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Mobilität – Chancen und Risiken für die Chemie

Symposium „Markterfolg durch Spitzentechnologie“ der Technischen Universität München und der Unternehmensberatung Booz & Company

15.05.2014 -

Die Chancen und Risiken von heutiger und zukünftiger Mobilität für die Chemische Industrie standen beim diesjährigen Symposium der Reihe „Markterfolg durch Spitzentechnologie der Technischen Universität München (TUM) und der Unternehmensberatung Management Engineers/Booz & Company mit einem ausgewählten Kreis von Experten aus Forschung und Industrie im Fokus. Das Symposium wurde vor mehreren Jahren ins Leben gerufen, um für die Chemie richtungsweisende Themen in einem Expertenkreis zu diskutieren. Persönlichkeiten namhafter Hochschulinstitute und Wirtschaftsunternehmen befassen sich dabei mit entscheidenden Fragen vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Erfahrungen und zeigen so ein umfassendes Bild an Optionen und Lösungen aus Sicht von Wissenschaft und Industrie auf.

Auch dieses Jahr war die von Prof. Dr. Utz-Hellmuth Felcht moderierte Veranstaltung einmal mehr Treffpunkt hochkarätiger Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft. Gastgeber waren TUM-Präsident Prof. Wolfgang A. Herrmann sowie Dr. Marcus Morawietz, Vice President, und Dr. Hanno Brandes, Senior Vice President, Booz & Company.

Die Rolle der Chemie für die Mobilität

Die zentrale Frage des Symposiums „Welche Rolle spielt Chemie für das Thema Mobilität und wo liegen die Chancen und Risiken für diese Enabler-Branche?" wurde in zahlreichen Vorträgen und Diskussionsrunden beleuchtet.

Prof. Dr. Utz-Hellmuth Felcht, selbst Chemiker mit langjähriger Industrieerfahrung und heute Partner der Beteiligungsgesellschaft One Equity Partners Europe sowie Vorsitzender des Deutsche Bahn-Aufsichtsrates, betrachtete Mobilität aus seiner Perspektive und der Frage: Was hat die Chemie mit der Bahn zu tun? Da der Fokus beim Thema Mobilität in der Öffentlichkeit meist auf automobiler Mobilität liegt, nutzte Felcht die Gelegenheit, die Bedeutung des öffentlichen Schienenverkehrs zu beleuchten. Zunächst verwies er darauf, dass die Chemieindustrie mit einem jährlichen Transportvolumen von 15 Mio. t (ca. 375.000 Wagen) ein wichtiger Kunde für die Deutsche Bahn ist.

Chemiewerkstoffe mindern Lärm und Schadstoffe

Doch andererseits ist auch die Bahn ein wichtiger Kunde der Chemie und auf deren Entwicklungen angewiesen. Denn wie bei allen Transportmitteln spielt auch bei Bahnen der Leichtbau eine entscheidende Rolle zur weiteren Steigerung der Energieeffizienz. Neue Materialien aus der Chemischen Industrie sind dabei ein Schrittmacher für Innovation und Fortschritt.

Durch neuartige Verbundstoffsohlen kann zudem die Lärmbelastung von Güterzügen enorm verringert werden. Eine breite Umrüstung der Bestandsfahrzeuge findet bei der Deutschen Bahn aktuell statt, so Felcht. Der Einsatz von Batterielösungen für Hybridtriebwagen bietet der Bahn außerdem vielversprechendes Potential zur Erfüllung von Umweltzielen (Schadstoffreduzierung) und Betriebskostenoptimierung (flexibler Einsatz von elektrischen Antrieben).

Globalisierung treibt Mobilität

Dass Mobilität zahlreiche Aspekte hat, so Dr. Hanno Brandes, zeigt sich bei genauerer Betrachtung. So wird Mobilität nicht nur durch zunehmende individuelle Ansprüche der Menschen mit wechselndem Wohlstand in Emerging Countries getrieben, sondern auch durch die Globalisierung der Wertschöpfungsketten und die damit sich erhöhende Notwendigkeit, Personen und Güter zu transportieren, und zwar über Land, auf dem Wasser und in der Luft.

