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Innovation managen

Lanxess beteiligt sich an High-Tech Gründerfonds, F&E-Kooperationen ergänzen Konzernforschung

23.05.2013 -

Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) hat mit Lanxess einen weiteren Investor aus der Chemiebranche gewonnen. Damit steigt die Anzahl der Investoren aus der deutschen Industrie auf 17 - davon sind rund ein Viertel aus der Chemie: neben Lanxess auch BASF, Evonik und Altana. Das Fondsvolumen der zweiten Phase (HTGF II) beträgt inzwischen mehr als 300 Mio. €. Es wird in junge, chancenreiche Technologieunternehmen investiert, die vielversprechende Forschungsergebnisse unternehmerisch umsetzen. Mithilfe dieser Seed-Finanzierung sollen die Start-up-Firmen F&E-Vorhaben fortsetzen und zur Markteinführung bringen. Dr. Michael Reubold befragte Dr. Paul Wagner, Leiter Group Function Innovation & Technology bei Lanxess, zu Innovationsprozessen und F&E-Partnerschaften.

CHEManager: Herr Wagner, laut HTGF-Geschäftsführer Michael Brandkamp bringt der High-Tech Gründerfonds die Großen mit den Kleinen zusammen, um die Innovationskraft in Deutschland weiter zu stärken. Welche Chancen sehen Sie als einer der „Großen" in der Zusammenarbeit mit „Kleinen"?

Dr. Paul Wagner: Wir screenen den Markt ganz gezielt nach jungen Unternehmen, die auf für uns wichtigen Gebieten unterwegs sind. Wir können in diese Partnerschaft außer der finanziellen Unterstützung natürlich unsere Marktexpertise einbringen, unser Know-how, Innovationen zu managen, und natürlich auch unsere technischen Möglichkeiten.

Was bringen die „Kleinen" in eine Innovationspartnerschaft ein, das die „Großen" nicht auch selbst könnten?

Dr. Paul Wagner: Unsere Partner bringen vor allem Ideen ein. Sie forschen und entwickeln hochkonzentriert in Nischen, die einem Großkonzern mitunter verborgen sind. Und da wollen wir ansetzen, wir wollen unseren Partnern helfen, diese Nischenideen zu entwickeln und zu vermarkten, damit beide Partner wachsen.

Der HTGF hat im vergangenen Jahr eine Chemieoffensive gestartet, um die Gründungen aus dem Bereich der Chemie und angrenzenden Disziplinen in Deutschland deutlich zu erhöhen. Wie beurteilen Sie die Innovationskraft der deutschen Chemieindustrie?

Dr. Paul Wagner: Noch ist die Innovationskraft der deutschen Chemie ungebrochen, aber wir müssen diesen Wettbewerbsvorteil sichern. Um das hohe Niveau der deutschen Forschung zu halten, sind ausreichend finanzierte und technologisch breit angelegte F&E-Förderprogramme notwendig: im Energiebereich, für innovative Arzneimittel sowie für Schlüsseltechnologien wie neue Werkstoffe, Katalyse, Nanotechnologie, Biotechnologie, Nutzung nachwachsender Rohstoffe und Recycling, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wie steht es um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Chemieindustrie in Anbetracht der Tatsachen, dass Forschung und Innovation in vielen anderen Ländern staatlich besser gefördert wird und dass sich Deutschland auch bei der Suche nach gut ausgebildeten, talentierten Nachwuchsforschern einem zunehmenden internationalen Konkurrenzkampf stellen muss?

Dr. Paul Wagner: Noch immer werden die Naturwissenschaften in Deutschland etwas stiefmütterlich behandelt. Auch wir bei Lanxess glauben, dass der Grundstein für naturwissenschaftliche Bildung frühzeitig gelegt werden muss. So sollten Natur- und Alltagsphänomene bereits im Kindergarten behandelt, naturwissenschaftlich-technischer Sachkundeunterricht in der Grundschule eingeführt sowie ein Drittel des Unterrichts in weiterführenden Schulen durchgängig mit MINT-Fächern - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik - belegt werden. Die Hochschulen müssten finanziell besser ausgestattet werden. Gleichzeitig muss die Hochschulausbildung im Rahmen des Bologna-Prozesses - Stichwort: Bachelor-und Master-Studiengänge - weiter internationalisiert und verbessert werden.

Was können einzelne Unternehmen wie Lanxess tun, um naturwissenschaftlich-technische Bildung zu fördern?

Dr. Paul Wagner: Wir stellen uns unserer Verantwortung im Bildungsbereich, und deshalb haben wir 2008 die Lanxess Bildungsinitiative ins Leben gerufen, mit der wir unser Bekenntnis zum Wirtschafts- und Chemiestandort Deutschland, besonders zu Nordrhein-Westfalen, unterstreichen. Durch unsere Bildungsinitiative haben wir bislang mehr als 30 städtische Gymnasien an unseren deutschen Standorten finanziell unterstützt. Insgesamt haben wir seitdem rund 4 Mio. € investiert.

