Chemie – als Wissenschaft und Industrie – ist für unseren Wohlstand und unsere Gesundheit unverzichtbar. In ihren verschiedenen Facetten ist sie einer der wichtigsten Bausteine für eine nachhaltige Zukunft. Doch dies setzt ein anderes Verständnis und eine andere Praxis in der Chemie voraus. Das Institut für Nachhaltige Chemie an der Universität Leuphana bietet Studiengänge, die diese Denkweisen vermitteln. 

In den 1980er und frühen 1990er Jahren haben Einzelpersonen und Organisationen zahlreiche Ideen für eine Chemie entwickelt, die umweltverträgliche Produkte energiesparend und sicher für Mensch und Natur herstellt. Die Ansätze manifestierten sich 1996 in der EU-Chemikaliengesetzgebung und 1998 in den zwölf Prinzipien der grünen Chemie. 

Die chemische Synthese gemäß den Prinzipien der grünen Chemie, mit weniger Energie und Abfall sowie weniger gefährlichen Substanzen und Prozessen, ist zwar ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Zukunft der Chemie. Doch sie allein reicht bei Weitem nicht aus, damit die Chemie künftig den Anforderungen einer Kreislaufwirtschaft nachkommt oder einen nachhaltigen Beitrag zu den 17 Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) leisten kann. Hierzu sind umfassendere Ansätze notwendig, die über die Verbesserung einzelner Synthesen oder Moleküle weit hinausgehen. 

Bildung für eine nachhaltige Chemie 

Eine nachhaltige Chemie fokussiert bspw. nicht zuerst auf die Produkte, sondern auf die Frage nach der benötigten Dienstleistung und Funktion. Sie stellt zuerst die Frage, ob dafür ein chemisches Produkt benötigt wird oder ob es Alternativen gibt. Im Sinne der Nachhaltigkeit nimmt sie auch alle Interessengruppen, ethischen und sozialen Aspekte entlang des gesamten Lebenszyklus der Dienstleistungen und der damit verbundenen chemischen Produkte in den Blick. Nur so können entsprechende Veränderungen in Forschung und Anwendung in Richtung mehr Nachhaltigkeit erfolgreich stattfinden. Ein entsprechendes Bildungsangebot fehlte bis vor Kurzem, nicht nur in Deutschland, sondern auch international. 

Daher wurden am Institut für Nachhaltige Chemie (Institute of Sustainable Chemistry, INSC) an der Leuphana Universität Lüneburg in enger Kooperation mit dem International Sustainable Chemistry Collaborative Center (ISC3) und der Leuphana Professional School die beiden berufsbegleitenden Studiengängen M. Sc. Sustainable Chemistry (MSc SChem) und MBA Sustainable Chemistry Management (MBA SCM) entwickelt, zwei weltweit einzigartige, berufsbegleitende Studienprogramme. Die Studiengänge werden vollständig auf Englisch angeboten, sind nahezu vollständig online studierbar und verfügen über nationale und internationale Akkreditierungen. Beide Studiengänge rüsten Entscheidungsträger mit nötigen Kompetenzen und Wissen aus und schaffen eine Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis, zwischen universitärer Forschung, industrieller Anwendung und staatlicher Regulierung. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zu einer Chemie mit Schlüsselfunktion für eine nachhaltige Zukunft.

„Nachhaltige Chemie stellt zuerst die Frage, ob ein chemisches
Produkt benötigt wird oder ob es Alternativen gibt.“

Masterstudiengang der nachhaltigen Chemie eröffnet Karriereperspektiven

Der Master of Science Sustainable Chemistry (MSc SChem) ging im März 2020 an der Leuphana Universität Lüneburg an den Start. Hier vermitteln wir unseren Studierenden ein umfassendes Verständnis von den Möglichkeiten und Grenzen der grünen Chemie sowie der nachhaltigen Chemie und deren Bedeutung für die Kreislaufwirtschaft. Sie beschäftigen sich sowohl mit den molekularen und stofflichen Grundlagen für Nachhaltigkeit, z.B. mit Blick auf Toxikologie, Umweltverhalten sowie Stoff-, Material- und Produktdesign, nachwachsenden und nicht nachwachsenden Ressourcen, wie z.B. Metalle, ebenso wie globale Stoffströme, Methoden der Nachhaltigkeitsbewertung und Ansätze der nachhaltigen Chemie und chemierelevante EU-Gesetzgebung und jeweils aktuelle Entwicklungen. Internationale Konventionen, UNEP-Aktivitäten und alternative Geschäftsmodelle sind weitere Inhalte. Das Studium Sustainable Chemistry richtet sich an Personen, die bereits im Bachelor- oder Masterstudium Chemie oder eng verwandte Studiengänge studiert haben. Auf dieser Grundlage können unsere Studierenden kritisch die disziplinären Grenzen der Chemie reflektieren und diese überwinden, d.h. Chemie im Kontext der Nachhaltigkeit verstehen und in der Praxis anwenden. 

Die erworbenen Kompetenzen eröffnen den Absolventen neue Karrie­reperspektiven – in der Wissenschaft, in Unternehmen, Behörden, Verbänden oder NGOs. Über unsere Alumni-Arbeit bleiben sie als ­Change Agents in Sachen Nachhaltigkeit vernetzt, können sich austauschen und gegenseitig unterstützen und erhalten weiterhin Unterlagen und Informationen zu aktuellen Themen. 

Im Jahr 2021 wurde der Studiengang für seinen Beitrag zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele hochwertige Bildung (SDG 4), Industrie, Innovation und Infrastruktur (SDG 9), nachhaltige/r Produktion und Konsum (SDG 12), und Partnerschaften zur Erreichung der Ziele (SDG 17) als SDG Good Practices Beispiel von der Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN DESA, United Nations Department of Economic and Social Affairs) ausgezeichnet. Er bildet die Blaupause für weitere neue Studienangebote, wie den MBA Sustainable Chemistry Management (MBA SCM).

