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Chemiedistribution entwickelt sich weiter – Geschäfte stagnieren

Interview mit dem Vorstand des VCH (Verband Chemiehandel)

24.05.2013 -

Der deutsche Chemikalien-Groß- und Außenhandel musste das Jahr 2012 mit Mengenrückgängen und stagnierenden Umsätzen abschließen. Über die Zahlen, die der Verband Chemiehandel (VCH) bekannt gegeben hat, wurde bereits in CHEManager 6/2013 berichtet. Um einen differenzierteren Einblick in den Geschäftsverlauf und in die Themen zu erhalten, die die Branche bewegen, befragte Dr. Birgit Megges den VCH-Verbandsvorstand:
Uwe Klass (Präsident), Robert Späth (stellvertretender Präsident und Schatzmeister), Thorsten Harke (stellvertretender Präsident und Vorsitzender der FA Außenhandel, Jens Raehse (Vorsitzender der FA Chemiehandel und Recycling), Axel Lenz (Vorsitzender der FA Binnenhandel), die Vorstandsmitglieder Birger Kuck, Volker Seebeck und Uwe Webers sowie Peter Steinbach (geschäftsführendes Vorstandsmitglied) und Ralph Alberti (Geschäftsführer).


CHEManager: Die Mengenabsätze waren im letzten Jahr rückläufig, wobei der Außen- und Spezialitätenhandel mit 10 % deutlich mehr verloren hat als der lagerhaltende Platzhandel, der ein Minus von 2,9 % verzeichnen musste. Was waren die Ursachen für den Rückgang?


Uwe Klass: Nach den Ausnahmeentwicklungen in 2010 und 2011 fehlten im letzten Jahr, bereits ab Mitte des zweiten Quartals in vielen Unternehmen des Chemiehandels ganz einfach die erwarteten kontinuierlichen Bedarfsfaktoren. Im Spezialitäten- und Außenhandel herrschte in 2011 noch eine verhaltene Überhitzung in der Nachfrage, die noch zu einem Lageraufbau bei den Kunden beigetragen hatte. Analog den Entwicklungen des Binnenhandels sind unsere Mitgliedsfirmen im Außen- und Spezialitätenhandel zusätzlich durch die schlechte und teilweise ganz zum Erliegen gekommene wirtschaftliche Dynamik, u.a. in wichtigen südeuropäischen Absatzmärkten, betroffen. Insofern lautet mein Fazit, dass die geplanten Ziele für 2012 in fast allen VCH-Bereichen, natürlich mit gewissen Einschränkungen, nicht erreichbar waren.
Robert Späth: Das Jahr 2012 brachte insgesamt die ernüchternde Einsicht, dass die außerordentlich guten Ergebnisse der Vorjahre nicht wiederholbar sind. Dazu kam die erwähnte schlechte Entwicklung der Märkte in Südeuropa, die ein wichtiger Absatzmarkt zum Beispiel für unsere Lackrohstoffkunden sind.
Uwe Webers: Der Mengenrückgang im Spezialitätengeschäft, den die Brenntag GmbH zu verzeichnen hatte, ist im Wesentlichen auf eine geringere Nachfrage im 2. Halbjahr 2012 zurückzuführen, und dies nahezu über alle Branchen. Aufgrund der Ungewissheit der konjunkturellen Entwicklung konnte vermehrt die Reduktion von Lagerbeständen bei unseren deutschen Kunden festgestellt werden. Ähnlich verhielt es sich auch bei den Standardchemikalien, auch hier schwächte die Nachfrage im Verlauf des Jahres 2012 ab, was zudem den Preisdruck bei diesen Produkten erhöhte.
Thomas Harke: Grund für die Rückgänge im abgelaufenen Jahr beim Importhandel, zu dem wir gehören, war insbesondere der schwache Euro, der dazu führte, dass Importe aus Übersee zeitweise nicht mehr wettbewerbsfähig angeboten werden konnten.
Volker Seebeck: Wir haben keine Mengenrückgänge zu verzeichnen. Auf Grund unserer internationalen Aufstellung ist es allerdings zu Mengenverschiebungen zwischen den Regionen/Kontinenten gekommen.
Birger Kuck: Auch für die Biesterfeld Gruppe trifft die Feststellung zu, dass die Mengenabsätze im letzten Jahr rückläufig waren. Dieser Rückgang resultierte jedoch einzig aus dem Industriechemikaliengeschäft in Asien und Lateinamerika. Insgesamt verlief das Geschäftsjahr 2012 für uns recht erfolgreich. Dem Bereich pan-europäische Distribution gelang es, das Produkt Portfolio stetig auszuweiten und kontinuierlich um innovative Produkte zu ergänzen. Auch profitierten wir vom weiteren anhaltenden Marktwachstum in Zentraleuropa sowie den Outsourcing Tendenzen der Chemieproduzenten, die uns weiteres Geschäft und Dienstleistungen übertrugen.

