Forschung & Innovation

Kunststoffadditive aus der Maßschneiderei

Polytives entwickelt neuartige polymere Additive für die Kunststoffe der nächsten Generation

16.11.2022 - Polytives entwickelt und produziert polymere Additive für thermoplastische Kunststoffe. Das Start-up aus Jena wurde im März 2020 von Oliver Eckardt und Viktoria Rothleitner sowie Prof. Felix H. Schacher gegründet.

Die Additive verleihen Werkstoffen wie PMMA optimierte oder gar neue Eigenschaften, wodurch sich das Anwendungsspektrum verbreitert und sich die Performance verbessert. Neben selbst entwickelten Standardadditiven zur Prozessoptimierung bietet Polytives auch Auftragsforschung im Sinne einer Additiv-Maßschneiderung nach Kundenwunsch an. Michael Reubold sprach mit den beiden Gründern und befragte sie zum bisherigen Entwicklungsweg und den künftigen Plänen und Zielen.

CHEManager: Was war die Initialzündung und welches die Motivation zur Gründung von Polytives?

Oliver Eckardt: Der Grundstein für die Idee unserer Firma wurde im universitären Umfeld gelegt. In der Arbeitsgruppe meines Doktorvaters, Professor Felix H. Schacher, habe ich im Rahmen meiner Promotion besondere Polymerstrukturen untersucht. Er gründete dann mit Viktoria Rothleitner, die ich über ein Gründungsseminar an der FSU Jena kennenlernte, und mit mir Polytives.
Da die damalige Forschung innerhalb einer Kooperation mit einem Unternehmen stattfand, war der Praxisbezug groß und die Idee lag nahe, die entwickelten Materialien zu kommerzialisieren. Also begab ich mich auf den Weg zum Gründer und habe es bis heute nicht bereut. Unsere Materialien haben echtes Potenzial, den Kunststoffmarkt zu revolutionieren – an der Verwirklichung arbeiten wir täglich mit Hochdruck!

Welche Probleme oder Anforderungen der kunststoffverarbeitenden Industrie adressieren Sie mit Ihren maßgeschneiderten Additiven?

Viktoria Rothleitner: Im Gegensatz zu anderen Additiven und Verarbeitungshilfen bleiben bei der Nutzung unserer Additivlösungen die Eigenschaften des verarbeiteten Kunststoffs erhalten, inklusive seiner chemischen Identität und damit seiner grundsätzlichen Recyclingfähigkeit. Lediglich die gewünschte Viskositätserniedrigung wird herbeigeführt. Damit stechen wir hervor: Verarbeiter können bei niedrigeren Temperaturen arbeiten, Zykluszeiten verkürzen, schwierige Spritzgusswerkzeuge leichter füllen, den Einspritzdruck senken und vieles mehr. Der Mehrwert, der mit der Nutzung unserer polymeren Additive einhergeht, ist vielfältig und noch lange nicht ausgeschöpft.

O. Eckardt: Wichtig für unsere Kunden ist außerdem: Unsere Additive werden Teil der Polymermatrix, da sie selbst Polymere sind. Sie treten nicht aus oder migrieren an die Oberfläche. Darüber hinaus bietet unsere Plattformtechnologie die Möglichkeit, individuelle Lösungen für unsere Kunden zu erarbeiten.

Welche Hürden haben Sie zu Beginn meistern müssen, und welche Partner, Förderer und Wegbegleiter unterstützten Sie dabei?

V. Rothleitner: Sich als Start-up Gehör zu verschaffen, ist hin und wieder nicht ganz einfach. Insbesondere bei einem erklärungsbedürftigen Produkt – auch, weil es in exakt dieser Form konkurrenzlos ist. Das ist grundsätzlich sehr vorteilhaft, bringt aber seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich. Doch viele Unterstützer, insbesondere aus der Region, haben uns dabei geholfen, Strahlkraft zu entwickeln und erste Türen zu öffnen. Neben der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und digitale Gesellschaft, inklusive seiner zahlreichen Initiativen und verschiedensten Netzwerke, waren auch überregionale Wettbewerbe sehr hilfreich.

