Die Zukunft von Thermoplasten
17.09.2020 - Kim Sjödahl von Exel Composites gibt einen Einblick in den Aufstieg von Thermoplasten
Thermoplaste verändern den Verbundstoffmarkt mit dem Versprechen von Wiederverwendbarkeit und Nachhaltigkeit. Laut Berichten von Marketsandmarkets wird geschätzt, dass der Markt für thermoplastische Verbundwerkstoffe bis zum Jahr 2024 auf einen Wert von 36 Mrd. USD ansteigen wird. Kim Sjödahl, Senior Vice President, R&D and Technology von Exel Composites, gibt hier einen Einblick in den Aufstieg von Thermoplasten.
Bei der Herstellung von Verbundwerkstoffen werden generell zwei verschiedene Arten von Harz verwendet: duroplastische (d.h. thermohärtende) und thermoplastische Harze. Duroplastische Harze sind am weitesten verbreitet, aber angesichts der wachsenden Nutzung von Verbundwerkstoffen werden heute auch thermoplastische Harze in zunehmendem Maße erforscht.
Duroplaste werden durch Wärme gehärtet und sie bilden dabei stark vernetzte Polymere mit unlöslichen starren Bindungen, die bei der Einwirkung von Hitze nicht schmelzen. Im Gegensatz dazu bestehen Thermoplaste aus Zweigen oder Ketten von Monomeren, die beim Erhitzen erweichen und nach dem Abkühlen erstarren – ein reversibler Prozess ohne chemische Bindung. Vereinfacht gesagt, kann man Thermoplaste mehrmals schmelzen und neu formen, nicht aber Duroplaste.
Warum Duroplaste die Regel sind
Duroplastische Harze wie Epoxide oder Polyester sind bei der Herstellung von Verbundstoffen beliebt, da ihre niedrige Viskosität zu einer guten Durchdringung des Glasfasernetzes beiträgt. Dies bedeutet, dass mehr Fasern verwendet werden können, wodurch sich die Festigkeit des endgültigen Verbundmaterials erhöht.
Der Prozess für einen duroplastischen Harz beginnt im Pultrusionsverfahren, bei dem die Fasern in Harz eingetaucht und dann durch eine Matrize gezogen werden, in der Wärme angewendet wird. Dies löst die Härtungsreaktion aus, die flüssiges Harz mit geringem Molekulargewicht in eine feste dreidimensionale Netzwerkstruktur verwandelt, welche die Fasern einschließt.
Da die meisten Härtungsreaktionen exotherm sind, breitet sich die Reaktion leicht aus, nachdem sie gestartet wurde, was die Produktion von Duroplasten problemlos skalierbar macht. Nach der Aushärtung schließt die dreidimensionale Struktur die Faser ein und verleiht dem Verbundstoff seine Festigkeit und Steifigkeit.
Der Aufstieg von Thermoplasten
Thermoplaste und thermoplastische Verbundwerkstoffe gibt es bereits seit einiger Zeit, insbesondere für Kurzfaseranwendungen. Heute wird jedoch neue Aufmerksamkeit auf Thermoplaste gelenkt, da besonders in der Automobilindustrie nach zusätzlichen Gewichtseinsparungen gesucht wird, die keinen Verlust der Strukturstabilität mit sich bringen.
Ein Beispiel dafür wäre die Nutzung thermoplastischer Verbundwerkstoffe, um das Gewicht der Innenteile einer Autotür zu reduzieren. Tatsächlich hat ein großer japanischer Automobilhersteller vor kurzem begonnen, seine Innentürkomponenten mit thermoplastischen Verbundwerkstoffen neu zu gestalten. Es wird geschätzt, dass diese Änderung allein das Gewicht der Türen um fast die Hälfte reduzieren könnte.
Der Erfolg von Thermoplasten in der Verbundwerkstoffindustrie wird davon abhängen, ob Unternehmen Produkte und Verfahren entwickeln können, die zuverlässig funktionieren. Exel Composites, der weltweit größte Hersteller von Pultrusions- und Pullwinding-Duroplastverbundwerkstoffen, entwickelt daher bereits sein Angebot an Thermoplasten.
Thermoplaste heben ab
Es sind nicht nur Autos, die von der verstärkten Nutzung thermoplastischer Harze profitieren werden, besonders angesichts der Tatsache, dass neue Verkehrsflugzeuge oft zu mehr als 50 % aus Verbundwerkstoffteilen bestehen.
Es gibt viele Gründe dafür, warum thermoplastische Verbundwerkstoffe sich zu einem Grundmaterial für den Transportmarkt entwickeln könnten. Aus Thermoplasten gefertigte Komponenten können geschweißt werden, was den Bedarf nach Klebstoffen reduziert. Darüber hinaus können sie umspritzt werden, um fortschrittliche Geometrien mit überlegenen mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu anderen Materialien zu schaffen.
Der universale Vorteil von thermoplastischen Harzen ist, dass sie ohne bedeutende Verluste ihrer physikalischen Eigenschaften endlos wieder erweicht und neu geformt werden können. Wenn ein thermoplastisches Produkt das Ende seines Lebenszyklus erreicht hat, kann es geschmolzen und für einen neuen Anwendungsbereich neu geformt werden, was Materialabfälle deutlich reduziert. Weitere Vorteile ergeben sich aus den physikalischen Eigenschaften der Materialien selbst sowie aus möglichen neuen Anwendungsbereichen, in denen Duroplaste nicht geeignet sind.
Es ist noch eine Menge zusätzlicher Forschung erforderlich, bevor thermoplastische Pultrusionen als Standardmaterialien gezählt werden können, vor allem, weil die meisten Produktionsmethoden gegenwärtig auf thermoplastische Harze zugeschnitten sind und entsprechend angepasst werden müssten.
Thermoplastische Harze bieten jedoch enormes Potenzial für die Herstellung starker, leichter Verbundwerkstoffe, die problemlos wiederverwertet werden können. Auch wenn es heute noch nicht an der Zeit ist, ganz auf Duroplaste zu verzichten, sollte man die Entwicklungen im Bereich von Thermoplasten im Auge behalten, insbesondere wenn die Nachhaltigkeit eine hohe Priorität hat.