Der MBA – nachhaltige Chemie für Nicht-Chemiker

Der MBA Sustainable Chemistry Management wurde erstmals im März 2022 angeboten. Während sich der Master of Science an Personen mit einem Abschluss in Chemie und eng verwandte Disziplinen richtet, ist eine akademische Ausbildung im Bereich Chemie für eine Zulassung zum MBA nicht zwingend erforderlich. Damit die Transformation in eine nachhaltige Zukunft gelingt, müssen bei der Implementierung einer nachhaltigen Chemie sozio­ökonomische Mechanismen und Aspekte auf allen Entscheidungsebenen – im Management, exekutiven Positionen in der Chemieindustrie und in Behörden – erfasst und berücksichtigt werden. Hier setzt der MBA an und verknüpft Inhalte der nachhaltigen Chemie mit praxisorientiertem Nachhaltigkeitsmanagement. 

Die beiden Schwerpunkte „Management der nachhaltigen Chemie“ und „Nachhaltige Chemie“ stehen im Curriculum des MBA nicht isoliert, vielmehr werden Themen der Chemie, Nachhaltigkeit und Management durch einen stufenweisen Aufbau und Quervernetzungen eng miteinander verflochten, sodass die Absolventen nach drei Semestern als „Professional Generalists“ mit fundierten Kompetenzen im Nachhaltigkeitsmanagement und spezifischen Kenntnissen in nachhaltiger Chemie ausgerüstet sind. 

Hoch flexible Studienbedingungen für Berufstätige

In beiden Studiengängen werden die Studierenden von internationalen und namhaften Wissenschaftlern und Experten aus Behörden und der Industrie unterrichtet. Das Online-Fernstudium-Konzept ermöglicht es ihnen, berufsbegleitend und mit maximaler Flexibilität zu studieren – zeitlich wie örtlich. Die Mindeststudienzeiten betragen zwei Jahre beim MSc SChem und eineinhalb Jahre beim MBA SCM. Die Studiendauer kann jedoch auf bis zu fünf Jahre ausgedehnt werden, wenn berufliche oder private Umstände dies erfordern.

Zudem wird über gemeinsame Module des MBA mit dem Master of Science, wie z.B. „Von der grünen zur nachhaltigen Chemie“ ein Austausch und Vernetzung der Studierenden beider Studiengänge erreicht. Nicht immer ist es notwendig oder erwünscht, einen vollständigen Studiengang zu absolvieren. In solchen Fällen können spezifische Module ausgewählt werden, die einerseits zu einem Zertifikatsabschluss führen, anderseits aber auch vollumfänglich anerkannt werden, wenn später doch der Entschluss reift, den Master- oder MBA-Abschluss zu erwerben. 

Neuer Erststudiengang „Sustainability: Resources Materials, Chemie“ ab 2024

In konsequenter Fortsetzung dieser Philosophie wird ab dem Wintersemester 2024/2025 ein neuer Erststudiengang „Sustainability: Resources Materials, Chemie“ (MSc) an den Start gehen. Er soll jungen Menschen den Zugang zur faszinierenden nachhaltigen Chemie ermöglichen. Er ist einer von vier themenspezifischen Masterstudiengängen zu Nachhaltigkeit, die miteinander in Verbindung stehen, z.B. durch ein gemeinsames Modul zur Grundlage der Nachhaltigkeitswissenschaften oder ein transdisziplinäres Forschungsprojekt. 

Mehrfach nominiert für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2023

Die Leuphana Universität Lüneburg gehört in gleich zwei Kategorien zu den jeweils drei Einrichtungen, die für das Finale des Deutschen Nachhaltigkeitspreises nominiert wurden, der im November in Düsseldorf verliehen wird. Im Bereich Bildung und Forschung beschreibt die Jury die Leuphana als Vorreiter der nachhaltigen Hochschulgestaltung, weil sie bereits seit vielen Jahren daran erfolgreich arbeitet, die Universität so nachhaltig und sozial wie möglich zu gestalten. 

Im Bereich Aus- und Weiterbildung hat es die Leuphana als einzige Universität ins Finale geschafft. Das verdankt sie vor allem ihren berufsbegleitenden Masterstudiengängen mit Nachhaltigkeitsschwerpunkten. Durch die Qualifikation von Fach- und Führungskräften leistet sie einen direkten Transfer der Nachhaltigkeitsthemen in die Wirtschaft.

Klaus Kümmerer, Professor für Nachhaltige Chemie und Stoffliche Ressourcen am Institut für Nachhaltige Chemie und Direktor des Research & Education Hub am ISC3, und Svenja Schloß, Studiengangs­koordinatorin MBA Sustainable Chemistry Management, Leuphana Universität Lüneburg

Leuphana Universität Lüneburg

Die Leuphana Universität Lüneburg verfügt über ein deutschlandweit einmaliges, mehrfach ausgezeichnetes Studien- und Universitätsmodell mit einem College für das Erststudium, einer Graduate School mit verzahnten Master- und Promotionsprogrammen sowie einer Professional School für berufliche Weiterbildung. Getragen von einer Stiftung versteht sie sich als öffentliche Universität für Freiheit und Verantwortung. Fünf Fakultäten prägen ihr fachliches Spektrum: Bildung, Kulturwissenschaften, Management & Technologie, Nachhaltigkeit und Staatswissenschaften. An der Leuphana studieren fast 9.700 junge Menschen. Rund 600 der mehr als 1.000 Leuphana-Beschäftigten sind Wissenschaftler, davon 150 Professoren.