Was waren bisherige Highlights in der jungen Firmengeschichte?

V. Rothleitner: Definitiv die Pilotierung unseres Fließverbesserers, also die erste Herstellung eines Additivs im Tonnenmaßstab. Nicht nur der Skalierungsschritt ist ein Meilenstein in der firmeneigenen Produktionsgeschichte – auch die Tatsache, dass wir Material hergestellt haben, das es in dieser Form noch nie gab, hat uns nach der langen Vorarbeit viel Genugtuung und Freude verschafft.

Welche Pläne und Ziele verfolgen Sie zur künftigen Entwicklung Ihres Unternehmens?

O. Eckardt: Mit dem Baukasten, der uns durch unser Know-how zur Verfügung steht, möchten wir unser Produktportfolio Schritt für Schritt erweitern, immer mit Blick auf den Kundenbedarf. Die Ideen, wie dabei auch ungewöhnliche Anfragen umzusetzen sind, gehen uns nicht aus. Die Vision, den Kunststoffmarkt zu revolutionieren, meint auch, das Image von Kunststoffen zu verbessern. Wir wollen Anteil an sortenreinen und damit nachhaltig produzierten, verarbeiteten und recycelten Materialien haben.

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Zur Person
Viktoria Rothleitner, Gründerin und Geschäftsführerin; Polytives
Viktoria Rothleitner, Gründerin und Geschäftsführerin; Polytives

 

Viktoria Rothleitner hat an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Ernährungswissenschaften studiert und dort auch ihren Master in Betriebswirtschaftslehre erworben. Anschließend wurde sie Mitglied im EXIST-Forschungstransfer "Polytives" und Gründungsmitglied des gleichnamigen Start-ups.

 

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Zur Person

 

Oliver Eckardt, Gründer und Geschäftsführer; Polytives
Oliver Eckardt, Gründer und Geschäftsführer; Polytives

 

Oliver Eckardt hat an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Chemie studiert und dort auch promoviert. Er erdachte die grundlegende Idee hinter Polytives. Zusammen mit seinem Doktorvater Felix H. Schacher erforschte er die Schrumpfreduzierung von Polymermischungen und meldete dazu im März 2017 das erste Patent an. 2018 wurde er Projektleiter im EXIST-Forschungstransfer "Polytives". Anfang 2020 gründete er gemeinsam mit seinem Doktorvater Felix H. Schacher und mit Viktoria Rothleitner das Start-up Polytives.

 

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Kunststoffe zukunftsfähig machen

Polytives steht für Möglichkeiten, Kunststoffe durch innovatives Know-how zukunftsfähig zu machen. Der Firmenname ist aus dem Wort „Polymer“ und dem englischen Begriff für Additive „additives“ zusammengesetzt. Das Start-up aus Jena entwickelt polymere Additive für thermoplastische Kunststoffe, die den Werkstoffen optimierte oder gar neue Eigenschaften verleihen, wodurch sich das Anwendungsspektrum verbreitert und sich die Performance verbessert.
Herkömmliche Additive beeinflussen oftmals neben den gewünschten Zieleigenschaften auch wichtige Prozessparameter, was ihre Nutzung komplex macht. Mit Additiven von Polytives fallen diese zusätzlichen Prozessanpassungen weg. Der Fließverbesserer bFI senkt z. B. die Viskosität und damit die nötige Verarbeitungstemperatur von Spritzgussmischungen erheblich. Die produzierten Additive sind auch kreislaufwirtschaftlich attraktiv.

Die maßgeschneiderten Additive ermöglichen es, Materialeigenschaften zu optimieren und gleichzeitig den Gedanken der Nachhaltigkeit zu fördern. Als Verarbeitungshilfe können sie, je nach Einsatz, eine Fließverbesserung (Viskositätsmodifikation) oder eine Schrumpfminderung bewirken. Der Einsatz z.B. in Polymethylmethacrylat (PMMA – analog Acrylglas), Polystyrol (PS) oder Polycarbonat ist in der Regel energiesparend.