Jedoch gibt es auch die Mobilität limitierende Faktoren wie ökologische Gesichtspunkte (Klimawandel, CO2-Footprint) oder die Endlichkeit natürlicher Ressourcen (fossile Treibstoffe). Dieser letzte Punkt schlug die Brücke zur Elektromobilität.

Die Rolle der Chemie in der Automobilproduktion

Thomas Heußer, Leiter Technologieentwicklung Produktion bei Audi, betrachtete zunächst die Rolle der Chemie in der Automobilproduktion und diskutierte Handlungsfelder aus Sicht eines OEM's.

Chemische Produkte bestimmen heute in vielfältiger Weise die Automobilproduktion und finden Einsatz in einem weiten Feld der Bauteile u.a. als Kunststoffe, Textilien, Schäume und Oberflächen im Interieur, aber zunehmend auch in Exterieur. Der moderne Karosseriebau, so Heußer, ist von effizientem Leichtbau bestimmt. Anhand von ausgewählten Beispielen zeigte er aber auch die Herausforderungen aus dem Multimaterialmix an die Prozesse und das Prozessmaterial auf.

Aktueller Stand der Batterieforschung

Prof. Hubert Gasteiger, Leiter des Lehrstuhls für Technische Elektrochemie der TUM, forscht Forschung an elektrochemischen Materialien zur Energiespeicherung und diskutierte den aktuellen Stand der Batterieforschung für batteriebetriebene Fahrzeuge oder Batterie-hybridisierte Brennstoffzellenfahrzeuge. Während Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge bereits Reichweiten von über 500 km ermöglichen, sind aufgrund der begrenzten Energiedichte und der hohen Kosten heutiger Lithiumionenbatterien die Reichweiten von batteriebetriebenen Fahrzeugen zumeist auf 150 bis 200 km limitiert. Ein Ansatz zur Erhöhung der Reichweiten sind laut Gasteiger Batterien mit geringem Gewicht und größerer Kapazität: sogenannte "Post-Lithiumionenbatterien" wie Lithium-Schwefel und Lithium-Luft Batterien.

Innovative Chemiewerkstoffe

Auch Referenten von BASF und Bayer gaben Einblicke in die Batterie- bzw. Materialforschung für Mobilitätsanwendungen.

Dr. Peter Walther stellte den Stand der industriellen Batterieforschung bei der BASF vor. Außer an der Verbesserung der Leistung der aktuellen Batteriegeneration forscht BASF in einem globalen F&E-Verbund mit Partnern bereits an Lithium-Schwefel-Batterien. Für die Entwicklung künftiger Batteriegenerationen mit höheren Energiedichten sei es entscheidend, so Walther, die unterschiedlichen Beiträge der Chemie zu optimieren. Voraussetzung dafür sei ein holistisches, tiefgreifendes Verständnis der Eigenschaften aller eingesetzten Werkstoffe und der Materialwechselwirkungen an Phasengrenzen.

Dr. Axel Steiger-Bagel von Bayer Materialscience sieht die Chance und die Aufgabe für sein Unternehmen als Rohstofflieferant darin, bereits frühzeitig mit Partnern an Visionen und Konzepten zu arbeiten, um Fahrzeuge unabhängig von ihren zukünftigen Antriebsformen leichter und sparsamer zu machen, praktisch jedes Design sowie eine einfache Verarbeitung zu ermöglichen und dabei stets an Sicherheitskonzepte zu denken. Seine Vision ist eine integrierte Konzeption unter intelligenter Einbeziehung von Beleuchtungskonzepten oder von Assistenten für das Sicherheitsmanagement. Innovative Polymere mit geringem Gewicht, hervorragenden Ermüdungseigenschaften und exzellenter geometrischer Gestaltbarkeit machen dies in der Zukunft möglich. Auch in der Fertigung könnten solche ganzheitlichen Konzepte Arbeitsschritte ersparen.

Chemie als Gestalter von Mobilität

Als Fazit des Symposiums teilten die Teilnehmer die Meinung, dass Chemie als Enabler des Fortschritts und Gestalter von Mobilität unverzichtbar ist. In den Anwendungsbranchen müsse jedoch eine frühzeitige Integration der Chemie in die Produktentwicklung und eine weitere Industrialisierung der bisher handwerklichen Fertigung sichergestellt und auch andere Konstruktionsprinzipien (nicht Metallprinzipien) eingeführt werden.

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