Workforce Management als Erfolgsfaktor
Die Covid-19-Pandemie stellt große Herausforderungen an die Personaleinsatzplanung und den Infektionsschutz in Unternehmen
Hohe Absatzschwankungen, Kurzarbeit, Quarantäne – die Covid-19-Pandemie stellt große Herausforderungen an die Personaleinsatzplanung und den Infektionsschutz in Unternehmen. Die Planungsanforderungen ändern sich derzeit von Woche zu Woche. Digitale Tools können dabei unterstützen, diese Aufgabe zu bewältigen.
Andrea Gruß befragte dazu Thomas Zimmermann, Experte für Workforce Management bei Inform.
CHEManager: Herr Zimmermann, warum sollten Unternehmen Lösungen zur digitalen Personaleinsatzplanung nutzen?
Thomas Zimmermann: Mehr und mehr Betriebe in der Chemie- und Pharmabranche stellen fest, dass es erstens eine anspruchsvolle Aufgabe ist, eine ausreichende Personalverfügbarkeit sicherzustellen, und zweites erhebliche wirtschaftliche Nutzenpotenziale mit einer optimierten Personaleinsatzplanung gehoben werden können. Die Frage, wer arbeitet wann, an welchem Arbeitsplatz und zu welchen Kosten sollte jeden verantwortlichen Manager interessieren. Ebenso die Frage, wie kann ich vorhandene Ressourcen effizient einsetzen. Schon in normalen Zeiten erzeugen gesetzliche, tarifliche und in Betriebsvereinbarungen festgelegte Regulierungen genügend Komplexität in der Umsetzung der Personaleinsatz- und Dienstplanung.
Diese Komplexität hat sich mit der Covid-19-Pandemie sicherlich nochmal erhöht?
Thomas Zimmermann: Richtig. Durch die Pandemie sind weitere Dimensionen dazugekommen, wie beispielsweise die zeitliche und räumliche Trennung von Schichtgruppen und weitere organisatorische Maßnahmen zur Umsetzung des Infektionsschutzes. Dazu kommt, dass viele Betriebe im Moment von Woche zu Woche planen müssen und genauso schnell ändern sich die Anforderungen an die Dienst- und Personaleinsatzpläne. Das können Betriebe, die mit klassischen Tools arbeiten – also die immer noch zum Einsatz kommenden Plantafeln oder Excel-Lösungen – nicht effizient bewältigen. Wer heute noch per Telefon seine Mitarbeiter über die kurzfristigen Änderungen informieren muss, ist in hohem Maße unproduktiv. Mit digitaler, webbasierter Kommunikation können Dienstpläne dagegen schnell, einfach und intuitiv kommuniziert werden.
„Die relevanten Kriterien, die bei der Personaleinsatzplanung berücksichtigt werden müssen, sind weiter gestiegen.“
Der „neue Alltag“ der Pandemie stellt hohe Anforderungen an den Dienstplaner, er muss nicht nur kurzfristiger planen, auch die relevanten Kriterien, die bei der Personaleinsatzplanung berücksichtigt werden müssen, sind weiter gestiegen. Ich denke hierbei an Themen, wie eine eingeschränkte Verfügbarkeit der Mitarbeiter, zum Beispiel durch Quarantäne, Kindergarten- oder Schulschließungen oder die Zugehörigkeit zu Risikogruppen – aber auch an eventuelle Kurzarbeiterregelungen, die es zu berücksichtigen gilt. Gerade Kurzarbeiterregelungen können sehr komplex und unübersichtlich sein. Ohne eine entsprechende Softwareunterstützung verliert man hier schnell den Überblick. Fehler sind aber gerade in diesem höchst sensiblen Bereich unbedingt zu vermeiden.
Welche zusätzlichen Anforderungen stellt Kurzarbeit an die Personaleinsatzplanung? Welche Chancen bieten hier moderne, digitale Tools?
