregionen Europas.

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