Nun hat sich Lanxess als Investor am HTGF II beteiligt. Welche Intention steht dahinter und in welcher Größenordnung bewegt sich Ihr Investment?

Dr. Paul Wagner: Mit unseren Venture-Aktivitäten wollen wir unser exzellentes Technologieportfolio stärken und den Markteintritt für neue Produkte beschleunigen. Unsere Beteiligung an diesem Fond liegt im niedrigen einstelligen Millionenbereich.

An welchen Themen sind Sie dabei insbesondere interessiert und was versprechen Sie sich konkret von der Beteiligung?

Dr. Paul Wagner: Wir zielen mit unseren Venture- Capital-Aktivitäten generell auf Start-ups etwa aus dem Bio-Bereich, auf Neugründungen mit innovativen Verfahren für nachwachsende Rohstoffe sowie junge Unternehmen, die Produktinnovationen in den Bereichen „Green Mobility" und Wasseraufbereitung entwickeln. Im Fokus der Venture-Aktivitäten stehen die den Wachstumskurs des Konzerns prägenden Megatrends Mobilität, Landwirtschaft, Wasser und Urbanisierung. Dabei wollen wir ein verlässlicher Partner sein und das Wachstum unserer Venture-Partner zusätzlich mit technischem Know-how und strategischen Erkenntnisse unterstützen.

Das Biotech-Unternehmen Evocatal aus Düsseldorf ist eines der vom HTGF geförderten Start-ups. Lanxess und Evocatal kooperieren bereits seit 2011 bei der Entwicklung bio-technologischer Verfahren im Bereich Kautschukvorstufen. Wird dieses Projekt ebenfalls durch den HTGF gefördert?

Dr. Paul Wagner: Nein, es handelt sich um ein vom BMBF gefördertes Projekt.

Wie werden in einem solchen Fall die Projektförderung bzw. die Verwertung der Projektergebnisse und der Verbleib des geistigen Eigentums geregelt?


Dr. Paul Wagner: Zwischen den Beteiligten werden im Vorfeld vertragliche Regelungen getroffen, die die Verwertung von im Projekt generiertem IP regeln. Die Förderrichtlinie des BMBF gibt dafür den Rahmen vor.

Wie sind Innovationsprozesse bei Lanxess generell organisiert?

Dr. Paul Wagner: Unsere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten orientieren sich strikt an den Bedürfnissen des Marktes und unserer Kunden. Jede Business Unit verfügt deshalb über eigene F&E-Kapazitäten. Mit der Group Function Innovation & Technology haben wir zudem eine leistungsstarke Organisationseinheit eta¬bliert, die sämtliche F&E-Aktivitäten im Konzern zentral koordiniert und Business-Unit-übergreifende Projekte bearbeitet. Die hohe Bedeutung von Innovation für unser Unternehmen drückt sich auch in Zahlen aus: Allein im Jahr 2012 erhöhten wir unsere F&E-Ausgaben um 33 % auf 192 Mio. € und haben mehr als 100 neue Stellen im F&E-Bereich geschaffen.

Welche Rolle spielen Kooperationen mit externen Forschungspartnern für die Innovationsfähigkeit?

Dr. Paul Wagner: Im Jahr 2012 bestanden insgesamt 203 größere Forschungs- und Entwicklungskooperationen, das ist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr mit 145); davon unterhalten wir 78 F&E-Partnerschaften mit Hochschulen, 66 mit Zuliefer- oder Kundenfirmen und 59 mit Forschungsinstituten.
Weiter gehende wissenschaftliche Fortschritte erzielen wir in unseren größeren F&E-Einheiten, die wir an unseren deutschen Standorten Leverkusen, Krefeld-Uerdingen und Dormagen, in London, Kanada sowie Qingdao und Wuxi, China, unterhalten. Dort entwickeln und testen wir z. B. Hochleistungskautschuke für energiesparende „Grüne Reifen".

Wie managen Sie in dieser Konstellation die Schnittstellen zwischen internen und externen Innovationsprozessen?

Dr. Paul Wagner:
Generell haben wir dafür unterschiedliche Kooperationsmodelle. Entwicklungsprojekte mit Industriepartnern/Kunden sind natürlich anders zu regeln als Forschungskooperationen im akademischen Umfeld. Allen gemeinsam ist ein striktes Projekt- und Portfoliomanagement, bei dem der Projektfortschritt anhand verbindlicher Kriterien zu definierten Meilensteinen auf den Prüfstand gestellt wird.

Mit welchen Ansätzen agieren Sie, um den weltweiten Innovationsprozess bei Lanxess zu steuern?

Dr. Paul Wagner: Die Group Function Innova¬tion & Technology bildet einen zentralen Forschungshub für Lanxess und koordiniert weltweite Innovationsprozesse anhand eines Stage-Gate-Prozesses. Forschung muss zunehmend auch in den Regionen „vor Ort" stattfinden, nahe am Kunden und dort, wo echte Spitzenforschung stattfindet. So können maßgeschneiderte Lösungen für die Bedürfnisse der Kunden entwickelt werden.