Thomas Zimmermann: Solche Tools sind hervorragend geeignet, um einen wirtschaftlichen Personaleinsatz gerade in Krisenzeiten zu ermöglichen. So können Unternehmen zeitnah Anpassungen an die Arbeitszeitgestaltung und Schichtsysteme umsetzen. Gerade für Unternehmen die gezwungen sind, Kurzarbeit einzuführen, ist das höchst bedeutsam. Sie können beispielsweise viel schneller – und im Übrigen rechtssicher – neue Arbeitszeitmodelle, wie flexiblere Schichten, angepasst an den verminderten Bedarf, einführen oder auch Einschränkungen aufgrund quarantänebedingter Kinderbetreuung berücksichtigen.
Dass sich gleichzeitig die Qualität der Daten erhöht und damit einhergehend die Analyse der Daten präziser wird, liegt auf der Hand. Strategien lassen sich viel schneller umsetzen, bewerten und der wirtschaftliche Erfolg messen.
Es gibt bereits innerbetriebliche Lösungen für das Kontakt-Tracing von Mitarbeitern, die zu einem verbesserten Infektionsschutz beitragen können. Wie werden diese von den Unternehmen angenommen?
Thomas Zimmermann: Unsere aktuelle Studie ergab, dass sie bislang nur von etwa 10 % der Unternehmen genutzt werden. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es diese Lösungen ja noch gar nicht so lange gibt. Sie sind einfach noch nicht sehr bekannt. Dazu kommt, dass oftmals zunächst pauschale Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes oder der Zuverlässigkeit der Technologie vorliegen. Hier besteht sicherlich noch ein hoher Informationsbedarf.
Tatsächlich bestätigt ein überwältigend hoher Anteil der Nutzer solcher Lösungen, die etwa unseren Corona Tracer einsetzen, dass das digitale Kontakt-Tracing die Auflagen der Gesundheitsbehörden abdeckt und der Datenschutz ausreichend gesichert ist. Hinzu kommt, dass die Diskussionen um die Corona-App des Bundes die Notwendigkeit von Kontakt-Tracing offenbaren.
„Durch die digitale Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten können Betriebsschließungen vermieden werden.“
Ich rechne damit, dass mehr Unternehmen auf diese Lösung setzen werden, wenn klarer wird, dass durch die digitale Rückverfolgbarkeit von Infektionsketten Betriebsschließungen vermieden werden können.
Die Pandemie verändert nicht nur die Anforderungen an die Personaleinsatzplanung in Chemie- und Pharmaunternehmen, sondern auch an die digitale Zeiterfassung. Welche Herausforderungen stellen sich hier im Kontext des mobilen Arbeitens?
Thomas Zimmermann: Kurz gesagt ist die elektronische Zeiterfassung sehr weit verbreitet, aber unzureichend ausgestattet. So hoch die Abdeckung mit einer elektronsichen Zeiterfassung auch ist, so gering ist der Anteil derer, bei denen die Zeit über mobile Endgeräte erfasst werden kann. In Anbetracht der durch die Covid-19-Pandemie entstandenen neuen Anforderungen besteht hier Handlungsbedarf, denn zum einen ist der Anteil der Arbeit im Homeoffice stark gestiegen und zum anderen gilt es, im gewerblichen Bereich überflüssige Personenkontakte an Zeiterfassungsterminals zu reduzieren, um Infektionsrisiken zu senken.
Die Pandemie hat Digitalisierungsprozesse bei der Personaleinsatzplanung beschleunigt. Ein Trend, der auch nach der Coronakrise anhalten wird?
Thomas Zimmermann: Auch für die Zeit nach der Pandemie sollte der Schwung zur Digitalisierung der Arbeitsprozesse in der Personaleinsatzplanung und bei der Zeiterfassung nicht nachlassen. Es muss zukünftig gelingen, die Arbeit und die Mitarbeiter auf eine neue Dimension der Flexibilität zu heben. Modernes Workforce Management ist erfolgskritisch für Unternehmen.
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ZUR PERSON
Thomas Zimmermann studierte Wirtschaftsgeographie an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Software rund ums Workforce Management (WMF) und ist seit Oktober 2018 als Key Account Manager für Inform im Bereich WFM tägig.