Können Sie die Produktklassen nach „Gewinnern" und „Verlierern" einteilen?

Thomas Harke:
Zu den Verlierern gehörten preissensible Commodities aus Übersee. Zu den Produkten, die sich eher konstant hielten bis anstiegen, weniger preissensible Spezialitäten in Bereichen wie Pharma, Wasch-, Reinigungsmittel/Kosmetik und Spezialkunststoffprodukte.
Birger Kuck: Im europäischen Geschäft entwickelten sich die zur Produktgruppe Life Science gehörenden Marktsegmente Pharma und Kosmetik deutlich überdurchschnittlich. Auch das Geschäft mit der deutschen Automobilindustrie und deren Zulieferer wuchs überproportional.
Uwe Webers: Zu den Gewinnern zählen sicherlich beratungsintensive Produkte sowie besondere Dienstleistungen, wobei hier die Chemikalien nur ein Teil des Paketes darstellen. Bei den Standardchemikalien, insbesondere bei Säuren und Laugen, entsprach die Entwicklung nicht den Erwartungen.
Robert Späth: „Verlierer" waren 2012 zum Beispiel Rohstoffe für die Klebstoffherstellung oder die Textilbeschichtung bezogen auf mittelständische Abnehmer. Wenn man 2012 von „Gewinnern" sprechen kann, dann in Bereichen, die sich mit Umwelttechnik und angrenzenden Gebieten befassen. Das reicht von Wasserbehandlung bis zur Energietechnik. Im Bereich Life Science gab es eine erfreulich konstante Nachfrage.
Axel Lenz: Ein leider sehr deutliches Beispiel für sinkende Nachfrage und Stagnation ist insbesondere der dramatische Rückbau vieler namhafter Unternehmen im Bereich der Solarindustrie. Dies betrifft insbesondere unsere Unternehmen in den neuen Bundesländern. Für 2013 ist hier sicher nicht mit einer positiven Veränderung zu rechnen. Die veränderte aktuelle Finanz- und Förderpolitik ist hierbei gleichermaßen nicht hilfreich. Leider muss man hier auch die Energiepreispolitik erwähnen. Der schon sehr gut entwickelte Dienstleistungsbereich vieler Verbandsmitglieder rund um den Chemikalieneinsatz wird auch in diesem Jahr - verbunden mit dem uns eigenen Optimismus - unsere verbleibenden Kunden überzeugen.

Es hat sich gezeigt, dass die Nachfrage in Europa sinkt. Kann man hier nach Regionen differenzieren? Welche Gründe gibt es für diese Entwicklung?

