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Wünsche für eine bessere Bildung

09.08.2013 -

Wünsche für eine bessere Bildung – Politik und Wirtschaft machen frühkindliche Bildung zur Chefsache.

Wohlstand für alle heißt heute Bildung für alle, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel Mitte Juni anlässlich ihres Festvortrags zum 60. Jahrestag der sozialen Marktwirtschaft.

Bildung habe heute die gleiche Bedeutung für eine leistungsfähige Wirtschaft wie einst die Währungsreform und die Freigabe der Preise zu Zeiten Erhards.

Um den Anforderungen der Globalisierung gerecht zu werden, sei lebenslanges Lernen notwendig - von der Kindheit bis ins Alter. „Wir müssen die Bildungsrepublik Deutschland werden", forderte Merkel und kündigte für den Herbst dieses Jahres einen nationalen Bildungsgipfel an.

 


Fest für kleine Forscher

Bundespräsident Horst Köhler ließ ihren Worten erste Taten folgen und lud am 2. Juli 130 Kinder in den Park von Schloss Bellevue zum „Fest für kleine Forscher" ein. Dort präsentierten drei bundesweite Bildungsinitiativen - das „Haus der kleinen Forscher", die Deutsche Telekom Stiftung und die Wissensfabrik - ihre Aktivitäten in der frühkindlichen Bildung.

„Mit dem Fest für kleine Forscher wollen wir euch noch mehr Lust auf neue Entdeckungen machen", begrüßte der Bundespräsident seine kleinen Gäste und zitierte dabei Albert Einstein: „Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen." Wie Merkel mahnte auch Köhler, dass Bildung als wichtigster Rohstoff unseres Landes für alle zugänglich sein muss.

Spätestens im Jahr 2010 solle in Deutschland niemand mehr von „bildungsfernen Schichten" reden, wünschte sich der Bundespräsident. „Wir befürworten den Reformdruck, der von Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel in der Bildungspolitik ausgeht. 

Unser Land wird nur dann zur Bildungsrepublik Deutschland, wenn wir eingefahrene Pfade verlassen und uns gemeinsam auf den Weg in die Wissensgesellschaft machen", sagte Dr. Jürgen Hambrecht, BASF-Vorstandsvorsitzender und Mitbegründer der Wissensfabrik.

Unter dem Dach der Initiative Wissensfabrik haben sich 64 Unternehmen zusammengeschlossen, um sich für frühkindliche Bildung zu engagieren.

In 800 Bildungspartnerschaften mit Kindertagesstätten und Grundschulen will die Initiative auf spielerische Weise Naturwissenschaften und Technik vermitteln.

 


Wirtschaft als Schulfach

„Ein weiteres Ziel der Wissensfabrik ist es, verstärkt das Thema Wirtschaft im Schulunterricht aufzugreifen", betonte Prof. Dr. Berthold Leibinger, Aufsichtsratsvorsitzender der Trumpf-Gruppe und weiterer Mitbegründer der Wissensfabrik. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos geht sogar noch einen Schritt weiter und forderte kürzlich in einer Rede: „Wirtschaft muss endlich ein eigenständiges Unterrichtsfach werden und darf nicht länger Anhängsel der Sozialkunde sein."

Es herrsche Nachholbedarf in den Lehrplänen und Schulbüchern, wo Wirtschaft zu wenig vorkomme und wenn, dann häufig einseitig dargestellt werde, sagte Leibinger: „Wir müssen dafür sorgen, dass Schüler mit der Praxis der Wirtschaft in Berührung kommen, um sie für unser Tun zu gewinnen. Nur wenn wir im Unterricht ein ausgewogenes Bild von Wirtschaft zeichnen und auch auf die vielfältigen Chancen hinweisen, werden wir die jungen Menschen für das Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft begeistern können."

Wirtschaftliche Inhalte bilden daher einen Themenschwerpunkt der Schulprojekte der Wissensfabrik.

Dass dies bereits in der Grundschule funktioniert, zeigt das jüngste Projekt der Initiative namens „Profi": Ein Businessplanspiel, bei dem Grundschüler durch den Verkauf und die kostengünstige Produktion von Orangensaft in sieben Wochen 7.000 Taler für die nächste Klassenfahrt erwirtschaften sollen.

Nach einer erfolgreichen Pilotphase haben die Unternehmen BASF und Boehringer Ingelheim die Patenschaften für dieses Projekt für zahlreiche Grundschulen ihrer Region übernommen.

Dass sich die Investition in frühkindliche Bildung auszahlt, belegt eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) vom April 2008: Danach ist der Ertrag von Investitionen in die Ausbildung und Entwicklung individueller Fähigkeiten umso höher, je besser die Grundlagen sind, die bereits in der Kindheit gelegt werden.

Würden jährlich rund 660 € mehr in die frühkindliche Bildung eines Kindes im Alter von bis zu sechs Jahren investiert, könnte sich dessen späteres Lebenseinkommen um bis zu 55.590 € erhöhen.

Das Potential der frühkindlichen Bildung ist bereits erkannt, bestätigte auch Bildungsexperte Prof. Wassilios E. Fthenakis auf dem Fest der kleinen Forscher in Berlin: Er kenne kein Land, in dem in den vergangenen Jahren eine vergleichbare Anzahl an Projekten für diese Altersgruppe gestartet ist wie in Deutschland, sagte Fthenakis.

 


Auftakt für Bildungsdialog

Für eine möglichst effiziente Bildungsförderung gilt es, zunächst die Wünsche aller Beteiligten zu ermitteln. Ziel der Wissensfabrik ist daher ein breit angelegter Bildungsdialog: „Schon heute stehen wir über unsere Bildungsprojekte in engem Kontakt mit Schülern, Lehrern, Eltern, Wissenschaft und Politik. Diesen Dialog werden wir gezielt ausbauen", sagte Prof. Dr. Hermut Kormann, Vorsitzender des Lenkungskreises der Wissensfabrik und ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Voith.

So sammelte die Inititiative z. B. im Juni auf dem BDI-Tag die „Wünsche der Wirtschaft für eine bessere Bildung": „Spaß am Lernen", „Mehr Verantwortung des Bundes in der Bildung", „Talente aus bildungsfernen Haushalten fördern" und „Interesse an Naturwissenschaften und Technik wecken" - sind vier von mehr als 200 Wünschen, die unter den Teilnehmern der Veranstaltung zusammengetragen wurden.

Sie wurden auf kleinen Holzleisten notiert und am Bildungs-Leuchtturm angebracht. In einem nächsten Schritt will die Wissensfabrik mit Unterstützung des Ulmer Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen nun die Betroffenen selbst befragen:

Grundschüler sollen ihre Wünsche an eine bessere Bildung äußern. Dr. Andrea Gruß