Kunden erhalten ein Additiv, das selbst ein Polymer ist. Es ersetzt Teile des Grundpolymers bei idealer Mischbarkeit und erlaubt Energieeinsparung in der Verarbeitung ohne Änderung des Verarbeitungsprozesses, sowie eine zielgerichtete Verbesserung von thermomechanischen Eigenschaften.

Die polymeren Additive sind für Anwendungen im Spritzguss, bei Klebstoffen, Lacken, Coatings, Druckertinten oder 3D-Druck-Materialien bereit. Dort können sie bspw. zur Herabsetzung von Verarbeitungstemperaturen oder zur Zykluszeitverkürzung beitragen und als ungiftige, sortenreine und prozessoptimierende Basischemikalie wirken. Gründerin Viktoria Rothleitner: „Wir möchten unsere Additive irgendwann einmal in jeden Kunststoff weltweit integriert sehen.“
Neben selbstentwickelten Standardadditiven zur Prozessoptimierung bietet Polytives auch Auftragsforschung im Sinne einer Additiv-Maßschneiderung nach Kundenwunsch an. Dadurch lässt sich ein Wettbewerbsvorteil erzielen.

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Auf Wachstumskurs

Polytives wurde im März 2020 in Jena von Felix H. Schacher, Oliver Eckardt und Viktoria Rothleitner gegründet. Das inzwischen auf neun Beschäftigte gewachsene Team vereint viele Jahre Erfahrung in der Polymerchemie, der Forschung und Entwicklung und der Skalierung von Kunststoffen.

Finanziert als EXIST-Forschungstransfer begannen die Gründungsvorbereitungen bereits 2018. Für die Entwicklung des ersten Produkts wurde 2019 durch breit angelegte Grundlagenforschung eine Datenbasis geschaffen, um zielgerichtete Probleme in der Kunststoffverarbeitung zu adres­sieren. Dazu begleitend wurden Aspekte der Qualitätssicherung implementiert, um von Beginn an stabile Prozesse und aussagekräftige Ergebnisse zu gewährleisten.

Als Preisträger des Technologiewettbewerbs „get started 2gether“ erhielt die Gruppe im Januar 2020 Zugang zum Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung Rudolstadt als wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung. Damit konnte die Forschungsarbeit intensiviert werden.

Meilensteine

2014

  • Beginn des Forschungsvorhabens

2018

  • Start des EXIST-Forschungstransfers „Polytives“

2020

  • Gründung der Polytives GmbH
  • Gewinn des IQ Innovations­preises Mitteldeutschland im Cluster „Chemie/Kunststoffe“
  • Erster Platz in der Kategorie „Ideenhaber“ beim ThEx Award

2021

  • Gewinn des Sonderpreises für junge Unternehmen beim Thüringer Innovationspreis
  • Platz 15 im Ranking der Top 50 Start-ups in Deutschland

2022

  • Unterstützung durch Thüringens Wirtschaftsministerium und Landesentwicklungsgesellschaft
  • Musterproduktion des Fließverbesserers bFI A 3745 in Zusammenarbeit mit einem Partner
  • ISO-9001-Erstzertifizierung
  • Teilnahme an der Kunststoffmesse K in Düsseldorf

Roadmap

2023

  • Ausweitung des Produktportfolios
  • Umzug nach Rudolstadt und Aufbau einer Pilotanlage
  • intensivere Ausrichtung der Firmenprozesse auf Nachhaltigkeit
  • Teilnahme an der Fakuma

2024

  • Inbetriebnahme der neuen Produktionsanlage
  • Vorantreiben der Internationalisierung

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Kontakt

Polytives GmbH

Hans-Knöll-Str. 6
07745 Jena
Deutschland

+49 3641 519 69 41