Thomas Harke: Besonders stark sinkt die Nachfrage natürlich in den südeuropäischen Staaten wie Portugal, Spanien, Italien und Griechenland. Aber auch in anderen Ländern geht die Nachfrage zurück wie in Frankreich oder einigen osteuropäischen Länder wie Ungarn oder Rumänien aus den bekannten Gründen der Schulden-Wirtschaftskrisen in diesen Ländern. Ein weiterer Grund des Nachfragerückganges in Europa ist neben der Schulden-Krise auch die fortschreitende De-Industrialisierung, verursacht durch immer aufwändigere staatliche Umweltregulierungen in sämtlichen Bereichen von REACh bis Energiepolitik, die in der Summe zu gewaltigen Kostensteigerungen und Bürokratiehemmnissen führen.
Birger Kuck: Der Sektor Bauchemie entwickelte sich eher schwierig. Ansonsten kann festgestellt werden, dass, während in Deutschland das Geschäft eher stagnierte, es in Osteuropa von steigender Nachfrage profitierte. Ganz grundsätzlich litten das Geschäft in Griechenland sowie in den Ländern Frankreich und Italien die Produkte für die Automobilindustrie. Kompensiert wurde dieses durch stark wachsende Geschäfte in Polen und der Türkei. Nach Einschätzung des IWF stieg das Wirtschaftswachstum hier um 1,8 %. Auch profitierten wir von Wachstumszahlen in Lateinamerika von 5,1 % und 6,6 % auf den asiatischen Märkten.

Würden Sie sagen, dass Süd-Ostasien und Südamerika die Wachstumsmärkte für die nächsten Jahre bleiben werden?


Volker Seebeck: Asien ist und bleibt - auch mit reduziertem Wachstum - der Motor der Weltwirtschaft. Auch Lateinamerika wird unserer Erwartung nach weiterhin eine Wachstumsregion sein. Nicht unterschätzen sollte man auch die Dynamik in Nordamerika. Durch die massiven Änderungen in der Rohstoffversorgung durch Schiefer-Öl und Gas und der damit auch im Vergleich zu Europa und Asien günstigen Energieversorgung wird sich in der Folge vor allem der chemische Sektor in den USA stark entwickeln. Dies kann zu veränderten globalen Warenströmen führen.
Thomas Harke: Neben Süd-Ostasien und Südamerika sehen wir nach wie vor auch Russland, die Türkei und den Nahen Osten als wachsende Märkte.
Birger Kuck: Getrieben durch die Entwicklung in den BRIC Staaten werden diese Märkte auch in den nächsten Jahren für den Chemikalienaußenhandel von besonderer Bedeutung sein. Wir rechnen mit wachsenden Umsatz- und Absatzzahlen.
Robert Späth: Wenn es gelingt, die Konjunktur in Europa wiederzubeleben, dann gibt es hier viel nachzuholen. Der Trend zu mehr Bedarf an Produkten für die Umwelt- und Energietechnik wird sicher weiter anhalten. Bei Lackrohstoffen wird im Decor-Bereich die Nachfrage nach Produkten auf Wasserbasis weiter steigen. Potential sehen wir auch im Baubereich, insbesondere bei der Sanierung.

Werfen wir einen Blick auf das Recycling-Geschäft: Im letzten Jahr wurde berichtet, dass die Position der Recycler stärker geworden ist. Können Sie dieses Bild für 2012 bestätigen?

Jens Raehse: Das Interesse am Lösemittelrecycling nimmt weiter zu. Sicherlich spielt hier auch die wirtschaftliche Situation auf der Suche nach Kosteneinsparung eine Rolle, aber weiterhin hat sich das Vertrauen in diese Produkte verstärkt. Zugenommen hat insbesondere die Lohndestillation. Diese positiven Zeichen dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass auch 2012 insgesamt kein Wachstumsjahr gewesen ist. Recycler haben auch 2012 viel Geld ausgegeben um den Anforderungen von REACh gerecht zu werden. Jetzt trifft sie die Bürokratie auf Umwegen: Bereits jetzt stehen einige Produkte der Lösemittelrecycler auf der „Kandidatenliste", und es ist davon auszugehen, dass diese Liste länger werden wird. Aus Helsinki ist zu vernehmen, dass - unter bestimmten Bedingungen - Recycling von der Registrierung ausgenommen ist, aber sollte es um die "Autorisierung" gehen, eben nicht - sonst hätte der Gesetzgeber dieses ja vorgesehen. Die finanziellen Auswirkungen auf das Lösemittelrecycling könnten zur Folge haben, dass ohne staatliche Förderung dieser Beitrag zur Nachhaltigkeit fortfallen wird.
Robert Späth: Wir können das eigentlich nicht bestätigen. Es hat wohl vereinzelt auch Engpässe bei der zur Verfügung stehenden Altware gegeben.

