Standorte & Services

VAIS mahnt: Deutschland-Geschwindigkeit darf kein leeres Versprechen bleiben

VAIS-Kolumne: Neues aus dem Industrieservice

21.03.2023 - In seiner Kolumne fordert der Geschäftsführer des Verbands für Anlagentechnik und Industrieservice, Dietmar Kestner, den Gesetzgeber auf „schnell und konsequent“ zu handeln, damit Deutschland bei der Wasserstoffwirtschaft nicht den Anschluss verliere. Denn nur so könnten Europa und Deutschland im Wettbewerb mithalten und eine nachhaltige Zukunft für die Industriestandorte sichern.

Gut 80mal taucht im 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen das Wort Infrastruktur auf – ungleich häufiger als die dem Vertrag namensgebenden Begriffe Fortschritt, Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Denn Deutschland hat ein Infrastrukturproblem – das ist schon lange kein Geheimnis mehr. Von maroden Autobahnbrücken und Schienen über einen verzögerten Ausbau von Stromtrassen bis hin zu einem schleppenden digitalen Breitbandausbau. All das führt zu realen Wohlstandsverlusten für den Industriestandort Deutschland.

Die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg haben eindrücklich aufgezeigt, welche immense Bedeutung einer resilienten Infrastruktur zukommt, die sowohl den heutigen Anforderungen an Sicherheit genügen muss, und gleichzeitig den geopolitischen Unwägbarkeiten und Herausforderungen von Dekarbonisierung, demografischem Wandel und Digitalisierung Rechnung trägt.

Für die Zukunft des Standorts schlägt es teuer zu Buche, wenn neben der ohnehin bestehenden Hypothek unterlassener Ersatzinvestitionen aufwendige Prüfungsverfahren, Verbandsklagerecht und Unsicherheiten politischer Rahmenbedingungen dringend benötigte Investitionen verzögern. Das LNG-Beschleunigungsgesetz war immerhin ein ermutigendes Zeichen, dass ein neues Tempo auch im Bau kritischer Versorgungsin­frastruktur gelten würde. Überfällig ist auch die parteiübergreifende Erkenntnis, dass die vom VAIS bereits seit Jahren monierten langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren ein Hemmschuh für Industrie und Infrastrukturprojekte sind.

Eine Schlüsselstellung für die Dekarbonisierung und die Zukunft des Industriestandorts Deutschland wird insbesondere dem Infrastrukturaufbau für eine Wasserstoffwirtschaft zukommen. Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundesregierung für dieses Jahr als Bestandteil der Wasserstoffstrategie eine Carbon-Management-Strategie und die Novellierung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes anstrebt. Zum einen werden so die lange erwarteten regulatorischen Grundlagen für CCU in Deutschland und den Aufbau einer CO2-Infrastruktur gelegt. Zum anderen wird damit endlich eine seinerzeit auch aus Technikskepsis getroffene Entscheidung gegen CCS korrigiert, die in der Rückschau wertvolle Jahre für eine rationale Diskussion um CCS in der Industrie kostete. Um die Emissionen in allen Prozessindustrien zu mindern und so diese Industrien an einem klimaneutralen Standort zu halten, ist dieser Technologiepfad unerlässlich, ebenso für die kurzfristig erforderliche Erzeugung von blauem Wasserstoff.

Im Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft stehen Europa und Deutschland mit anderen Ländern in einem harten Wettbewerb. Umso kritischer ist es, wenn die europäische Antwort auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act, einen massiven steuerpolitischen Booster, beängstigend zaghaft ausfällt. Und bei der Umsetzung hierzulande hapert es noch immer. Ausgerechnet ein Wasserstoffbeschleunigungsgesetz verzögert sich im Hin und Her der Ressortabstimmung.
Die angekündigte „Deutschland-Geschwindigkeit“ darf kein leeres Versprechen bleiben. Es muss endlich umgesetzt werden, damit Deutschland auch bei der Wasserstoffwirtschaft nicht den Anschluss verliert. Es ist höchste Zeit für ein konsequentes und schnelles Handeln. Denn nur so können Europa und Deutschland im Wettbewerb mithalten und eine nachhaltige Zukunft für die Industriestandorte sichern.

Autor: Dietmar Kestner, Geschäftsführer, Verband für Anlagentechnik und Industrieservice e.V. (VAIS), Düsseldorf

 

Downloads

Kontakt

VAIS Verband für Anlagentechnik und IndustrieService e.V.

Sternstraße 36
40479 Düsseldorf
Deutschland

+49 211 49870-0