Gibt es aktuelle Themen aus dem Logistik-Bereich?

Peter Steinbach: Ein politisches Kasperletheater wird derzeit wieder einmal mit der LKW-Maut gespielt. Während einerseits ein Urteil des OVG NRW dazu führen kann, dass die 2009-2011 gezahlte Maut zurückgezahlt werden muss, beantragt die Landesregierung NRW, die LKW-Maut auf alle Straßen und auf LKW ab 3,5 t Gesamtgewicht auszudehnen. Ansonsten gibt es von Seiten der Logistik die schlechte Nachricht, dass aus politischem Opportunismus zukünftig bestimmte Verstöße gegen die Gefahrguttransportvorschriften mit Punkten geahndet werden sollen. Dies ist einer von vielen Mosaiksteinen, die das Problem des Fahrermangels in den kommenden Jahren dramatisch verschärfen werden. Im Bereich des Gefahrguttransportrechts befassen wir uns derzeit gemeinsam mit den Kollegen von der chemischen Industrie und von Verpackungsherstellern mit der drohenden Klassifizierung der Mehrzahl der ätzenden Stoffe - zu denen insbesondere das Standardsortiment von Säuren und Laugen gehört - in die Verpackungsgruppe I der Gefahrgut-Transportvorschriften. Die Klassifizierung in diese höchste Verpackungsgruppe würde nach derzeitigem Rechtsstand bedeuten, dass kaum mehr Umschließungen, sprich Kanister, Fässer, IBC und Tanks, für den Transport dieser ätzenden Stoffe zur Verfügung ständen.

Im letzten Jahr wurde angesprochen, dass es ein gemeinsames Projekt mit DB Schenker Rail gibt, um mehr Gefahrgut auf die Schiene zu bringen. Wie hat sich das Projekt entwickelt?

Robert Späth: Das Projekt führte bei uns am Standort zu einer Reaktivierung der Kesselwagenlogistik bei Anorganika. Leider trifft es immer noch zu, dass die Bahn vorgegebene Zeitfenster nicht einhalten kann und daher ein mehr an Flexibilität beim Chemiehändler zwingend erforderlich ist. Wir mussten zum Teil Tankkapazitäten erweitern, um das zu ermöglichen. Letztlich nutzen wir aber die Bahn, um die Versorgung auf eine breitere Basis zu stellen.
Peter Steinbach: Insgesamt können wir zu dem Projekt ein positives Zwischenfazit ziehen. Denn neben einer Reaktivierung der Kesselwagenlogistik bei CSC Jäklechemie in Nürnberg hat das Projekt auch bei mehreren anderen Unternehmen dazu geführt, dass Gefahrgutverkehre auf die Schiene zurückverlagert oder das Aufkommen im Schienenverkehr zumindest stabilisiert wurde. Dabei sprechen wir aus Sicht der Chemiedistribution immer von der Eingangsseite. Denn bei der Belieferung der Kunden spielt die Schiene aus naheliegenden Gründen keine Rolle. Im Übrigen ist Herr Späth sicher nicht allein mit seiner Kritik, dass die Bahn weiter an ihrem Leistungsprofil arbeiten muss.

Es gibt zahlreiche Gesetzesänderungen, die die Branche beschäftigen. Welche gesetzlichen Hürden stehen für den Chemiehandel derzeit im Vordergrund?

Thomas Harke: Ganz klar nach wie vor REACh. Am 1. Juni tritt die nächstniedrige Mengenschwelle in Kraft, so dass es für viele Produkte erstmalig ernst wird. Viele Hersteller machen wegen REACh mittlerweile einen Bogen um Europa und konzentrieren sich auf die Vermarktung in Regionen außerhalb Europas. Es wird daher zunehmend schwieriger, Hersteller zu finden, die noch bereit sind, die hohen Kosten zu tragen und in Europa zu vermarkten.
Peter Steinbach: Die REACh-Verordnung steht heute nicht nur im Vordergrund in Hinblick auf die Vorgaben zur Registrierung von Stoffen. Eine - um nicht zu sagen die größte - Hürde die es zu überwinden gilt, ist die der Kommunikation in der Lieferkette - insbesondere für die Produkte, für die nach der Registrierung dem Sicherheitsdatenblatt Expositionsszenarien als Anhang beigefügt werden müssen. Entsprechende erweiterte Sicherheitsdatenblätter fehlen bis heute nach Schätzung des europäischen Chemiehandelsverbandes FECC für nahezu die Hälfte dieser Produkte. Sofern sie vorliegen, sind die Anhänge überwiegend so umfangreich und so komplex, dass sie für den durchschnittlichen Verwender des Produktes nicht nutzbar sind.
Robert Späth: Zunehmend im Vordergrund steht auch die Biozidverordnung. Darüber hinaus sind die Verschärfungen bei der Luftfracht für bekannte Versender zu nennen.
Ralph Alberti: Nach wie vor beschäftigt uns das Thema Terrorbekämpfung im Zusammenhang mit dem kriminellen Missbrauch von Chemikalien intensiv. Kürzlich ist nun die EU-Verordnung betreffend die Abgabe und den Umgang sog. Explosivgrundstoffe veröffentlicht worden. Obwohl Deutschland hier für die Abgabe ein seit Jahren sehr gut funktionierendes Dokumentationssystem hat, wird dieses in der Verordnung nur sehr eingeschränkt berücksichtigt. Vielmehr wird zunächst beschränkt auf die Abgabe an den privaten Endverbraucher ein Lizenzsystem bevorzugt. In den Anwendungsbereich, auch in Hinblick auf die Abgabe im gewerblichen Bereich, fallen auch die Gemische der in den Anhängen genannten Stoffe. Dies zum Teil mit auch auf entsprechende Nachfrage hin nicht nachvollziehbar niedrigen Konzentrationsgrenzen. Ungeklärt ist die Umsetzung der Pflicht zur Kennzeichnung der betroffenen Produkte im Hinblick auf die Abgabe an private Endverbraucher. Zudem wird die Verordnung angesichts einer Vielzahl von Abweichungsmöglichkeiten und Öffnungsklauseln wohl letztlich ihrem rechtstechnischen Sinn einer Vereinheitlichung der Regelungen im europäischen Markt nicht gerecht. Der VCH und seine Mitgliedsfirmen arbeiten auf diesem Gebiet seit Jahren eng und erfolgreich auf Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung mit den Behörden zusammen. Hier wird es wichtig sein, dass das in Deutschland existierende System und die vertrauensvolle Zusammenarbeit auch im Rahmen der Umsetzung der EU-Verordnung in deutsches Recht erhalten bleibt.

Gibt es weitere Problematiken mit denen die Branche „zu kämpfen" hat?

Robert Späth: Die Biozidverordnung könnte sich hier zu einem solchen Problem mausern.
Peter Steinbach: Die für die Biozid-Gesetzgebung zuständigen Behörden verschiedener Länder - zu denen „natürlich" auch Deutschland gehört - verfolgen stringent das Ziel des Schutzes vor Bioziden. Dass in einer modernen Industriegesellschaft der Schutz durch Biozide ebenfalls einen hohen Stellenwert haben muss, interessiert sie nicht. Ein Beispiel: Es ist zu besorgen, dass die Registrierungskosten für die - auf fünf Jahre befristete - Zulassung eines Biozid-Produktes bei kleinen Unternehmen die Größenordnung eines Jahresumsatzes erreichen werden. Da die Verwendung von Bioziden jedoch in weiten Bereichen der Wirtschaft unabdingbar ist, unterstützt der VCH seine Mitgliedsfirmen nachdrücklich in dem Bemühen, zumindest die weitere Vermarktung der für ihr Portfolio und ihre Kunden wesentlichen Biozid-Produkte sicherzustellen. Ob dies gelingt, muss heute aber als sehr offen bezeichnet werden.
Birger Kuck: Als Hauptproblematik betrachten wir die zunehmende Enge auf dem Arbeitsmarkt. In manchen Bereichen, so beispielsweise EDV aber auch im Bereich qualifizierter Vertriebsmitarbeiter mit entsprechender sprachlicher und akademischer Basisausbildung und/oder Erfahrung im Handel, ist der Markt heute schon extrem eng. Hinzu kommt die als immer schwieriger anzusehende räumliche Mobilität bei jungen Mitarbeitern. Dieses gilt nicht nur für Deutschland sondern europaweit.
Uwe Klass: Die erwähnte Personalproblematik wurde jedoch bereits im letzten Jahr intensiv, auch im Hinblick auf die demographischen Entwicklungen in den nächsten Jahren, im VCH-Vorstand diskutiert. Ein Arbeitskreis, bestehend aus Personalleitern und unterstützt durch externe Berater, erarbeitet bereits Instrumente, die das VCH - Branchenbild und unsere bereits heute sehr interessanten und vielfältigen Angebotsprofile für den Arbeitsmarkt zukünftig noch deutlicher in den Vordergrund stellen werden.
Thomas Harke: Die Kosten- und Bürokratielast durch Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltauflagen wird immer höher. Diese sind kaum noch wirtschaftlich zu tragen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Die dadurch verursachte De-Industrialisierung wirkt sich schädlich auf die Wirtschaft insgesamt aus.

Wie sind die Aussichten für das laufende Jahr? Mit welchen Veränderungen rechnen Sie?

Volker Seebeck: Aus heutiger Sicht erwarten wir zumindest für das operative Geschäft tendenziell einen Verlauf auf dem Niveau von 2012. Also, ein Jahr geprägt von verhaltener Nachfrage und ohne große Sondereinflüsse.
Birger Kuck: Wir rechnen für 2013 mit einem weiteren moderaten Geschäftsanstieg. Wichtige Wachstumsmärkte werden weiterhin die BRIC Staaten sowie in Europa Polen und die Türkei sein. Für Deutschland rechnen wir mit einer nur leichten, verbesserten Absatzentwicklung.
Uwe Webers: Insgesamt wird die Weltwirtschaft in 2013, nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, voraussichtlich weiter wachsen, wobei die Wachstumsraten etwa auf dem Niveau von 2012 verbleiben werden. Es muss damit gerechnet werden, dass das Wirtschaftswachstum in Europa auf einem ähnlichen Niveau wie 2012 bleibt.
Robert Späth: Das wird kein einfaches Jahr, da der Spagat von nötiger Kostenreduktion bei steigendem Verwaltungsaufwand zu stemmen ist. Es zeigen sich aber gute Potentiale bei Produkten, die anspruchsvolle Lösungen bieten für Aufgabenstellungen aus Wachstumsbranchen, wie Umwelt- und Energietechnik oder Bausanierung usw. Das bedeutet eine weitere Verlagerung zu mehr Dienstleistung und Beratung.
Thomas Harke: Für 2013 rechnen wir mit keinem einfachen Geschäft. Viele Märkte in Europa schrumpfen mit dem resultierenden Preis- und Verdrängungswettbewerb, der sich - auch dank weiter steigender Kosten - auf Margen und damit auf die Gewinne auswirkt. Dass die aktuell von Regierungen und Zentralbanken betriebene Schulden- und Inflationspolitik ein Strohfeuer ist, das irgendwann in sich zusammenfallen und zu weiteren Krisen führen wird, dürfte den meisten klar sein. Unbekannt ist der Zeitpunkt. Es ist schwierig vorherzusehen, ob es bereits in diesem Jahr soweit sein wird. Sollte dies der Fall sein, wird es zu entsprechenden Einbrüchen kommen. Wir vermuten diesen Einbruch aber eher erst im nächsten oder übernächsten Jahr, wenn die Inflation sich in den großen Wirtschaftsblöcken ihren Weg gebahnt hat und die Zentralbanken gezwungen sind, die Zinsen wieder anzuheben.

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